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0204 - Herr der Grünen Hölle

0204 - Herr der Grünen Hölle

Titel: 0204 - Herr der Grünen Hölle
Autoren: Rolf Michael
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Jack Willards Blick kontrollierte die Instrumente im Cockpit der Boeing 747. Ja, alles stimmte. Der Flug verlief völlig normal. Und für Willard, den Co-Piloten, waren diese Kontrollen reine Routineangelegenheiten. Denn das Flugnetz über Südamerika war sehr großmaschig und die Route Bogota - nach Rio wurde besonders selten geflogen.
    Willard hatte keinen Blick für die unübersehbaren Urwälder unter sich. Im Gegenteil, er war immer froh, wenn er über das Amazonasbecken hinweg war.
    Denn wie dem Seemann stets der nasse Tod in den Wellen droht oder das ungewisse Schicksal, in einem kleinen Rettungsboot auf der unendlichen Wasserwüste um Rettung zu beten, so zitterte jeder Pilot davor, daß irgendwann einmal das Flugzeug unkontrollierbar ins Bodenlose stürzte.
    Gut, jeder Job hat seine Risiken. Und wenn es einmal so weit war, dann ging es hoffentlich schnell. Aber, dachte Jack Willard, wenn man hier, mitten in der Grünen Hölle abstürzt, viele Tagesreisen entfernt von den vorgeschobensten Posten der Zivilisation, das konnte schlimmer sein als der Tod.
    Willard hatte von Überlebenden nach Flugzeugabstürzen gehört. Die Schlagzeilen der Zeitungen über die im Himalaya abgestürzte Maschine, deren Überlebende der Drang zum Weiterleben in den Kannibalismus getrieben hatte, waren ihm noch in bester Erinnerung.
    Und deshalb war er auch immer heilfroh, wenn er wieder Gebiete überflog, die nicht von undurchdringlichen Wäldern und Sümpfen vor dem Würgegriff der Zivilisation geschützt waren.
    »Zigarette, Jack?« bot ihm Mel Adams, der Erste Pilot und Flugkapitän, einen Glimmstengel an.
    »Ja, danke!« sagte Jack Willard und bediente sich aus der vorgehaltenen, halbvollen Packung. Fahrig griff er in die Brusttasche seines Hemdes, um nach Streichhölzern zu angeln.
    Er kam jedoch nicht mehr dazu, sein Vorhaben auszuführen. Und auch Mel Adams legte die Zigarettenschachtel nicht zurück an den Platz. Achtlos ließ er die Packung auf den Boden fallen.
    Die Blicke beider Piloten starrten von einer auf die andere Sekunde in’s Leere.
    ***
    »Und wenn ich die drei Vorlesungen an der Universität von Rio gehalten habe, was dann?« fragte der drahtig gebaute Mann mit dem undefinierbaren Alter und dem Gesicht, das auf Anhieb sympathisch wirkte und Vertrauen ausstrahlte.
    »Moment, Chef!« Die Frau neben ihm, deren Äußeres dazu angetan war, Männern den Atem zu rauben und ihnen sündige Träume zu bescheren, blätterte in irgendwelchen Notizen.
    »Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zum Suchen!« bemerkte der Mann mit einem leisen Anflug von Spott. Er trug einen saloppen Jeansanzug in blendendem Weiß. Von dem schwarzen Hemd stach eine dünne Krawatte ab, die er auf halbmast gesetzt hatte.
    Niemand hätte diesem Mann auf den ersten Blick angesehen, daß er einer der bedeutendsten Experten auf dem Gebiete der Parapsychologie war, um dessen Vorlesungen sich alle namhaften Universitäten rund um den Globus rissen. Es war diesem Manne, den seine Papiere als ›Professor Zamorra‹ mit französischer Staatsangehörigkeit auswiesen, nicht mehr möglich, einen festen Lehrauftrag anzunehmen, er mußte seine Öffentlichkeitsarbeit auf gezielten Vorlesungen aufbauen.
    Denn immer mehr hatte er sich von der reinen Lehrtheorie fortgezogen, hatte sich nicht in der Düsternis einer Studierstube vergraben, sondern hatte den Kräften, die dem Unsterblichen im Menschen Schaden zufügen wollen, die Faust des Widerstandes entgegengestreckt.
    Oft genug hatte der sportlich durchtrainierte Mann, der auch über den schwarzen Gürtel des Karataka verfügte, dem Satan und seinem Gefolge Schach geboten.
    Und immer wieder war es ihm gelungen, nach Auseinandersetzungen mit den Gewalten des Bösen als Lebender hervorzugehen.
    Er ahnte nicht, wie nahe er gerade in diesem Moment dem geöffneten Grabe stand.
    Denn auf diesen Moment hatte die Schwarze Familie aus dem Reich der Flamme gewartet.
    ***
    Es war ohne Übergang in ihre Köpfe eingedrungen. Und es drückte das, was den Menschen mit all seinen Fehlern und Schwächen auszeichnet, ganz einfach beiseite. Es war plötzlich da und breitete sich aus. Und in dem Maße, wie sich das Unnennbare vergrößerte, schwand das, was die Menschen Jack Willard und Mel Adams einst, wußten, dachten, träumten und glaubten, dahin.
    Es war wie ein junger Kuckuck, der in einem fremden Nest ausgebrütet wird und, wenn er größer wird, seine piepsenden Nestgenossen einfach aus dem Nest wirft, um das Terrain für sich
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