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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette
Autoren: Taavi Soininvaara
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bemerkte er das blinkende rote Licht des Anrufbeantworters. Vermutlich war es sein Vater gewesen, denn mit Marketta hatte er erst vor einer Viertelstunde gesprochen, und Elina versuchte nicht mehr ihn zu erreichen. Zum Glück.
    »Äh, hier ist dein Vater … also … Tapani. Ich rufe nur wegen meines Besuches an. Wahrscheinlich habe ich die Sache ein wenig zu überfallartig …«, Tapani Ratamos Stimme brach ab, als Ratamo auf den Rückspulknopf drückte. Über diese Dinge würde er erst nachdenken, wenn er sich entspannt hatte.
    Ratamo half Nelli, so gut er konnte, beim Anziehen des hellblauen Brautjungferkleides und der langen Handschuhe, den Blumenkranz würde man ihr erst in der Kirche in die Haare stecken. Es war kurz vor elf, sie müßten bald aufbrechen und in Richtung Lohja fahren. Die Trauung begannum eins, aber sie sollten eine Stunde vor dem entscheidenden Augenblick dasein.
    »Vati. Können wir uns einigen, daß alle Böcke, die du geschossen hast, verziehen sind, wenn du nicht wütend wirst?« Nelli starrte ihren Vater traurig an.
    »Wütend? Weswegen?« fragte Ratamo und griff nach dem Blatt Papier, das Nelli ihm reichte. Es war das zusammengefaltete Fax aus der deutschen Botschaft in Helsinki. Ratamo erriet alles Weitere, las aber trotzdem den Anfang des Textes: »… Botschaftsrat Berninger befand sich in einer für sein Alter hervorragenden physischen Verfassung …« Ratamo fluchte, das Fax hätte die Ermittlungen in der Anfangsphase beschleunigen können. Er machte sich Vorwürfe.
    Ratamo schaute seine Tochter an und erschrak, als er sah, daß Nelli Angst hatte. Ihm war immer noch nicht klar gewesen, wie sehr er das Mädchen vernachlässigte. Er nahm Nelli in die Arme, strich ihr über das Haar und schwindelte, um sie zu trösten, das Blatt Papier sei gar nicht wichtig gewesen. Jetzt mußte er sich zusammenreißen und viel Zeit und Liebe in Nellis Erziehung investieren, bevor sie versuchte, sich auf viel schlimmere Art bemerkbar zu machen.
    Die Fahrt nach Lohja verging mit Bonbons und dem Album »Shades« von J. J. Cale wie im Fluge. Nelli war aufgeregt. Auf Markettas Wunsch hin fand die Trauung in der Kirche des Heiligen Lauri statt, weil sie zu den schönsten Finnlands zählte und in der Nähe von Markettas Sommerhaus in Pusula lag.
    Die beiden Ratamos kamen rechtzeitig in der Kirche an. Marketta wollte Nelli erzählen, was in Kürze geschehen würde, also setzte sich Ratamo allein in die hinterste Bankreihe und bewunderte die Wände der mittelalterlichen Kirche. Sie waren fast gänzlich mit Malereien bedeckt. Die volkstümlich dargestellten Figuren sollten vermutlich seinerzeitdem Volk, das nicht lesen konnte, Geschichten aus der Bibel erzählen.
    Allmählich trafen die Gäste in der Kirche ein, unter ihnen auch Bekannte. Zu seiner Überraschung konnte Ratamo jedoch außer dem Chef der Sicherheitsabteilung Risto Tissari und dem Stabschef Tuomas Kuusela keine anderen SUPO-Mitarbeiter registrieren. Offensichtlich hatte Ketonen nur seine ältesten Freunde zur Hochzeit eingeladen.
    Ratamo drehte sich um und wollte nachsehen, ob die Braut schon auftauchte, gefolgt von Nelli, da spürte er eine Berührung an seiner Schulter.
    »Hallo, Arto. Ich habe geahnt, daß du in der letzten Reihe sitzt«, sagte Riitta Kuurma mit ganz alltäglicher Stimme, als hätte sie einen Freund wiedergefunden, den sie im Gedränge für einen Moment aus den Augen verloren hatte.
    Ratamo begrüßte seine ehemalige Lebensgefährtin und ließ sich nichts anmerken, verwünschte sich aber im stillen, weil er nicht daran gedacht hatte, daß Ketonen den Beziehungstherapeuten spielen und auch Riitta zur Hochzeit einladen könnte. Er wußte nicht, ob er sich über Riittas Auftauchen freute oder nicht, das würde sich beizeiten herausstellen.
    Plötzlich dröhnte von der Orgelempore der ungewöhnlichste Hochzeitsmarsch herunter, den Ratamo je gehört hatte.

Informationen zum Buch
    Blutiger Mittsommer

Ganz Finnland feiert den Mittsommer, so auch Arto Ratamo. Nach finnischem Brauch leeren Arto Ratamo und seine Kumpels am Mittsommerwochenende mehr als eine Flasche, und um ein Haar ertrinkt Ratamo bei einem riskanten Streich. Der Ermittler der finnischen Sicherheitspolizei hat allen Grund, etwas tiefer in die Flasche zu schauen: Riitta Kuurma, Kollegin, Lebensgefährtin und Ersatzmutter für seine Tochter, hat sich von ihm getrennt. So jedenfalls sieht er ihren Wechsel zu Europol nach Den Haag. Sehnsucht und Verbitterung plagen ihn, und
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