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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette
Autoren: Taavi Soininvaara
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ein.
    »Diese Erfahrung mit der Welt des Geldes reicht mir vollkommen«, entgegnete Laura und schaute Sami an, ihre Augen sprühten Funken.
    »Hoffen wir, daß die Ergebnisse der Embryoforschung nicht auch bald für die Zwecke der Kriegsindustrie und des Terrorismus eingespannt werden«, sagte Ratamo, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Allerdings begriff er sofort, daß er den zynischen Kommentar besser für sich behalten hätte. Vor allem, weil er ja wußte, daß man alle Erfindungen zum Wohle des Menschen auch zu seiner Vernichtung einsetzen würde.
    Ehud Agron schüttelte den Kopf. »Für die Pessimisten ist die Wissenschaft eine Bedrohung und für die Optimisten eine Möglichkeit. Wenn man dann Charaktereigenschaften durch eine Genbehandlung positiv beeinflussen kann, werden die Menschen für ihre Kinder nur Eigenschaften auswählen, die in der Gesellschaft nützlich sind. Vielleicht veredelt das die Menschheit und führt sie in eine gute Richtung. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, daß Eltern für ihre Lieblinge ein Gen auswählen werden, durch das jemand für gewalttätiges oder asoziales Verhalten anfällig wird. Vielleicht legen die Staaten sogar fest, daß diese Gene gesetzwidrig sind.«
    Ratamo lagen etliche bittere Bemerkungen auf der Zunge, aber er schluckte sie hinunter, weil es der falsche Augenblick zu sein schien. Auch die anderen äußerten sich nicht zu Ehuds Kommentar. Ratamo warf einen Blick auf die Holzschnitzereien, die auf dem Fensterbrett standen. »Sind die aus Südamerika?« erkundigte er sich neugierig.
    »Nein, aus Südafrika. Wir haben sie als Abschiedsgeschenkvon den Kollegen des Roten Kreuzes bekommen. Sie sind häßlich, nicht wahr?« antwortete Ehud.
    »Anscheinend gefallen sie mir«, erwiderte Ratamo nachdenklich.
    Sabine wandte sich wieder Laura zu. »Du könntest ja einen Teil der Aktien behalten, beispielsweise neunundvierzig Prozent.«
    »Die bringen meinen Bruder auch nicht zurück.« Am liebsten hätte Laura gesagt, daß H & S Pharma und alles, was damit zusammenhing, sie mal kreuzweise konnte. Ihre Miene verriet, was sie empfand.
    Ratamo konnte kein Mitgefühl für die Gastgeber empfinden. Er hoffte, daß die deutsche Polizei auch bei Sabine und Ehud genau untersuchte, inwieweit das, was sie getan hatten, nach dem Gesetz zulässig war. »Sie hätten Oberst Agrons und Konrad Forsters Absichten sofort der Polizei mitteilen müssen«, sagte er zu Sabine.
    Sabine dachte einen Augenblick nach. »Saul Agron hat uns mit seiner Drohung, Anna zu ermorden, erpreßt. Wir mußten ihm helfen, denn sonst hätte ich mein Erbe verloren. Die Vollstreckung des Testaments setzte ja voraus, daß Anna Selbstmord beging.« Nervös leerte Sabine ihr Glas in einem Zuge und füllte sofort Wein nach. »Mein Plan war einfach, man mußte nur verhindern, daß Anna die Entscheidungsgewalt erhielt, Annas Selbstmord abwarten und die Aktien durch das Testament erben. Doch von Verona an lief alles total schief. Auch Idealismus kann anscheinend viel Böses zustande bringen.«
    Verdammt noch mal, begriff diese Frau nicht, daß sie eine Teilschuld an den Ereignissen der letzten Woche trug? »Den Mord an Dietmar Berninger haben Sie jedoch akzeptiert«, bohrte Ratamo nach.
    »Manchmal müssen die Interessen des Individuums zugunsten des Gemeinwohls geopfert werden«, erwiderte Sabineund war sich auf frustrierende Weise bewußt, daß sie dem Druck von ›African Power‹ nachgegeben und Berningers Mord akzeptiert hatte.
    »Ist das ein Spruch von Stalin?« entfuhr es Ratamo.
    Sabine antwortete nicht, alle sahen, daß sie auf ihre Taten nicht stolz war. Das Gespräch stockte und kam allmählich ganz zum Erliegen. Das Treffen endete mit einem Abschied in gedämpfter Stimmung.
    Sami Rossi bemühte sich um die Versöhnung mit seiner Frau, obgleich auch Ratamo im Taxi saß. »Ich war ein Idiot der Extraklasse, als ich dich in dieses ganze Chaos hineingezogen habe.«
    Laura schaute ihren Mann zärtlich an und überlegte, wer von ihnen beiden den anderen schlimmer betrogen hatte. Sami war immerhin in gewisser Weise gezwungen worden, Konrad Forster zu helfen, während sie sich freiwillig mit Ratamo eingelassen hatte. Alle machten Fehler, aber nur wenige vermochten damit zu leben. Sie wollte es versuchen.
    Ratamo konnte sich einmal mehr eine Bemerkung nicht verkneifen. »Um Einstein zu zitieren: ›Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht
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