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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut
Autoren: Taavi Soininvaara
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hatte nichts gegen andere Menschen, fühlte sich aber wohler, wenn niemand in seiner Nähe war.
    Ratamo parkte sein grellgelbes Auto in der Topeliuksenkatu, etwa hundert Meter von der Sporthalle entfernt. Das Stoffverdeck zog er hoch, obwohl am wolkenlosen Himmel die Sonne schien. Doch ein Gewitter lag in der Luft. Ein übergewichtiger Dackel, der sein Frauchen ausführte, hob das Bein an einem Reifen des VW, nachdem Ratamo seinem Auto schon den Rücken gekehrt hatte. Timo Aalto öffnete gerade seine Schnürsenkel, als Ratamo die Garderobe betrat.
    »Ach, da haben wir ihn ja, den Himoaalto«, sagte Ratamo und grinste.
    »Grüß dich, Artsi. Wollen wir wetten, daß du heute eine Packung kriegst?«
    »Na klar. Ich spiele mit links und verbundenen Augen und gewinne trotzdem den ganzen Einsatz.«
    »Wer große Töne spuckt, kommt im Sport nicht weit. Beim Abpfiff werden die Punkte gezählt.«
    Beide hatten in ihrer Jugend gemeinsam Eishockey, Fußball und Tennis gespielt und waren auch zum Schwimmen gegangen, bis sie sich dann als C-Junioren für eine Sportart entscheiden mußten. Sie hatten Federball gewählt.
    Auf den anderen Spielfeldern hörten viele für eine Weile auf, um Ratamos und Aaltos Badmintonrallye zu verfolgen. Wer die zwei spielen sah, begriff sofort, daß es sich um mehr handelte als ein bloßes Spiel. Beide waren immer noch in Topform und kämpften um jeden Ball, als wäre es das olympische Finale. |46| Der größere Aalto hatte Vorteile in der Reichweite. Doch Ratamo beendete viele Ballwechsel mit kurzen Stopps, die kurz hinter dem Netz herunterfielen. Aalto brachte seinen Körper einfach nicht schnell genug in Bewegung. Während des ganzen Matches spielte Ratamo ungewöhnlich aggressiv und konnte am Ende alle drei Sätze, die sie in ihrer Spielzeit schafften, knapp für sich entscheiden.
    Keuchend zogen die von der Milchsäure ganz steif geworden Männer ihre pitschnassen Sachen aus, gingen unter die Dusche und dann in die Sauna.
    »Was zum Teufel ist mit dir los? Du hast gespielt, als ginge es um Leben und Tod. Und hör endlich auf, so gekünstelt zu lächeln«, sagte Aalto halb im Ernst, als sie schließlich ermattet auf der Saunapritsche saßen.
    »Die Trauben sind mir zu sauer …«, erwiderte Ratamo, hörte aber mitten im Satz auf, als er Aaltos Miene ansah, daß die deutliche Niederlage ihn ernsthaft ärgerte.
    Es war ein himmlisches Gefühl, die sanfte Berührung des feuchtheißen Aufgusses auf der Haut zu spüren. Genüßlich dehnte und streckte sich Ratamo. Die Schweißperlen auf der Haut wurden größer und schwerer und rollten durch die dichte, gekräuselte Behaarung. In der Sauna sitzen war seine Lieblingsbeschäftigung. Eine seiner ersten Kindheitserinnerungen hing mit der Rauchsauna des Sommerhäuschens der Großmutter zusammen. In der hatte er sich als Dreijähriger eingeschlossen, nachdem der Vater hinausgegangen war. Klein-Arto war seelenruhig in der Sauna sitzen geblieben und hatte weitergeschwitzt, obwohl der Vater beinahe die Tür aus dem Rahmen gerissen hätte. Ein paar kleine Jungs kicherten, als ein untersetzter Mann auf dem glatten Fußboden ausrutschte und sich um ein Haar den Hintern am Saunaofen verbrannt hätte.
    |47| »Wie geht’s meinem Patenkind?« fragte Aalto.
    »Nelli ist genauso lebhaft wie immer«, sagte Ratamo leise.
    Aalto schaute Ratamo abwartend an und streckte die Hand nach der Schöpfkelle für den Aufguß aus. Die beiden kannten sich so lange, daß sie schon am Tonfall des anderen bemerkten, wenn irgend etwas nicht stimmte. Aalto wollte jedoch nicht nachfragen, was seinen Freund beschäftigte.
    Und Ratamo wollte seine Privatangelegenheiten mit niemandem durchkauen. Er war es von klein auf gewöhnt, allein mit seinen Gefühlen klarzukommen. Auch über ihre Arbeit unterhielten sich beide nicht mehr. Ratamo hatte genug über Aaltos Abenteuer in der mystischen Welt der Computerprogrammierung gehört, und Aalto wußte schon genug über die Eigenschaften exotischer Krankheiten.
    »Einen Aufguß noch als Nachschlag«, sagte Aalto schließlich. Als der heiße Dampf aufstieg, zogen beide den Kopf ein.
    Unter der Dusche ärgerte sich Ratamo, daß sie in einer öffentlichen Sauna waren. Eine Grillwurst, auf dem Saunaofen in Folie gebraten, hätte jetzt wunderbar geschmeckt.
    Die beiden trockneten sich in aller Ruhe ab, als ein schrilles Piepen ertönte. Aalto stürzte zu seinem Rucksack, holte einen Piepser aus der Seitentasche heraus und las die Nachricht voller
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