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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem
Autoren: Taavi Soininvaara
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wie gelähmt. Der verrückte Finne war anscheinend endgültig durchgedreht.
    Pastor lächelte. Er war ruhig und gefaßt, obwohl sein Herz wie ein Preßlufthammer schlug. Statt Angst empfand er jetzt Beklemmung. Ihm war klar, daß der Verstand die Gefühle und die Ängste im Unterbewußtsein nicht gänzlich unterdrücken konnte. Auf seine Entscheidung würden Gefühle jedoch keinen Einfluß haben. Er hatte schon vor diesem Treffen die Tatsache akzeptiert, daß es nur einen Weg gab, um alle seine Feinde zu töten. Das war die eigentliche Prüfung, die er bestehen mußte, um seinen Heroismus zu beweisen.
    Dank seiner Aufopferung und seiner Intelligenz würde der vierte Mord an einem Kommissar ausgeführt, und dieMörder Drinas und Hanneles bekamen das, was sie verdienten. Es wäre vernünftig, noch einige Minuten verstreichen zu lassen, aber er konnte einfach nicht mehr warten und den Genuß hinausschieben. Er wollte die Angst der Mörder von Drina und Hannele sehen und spüren. Er wollte die Rache genießen.
    Pastor räusperte sich. »Simmons. Nutzen Sie die nächsten Minuten gut. Es sind die letzten in Ihrem Leben.« Er saugte mit seinem Blick jedes Zucken ihrer Gesichtsmuskeln in sich auf.
    Die Stille im Salon wurde noch intensiver. Alle starrten Pastor an. Er beobachtete den Gesichtsausdruck der Menschen. Alle warteten, die einen besorgt, die anderen ungläubig.
    Simmons lächelte gezwungen. »Nicht alle in diesem Raum müssen sterben. Ich und meine Mitarbeiter haben andere Pläne.«
    »Und ich habe siebenhundert Gramm Semtex-Sprengstoff in meinem Magen. Ich habe am Vormittag mit Sprengstoffteig gefüllte Kondome verschluckt. Wie ein Drogenkurier. In meinem Magen befinden sich auch der Zünder, ein kleiner Funkempfänger und eine alkalische Batterie. Gezündet wird das Paket hier«, sagte Saarnivaara ganz ruhig und klopfte mit dem Zeigefinger auf seine Armbanduhr. »Das gehört zur Ausrüstung serbischer Spezialeinheiten. Von euch bleibt nur eine Gewebewolke übrig.«
    Die Angst in dem Raum verdichtete sich; es schien so, als ließe ein unsichtbares Kraftfeld die Gefangenen erstarren. Die Gehirne arbeiteten auf Hochtouren. Stangerup übergab sich.
    Akseli Saarnivaara hatte den Gipfel seines Glücks erreicht. Endlich war die Zeit der Vorsicht und der versteckten Hinweise vorbei. An dieses Ereignis würde man sich noch in Jahrhunderten erinnern.
    Er schaute der Reihe nach Simmons, Horvát und Jugović an und trank mit den Augen den süßen Honig der Rache. Hoffentlich hatten sie genausoviel Angst vor dem Tod wie Hannele. Er könnte es noch ein paar Minuten genießen. Wenn er den Raum jetzt schon in die Luft sprengte, dann brächte man den Kommissionspräsidenten bestimmt nicht zum Flugplatz, und das Exekutionskommando könnte nicht zuschlagen. Das richtige Timing war das A und O.
    Was sollte er mit den Polizisten machen? Müßte er sie am Leben lassen, damit sie erzählten, was sie im Salon gehört hatten? Seine Heldentat bekäme einen unangenehmen Beigeschmack, wenn er seinen Landsmann umbringen würde. Das unwissende Volk könnte den Polizisten zum Helden machen. Und er hatte keinen Anlaß, sich an den beiden zu rächen.
    Simmons starrte Saarnivaara in die Augen. Ihr fiel kein Mittel ein, mit dem sie testen konnte, ob der Verrückte die Wahrheit sagte. Tief in ihrem Inneren wußte sie, daß sich der Mann seine Drohung nicht ausgedacht hatte. Solch eine Drohung konnte sich niemand ausdenken.
    Lotte Stangerup schaute Simmons an und öffnete das erste Mal den Mund, seit sie die fünf Worte in das Sprechfunkgerät gesagt hatte. »Das Sondereinsatzkommando von Aktionsstyrke … kann den Zugriff jeden Moment beginnen … Meine Bitte, noch zu warten … hätte ich innerhalb von fünf Minuten bestätigen müssen. Das Einsatzkommando hat sicher schon geprüft, … was los ist.« Sie sah kläglich aus.
    »Anscheinend haben alle kurz vor ihrem Tod etwas Wichtiges zu sagen.« Simmons vermochte die Unsicherheit in ihrer Stimme nicht zu verbergen.
    Es sah so aus, als würde Stangerup zusammenbrechen. Ratamo fühlte, wie er immer schwächer wurde, aber irgend etwas mußte er versuchen. Er hoffte, daß sich Stangerup das alles nicht nur ausgedacht hatte. »Simmons, versuchen SieKontakt zu Ihren Männern im Flur aufzunehmen«, verlangte Ratamo. »Aber entscheiden Sie vorher, ob Sie sich ergeben wollen. Das Einsatzkommando schlägt sofort zu, wenn Sie feststellen, daß Sie den Flur nicht mehr unter Kontrolle haben.«
    Simmons
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