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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette
Autoren: Taavi Soininvaara
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ganz sicher.‹«
    Sami Rossi lächelte betreten, weil er nicht genau wußte, ob Ratamo ihn auf die Schippe nahm oder nur einen Witz machte. Verwirrt schaute er seine Frau an.
    Ratamo sah, wie sich das Paar an den Händen faßte. Das Allerwichtigste war also noch vorhanden. Er vermutete, daß bei den Rossis alles gutgehen würde.

SONNABEND
    58
    Amüsiert beobachtete Ratamo, wie Mikko Piirala, der Chef der Abteilung für Informationsmanagement, Jussi Ketonens Sekretärin schwindlig reden wollte. Der elegant gekleidete Piirala saß auf ihrer Schreibtischkante und erzählte von seinem neuen Geländewagen, den er sich gerade gekauft hatte. Obwohl die Frau abwechselnd gähnte, telefonierte und etwas in ihr Handy eintippte, merkte er nicht, was sie ihm zu verstehen geben wollte. Ratamo überlegte, wegen welcher Ermittlungen Piirala am Samstagnachmittag in der Ratakatu herumhing.
    Ratamo war müde, er hatte die ganze Nacht geackert wie eine hyperaktive Fledermaus und seinen Bericht fast fertig geschrieben. Nach dem Abschluß der Ermittlungen gingen ihm wieder öfter seine eigenen Probleme durch den Kopf, nur der bevorstehende Urlaub und der Gedanke an Nelli hielten ihn noch über Wasser. Es tat gut, zu wissen, daß es auf der Welt auch noch etwas anderes gab als das Böse, im Laufe der letzten Woche war das fast in Vergessenheit geraten. Die schwierigsten Ermittlungen der vergangenen Jahre hatten ihre Spuren bei ihm hinterlassen, das spürte er derzeit allzu oft.
    Als an Ketonens Tür das grüne Licht aufleuchtete, nahm Ratamo den Priem heraus, warf ihn in den Mülleimer und betrat das Zimmer des Chefs, ohne anzuklopfen. Musti kam langsam auf ihn zu, um einen alten Bekannten zu begrüßen, sie wedelte mit dem Schwanz und knurrte freundlich. Ratamo kraulte das alte Fräulein eine Weile und bemerktedann, daß Ketonen nicht allein war. Auf dem Ledersofa saß eine Frau mittleren Alters mit strengem Gesichtsausdruck. Ihre Frisur erinnerte Ratamo an den glockenförmigen Lampenschirm einer Stehlampe, die er kürzlich im Antiquitätenladen »Licht und Schatten« erstanden hatte. Nur die Fransen fehlten. Er schätzte die Frau auf etwa fünfzig, vermutlich hatte sie eine führende Position inne.
    »Ich sollte vorbeikommen«, sagte Ratamo zu Ketonen.
    »Deine telefonischen Berichte genügen mir vorläufig, die schriftliche Zusammenfassung lese ich, sobald du sie fertig hast. Ist alles in Ordnung?« Der Chef schob die Hände entspannt unter seine Hosenträger.
    Ratamo schnaufte. Nein, alles war beschissen, hätte er am liebsten gesagt, traute es sich aber in Anwesenheit einer Fremden nicht. Ratamo warf einen Blick auf das Toupierwunder und überlegte, ob die Frisur mit Lack, Leim oder Mörtel zusammenhielt.
    Ketonen stellte seinen Holzbecher auf den Tisch und bot Ratamo Zimtschnecken an, die für seinen Gast bereitstanden.
    »Sind die frisch?«
    »Der Bäcker lebt noch«, erwiderte Ketonen lächelnd. Seine Miene wurde erst wieder ernst, als er einen Blick auf seine Besucherin geworfen hatte. »Es interessiert dich vielleicht, daß Menahem Lieberman mit seinen Kollegen in einer ausgebrannten Fabrikhalle am Rande von Washington gefunden wurde. Tot«, sagte er zu Ratamo.
    Ratamo hätte gern zum Tod Liebermans ein paar Fragen gestellt und selbst noch mehr über die Genkarten von Genefab berichtet, aber er schwieg, weil er nicht wußte, ob er etwas verraten würde, was die Frau nicht hören durfte. Warum stellte Ketonen ihm das Frisurwunder nicht vor? Ratamo starrte den geheimnisvollen Gast neugierig an.
    »So. Auch hier hat sich so manches ereignet«, sagte derChef und reagierte damit auf Ratamos Blicke. »Die Präsidentin hat gestern meinen Nachfolger ernannt.« Ketonen lächelte und zeigte auf die Frau, die mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Sofa saß. »Polizeidirektorin Ulla Palosuo von der Abteilung Polizei im Innenministerium. Du hast doch die Verwaltungsabteilung geleitet, Ulla?«
    »Ja. Die letzten sechs Jahre«, antwortete Palosuo mit ernster Miene.
    »Und du hast sie gut geleitet, denn man hat dich zum ersten weiblichen Chef in der Geschichte der SUPO gemacht«, lobte Ketonen und bemerkte Ratamos verblüfften Gesichtsausdruck. »Ulla wird unmittelbar nach ihrem Urlaub zu uns kommen, und bis zum nächsten Sommer arbeiten wir beide zusammen. Man hat mich gebeten, Ulla gründlich in die Tätigkeit der SUPO einzuführen, da ich dieses Amt schon so lange bekleide.«
    »Und Wrede?« fragte Ratamo. Vor Neugier hatte er ganz
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