Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor
Autoren: Myriane Angelowski
Vom Netzwerk:
Gnade winselte.
    Aber dieser Hänfling hatte es nicht besser verdient, er hatte sich die Scheiße selbst eingebrockt. Diese verlogenen Ratten hatten ihn den kalten Fluten überlassen, gehofft, dass er ins offene Meer trieb. Solche elenden Stümper. Mit seinem Überlebenswillen hatten sie nicht gerechnet.
    Zugegeben. Anfangs hatte er sich äußerst schlapp gefühlt. Irgendetwas hatte ihm die verlogene Schlampe ins Essen geknetet. Was würde er darum geben, sie noch einmal in die Hände zu bekommen. Sie hatte mit ihm gespielt wie niemand sonst. Diese ganzen Briefe, all die schönen Worte. Gelogen. Seine Träume, dahin. Glück gab es für ihn einfach nicht.
    Er zog die Nase hoch, dieser blöde Schnupfen. Das kalte Watt hatte ihm den Rest gegeben.
    Aber noch war die Show nicht vorbei. Er war wie ein Bumerang, eine Katze mit sieben Leben. »Durch Zufall lernten wir uns kennen, durch Zufall müssen wir uns trennen, durch Zufall wird es einst geschehen, dass wir uns einmal wiedersehen!« Der Spruch seiner Mutter ließ ihn schmunzeln.
    Mit Mühe hatte er sich aus dem Watt gekämpft. Gott selbst war sein Gehilfe. Wer sonst hatte ihm das Auto hingestellt. Verlassen parkte es am Feldweg neben dem Windrad. Das Nötigste hatte er im Kofferraum gefunden. Warme Klamotten, die einigermaßen passten, und ein Messer. Ronny setzte die Klinge an. Ein glatter Schnitt. Der Scheißer wird bluten wie Sau.
    Ein Klingelton. Vielleicht rief endlich eine der Schlampen zurück.
    »Keine Spielchen!«
    Der Pisser glotzte blöd, rührte sich überhaupt nicht. Das Klingeln starb.
    So ein Blödmann. Ronny schlug ihm das Handy aus der Hand und packte ihn.
    Heulsuse heulte, hielt sich das Ohr. Es blutete jetzt schon wie Sau, obwohl er es nur angeritzt hatte.
    ***
    Kilian wusste, dass er alles auf eine Karte setzen musste. Er hatte nur diesen einen Versuch. Wenn der misslang, dann gnade ihm Gott.
    »Kann ich bitte kurz ins Bad? Da ist Verbandszeug.«
    »Ich hab dich doch noch gar nicht richtig rangenommen!« Dallinger machte keine Anstalten, seinem Wunsch nachzukommen. Erst als Blut auf seine Hose tropfte, erhob sich das Schwein schwerfällig.
    »Was bist du bloß für eine Memme!«
    Dallinger schubste ihn vorwärts, stieß ihn ins Badezimmer.
    Die Dose Raumspray stand direkt am Waschbecken. Kilian zögerte keine Sekunde, griff die Büchse, sprühte Dallinger eine Ladung ins Gesicht, schubste ihn zur Seite, lief durch die Diele. Ruckartig riss er die Haustür auf und rannte ins Freie. Stürmte los. Achtete nicht auf die Richtung. Drehte sich nicht um.
    Er hörte das Arschloch fluchen. Sein Verfolger war ihm dicht auf den Fersen. Torpedierte ihn mit Schimpfwörtern.
    Kilian hastete vorwärts, jagte die Straße entlang, hoffte auf ein Auto. Einen Nachbarn. Irgendjemanden, der ihm half. Aber nirgends brannte Licht. Weder bei den Petersens noch bei Tiedemanns.
    Kilian ging die Puste aus. Sein Ohr pochte. Er spürte, dass er langsamer wurde. Jetzt riskierte er einen Blick zurück.
    Der Abstand zu Dallinger war geringer als gedacht.
    Verzweiflung packte ihn.
    Als das Auto um die Kurve schoss, sprang er ohne nachzudenken auf die Straße und riss die Arme hoch.
    Reifen quietschten. Er roch Gummi, japste nach Luft, drehte sich um.
    Dallinger war in Deckung gegangen, ihn schützte die Nacht.
    »Kilian!«
    Sein Vater stand auf der Beifahrerseite. Hinter dem Steuer erkannte Kilian seine neue Lebensgefährtin. Noch nie hatte Kilian sich so gefreut, seinen Vater zu sehen.
    »Ist etwas passiert? Was ist los?«
    Ihm fiel keine plausible Erklärung ein.
    »Komm, steig ein!«
    Kilian gehorchte. Ihm war alles egal, nur nicht länger allein sein. Die Gefahr war nicht gebannt. Aber Johann mochte er sich nicht anvertrauen. Er musste Phyllis anrufen, klopfte auf die Hosentaschen. Dallinger. Der Mistkerl hatte sein Mobiltelefon.
    Kilian lief sofort ins Haus, als sie ankamen.
    »Wie sieht es denn hier aus?« Sein Vater klang eher erstaunt als böse. »Ist wirklich alles in Ordnung?«
    Kilian stellte die Lampe auf und schob den Couchtisch an seinen Platz.
    »Du blutest am Ohr«, stellte Johanns Freundin fest. »Lass mal sehen.«
    »Es ist nichts. Gregor und ich hatten eine Auseinandersetzung.«
    Sein Vater hielt ihn am Arm, betrachtete die Wunde. »Das sieht übel aus. Soll ich dich nicht besser in die Notfallambulanz fahren? Das muss genäht werden.«
    »Quatsch.«
    »Worum ging es bei eurem Streit?«
    Kilian stand der Sinn nicht nach plötzlicher Fürsorge. »Ich muss los, ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher