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Firkin 04 - Hundstage

Firkin 04 - Hundstage

Titel: Firkin 04 - Hundstage
Autoren: Andrew Harman
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Vitriolmißbrauch hinaus.
    »Was ist mit meinem Honorar? Ich bin nämlich kein Wohltätigkeitsverein!« rief Mancini mit klagender Stimme. Er erhielt mehrere Vorschläge zur Antwort, die nicht alle brauchbar waren und man aus dem Munde einer Baroneß wirklich nicht erwartet hätte.
    Als wäre es normal, verschwand der Leguan erneut. Und mit ihm schwand auch Mancinis letzte Hoffnung, jemals die fünf Kröten zu sehen, die er für eine so aufwendige Leguanreparatur hätte verlangen können.
    »Fünf Kröten!« jammerte er. Bilder von in der Finsternis lauernden Schuldeneintreibern huschten durch seinen Geist. Wenn er nicht bald etwas Bares auftrieb, standen ihm Probleme ins Haus. Er hatte die Sprechstundenhilfe seit Monaten nicht bezahlt. Es war wohl am besten, nicht darüber nachzudenken, welche körperlichen Schäden sie mit ihren Nägeln anrichten konnte.
    Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen, und ein kleiner, drahtiger Bursche torkelte herein, der eine schwarze Tasche umklammert hielt. Er ließ sie schlingernd zu Boden fallen und grinste.
    »Macht Ihr auch Gürteltiere?« fragte Knapp und unterdrückte ein Kichern.
     
    Schieben wir, wenn’s genehm ist, die Nebel der Zeit einmal beiseite und schauen durch die Wolken der Chronologie. Blinzeln wir durch die wattige Trübnis der Kumulus Tempus und werfen einen Blick auf die nie geschaute Welt der Geschichte, die vor der Überlieferung war …
    Im sandigen Bett des warmen, seichten Meeres wimmelt urzeitliches Leben. Ein Trilobit krabbelt vorbei. Uralte Bivalvia schlürfen das sie umgebende Urstärkungsmittel, das sie nährt und für die nächste beschwerliche Stufe auf der unendlichen Leiter der Evolution fit macht. Die Fühler des Trilobiten richten sich ruckartig auf, sind sich plötzlich irgendwie bewußt, daß vor ihnen was zu fressen ist. Er baggert vorwärts, gesteuert vom telepathischen Jagdgeschick eines Wesens, das einige Zoll unter uraltem Sand vergraben ist.
    Der zahllose Jahrhunderte vor der Erfindung der Taxonomie geborene uralte Krakenvorfahr verharrt unsichtbar in Deckung, wartet geduldig ab, legt seinen telepathischen Köder aus, harrt einfach der kommenden Dinge. Kolbenbeine treiben unseren Trilobiten widerstandslos, arglos an. In einer wirbelnden Sandfontäne schlägt der rechteckige Jäger zu. Indem er sich wie eine wütende Badematte in seinem Meeresbett aufbäumt, schnappt er unseren Trilobiten und zieht ihn in die Tiefe.
    Aber heute ist der Jäger der Gejagte.
    Ein wartender Urmagier sieht das Aufwirbeln des Sandes, und seine verzweifelten Augen fixieren den Hinterhalt. Er korrigiert die Parallaxe und taucht die Hände in das salzige Urmeer. Er schnappt sich die flache, rechteckige Molluske und zwingt sie, den benommenen Trilobiten fallen zu lassen. Er reißt sie in die fremde Welt der Luft, hebt die sich windende Badematte hoch, fängt an zu reden, singt ihr mit schwindendem Zwielicht-Atem Geheimnisse vor. Indem er ihrem schwammartigen Geist detaillierte Tatsachen eintrichtert, beschreibt er einen fossilen Speicher und füllt in kürzester Zeit das Weichtierhirn. Dann schnippt er den uralten Jäger auf einen bereitstehenden Grill, und die geheimen Tatsachen werden für immer im Inneren der toten Molluske versiegelt.
    Mit letzter Verzweiflung verschließt er – der letzte von Kampfesnarben zerfurchte, von thaumischen Lanzenhieben durchsiebte Urmagier – den Deckel eines bereitstehenden Terrakottagefäßes, schlingt ein Etikett um dessen Hals, auf dem »Bitte, nehmt Euch dieser Gefäße an, danke« steht und zieht das an seinem Gürtel baumelnde Messer. Die Klinge blitzt schwach in der fahlen Sonne auf, als er in seinen Daumenballen schneidet und zum letzten Mal wimmert.
    »Geht«, hört man ihn flüstern, als sich die Blutkörperchen im Lauwarmen Meer auflösen, von denen jedes den lebenswichtigen Kode des Lebens mit sich führt. Mit einem letzten Röcheln bricht der Magier zusammen, sicher in dem Wissen, daß jeder lebende Organismus im Umkreis einer Meile eine Kopie des Kodes erhält. Die Evolution möchte ihn zwar gerne ausrotten, doch wenn die richtige Zeit gekommen ist, wird ein Wächter da sein. Es kann nicht anders sein. Um der Zukunft willen.
    Und unser Trilobit trudelt einem weiteren Tag im Urmeer entgegen.
     
    Über der einst belebten Kutschenstation von Venasht ging spät die Sonne auf. So war es immer. Jeden Tag kämpfte sie sich gerade rechtzeitig zum Mittagessen mühsam über den Horizont, strahlte einige Stunden lang ins Tal
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