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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem
Autoren: Taavi Soininvaara
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fluchte. Sie dachte fieberhaft nach. Wenn die Spezialeinheiten der Polizei auf dem Flur lauerten, brauchte sie eine Flucht gar nicht erst zu versuchen. Sie mußte alle Zeugen umbringen und wieder in die Rolle des Polizisten schlüpfen. Das wäre ihre einzige Chance. Später könnte sie untertauchen, wenn jemand sie verdächtigte.
    Simmons legte die Hand auf die Schulter des bewaffneten Mannes, der ihr am nächsten stand, und befahl ihm sicherzustellen, daß bei den Wächtern auf dem Flur alles in Ordnung war. Der Mann gehorchte und flüsterte etwas in sein Mikrofon. Eine Antwort blieb aus, es war kein Ton zu hören.
    Die Menschen im Salon warteten. Man hörte ihr heftiges Atmen. Sonst nichts. Es roch nach Angst.
    Ratamo ging ganz ruhig zum Tisch, die Läufe der Waffen folgten ihm. Niemand unternahm etwas, als er zu Stangerups Sprechfunkgerät griff. »Hier ist ein Mann, der behauptet, eine Bombe zu sein. Und vier bewaffnete Wächter«, sagte Ratamo auf englisch.
    Carol Simmons zitterten die Beine, sie war gezwungen, sich hinzusetzen. Sie mußte sofort einen Entschluß fassen. Es blieb keine Zeit, lange nachzudenken. Die Gefangenen wußten alles von ihr und Mitrano. »Erschießt sie alle«, zischte sie den Wächtern zu und zeigte auf die Gefangenen.
    Pastor hob ganz ruhig die Hand mit der Armbanduhr vor sein Gesicht und legte die andere Hand auf die Uhr. Die Wächter zögerten.
    Plötzlich wurde die Tür eingetreten, Ratamo sah rote Lichtpunkte hin und her schwirren, er hörte Schüsse und bemerkte, daß die Wächter umfielen. Der dänische Zweimetermannfeuerte im Fallen noch eine Salve aus seiner Maschinenpistole in die Decke.
    »Vorsicht, die Bombe!« Stangerup zeigte auf Saarnivaara.
    Jemand rief etwas auf dänisch. Pastor war aufgestanden und suchte mit seinem Blick den Chef des Einsatzkommandos, das den Raum gestürmt hatte. Er hielt die Hand auf seiner Uhr. »Ich kann mich noch in die Luft sprengen, wenn ihr schießt. Es brauchen nicht alle zu sterben. Die Polizisten können den Raum verlassen. Ihr habt zehn Sekunden Zeit.«
    Auf Pastors Körper und Gesicht tanzten acht Laserflecke.
    Knudsen mußte eine Entscheidung treffen. Vierzehn Leben wären zu Ende, wenn der Bombenmann die Wahrheit sagte, das Risiko war zu groß.
    Knudsen knurrte etwas, und das Einsatzkommando rannte auf den Flur, Stangerup und Ratamo folgten ihm auf den Fersen.
    Pastor stellte sich in die Tür des Salons. Er lächelte wie ein Denkmal. Nun nahm alles ein Ende. So fühlte man sich als Sieger.
    Einen Augenblick lang passierte gar nichts, dann rannte Simmons auf die Tür und auf Pastor zu, die anderen stürzten ihr hinterher.
    Der erste Polizist erreichte auf dem Flur die Tür zur Treppe des Notausgangs und riß sie auf.
    Die Druckwelle der Explosion schlug sie wieder zu.
    Im Salon Lillebælt sah es nicht mehr aus wie am Meer.

57
    Im Beratungsraum des PET herrschte ein Gedränge wie während der Rush-hour in Tokio. Überall hörte man kurze Meldungen aus Sprechfunkgeräten, es war ein ständigesKommen und Gehen, die einen brachten Informationen für irgend jemand, die anderen hasteten hinaus, um irgendeinen Auftrag zu erledigen. Draußen regnete es, man hatte die Medienvertreter in das Foyer des PET gelassen, Dutzende Journalisten warteten auf den Beginn der Pressekonferenz. Vor fünfundzwanzig Minuten hatte es im »Grand Marina« eine Explosion gegeben.
    Die oberste Polizeiführung Dänemarks wollte Fakten zu den Ereignissen im »Grand Marina« wissen, um den Ministerpräsidenten und die Presse informieren zu können. Else Rørbye, Lotte Stangerup und Arto Ratamo saßen wie Angeklagte hinter einem Tisch, den man an die Stirnwand des Beratungsraumes geschleppt hatte. Die erregten Dänen redeten in ihrer Muttersprache.
    Von Ratamo wollte niemand etwas wissen. Er rauchte eine Zigarette nach der anderen. Auch darum schien sich niemand zu kümmern.
    Rørbye versicherte, sie habe die Lage während der ganzen Zeit unter Kontrolle gehabt. Der Kommissionspräsident war sofort im Schloß Christiansborg isoliert worden, nachdem Knudsen, der Leiter des Einsatzkommandos, mitgeteilt hatte, was im Salon des »Grand Marina« vor sich ging. Die mit einem Panzerschreck ausgerüstete serbische Gruppe wurde in einem Haus in der Strandgade verhaftet. Nur die Explosion im Lillebælt-Salon konnte nicht verhindert werden. Akseli Saarnivaara hatte den Finger auf dem Auslöser gehabt.
    Als nächste erhielt Lotte Stangerup das Wort. Die Frau war immer noch ganz
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