Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor
Autoren: Myriane Angelowski
Vom Netzwerk:
Rolf gehörte zum Umfeld der C-Jugend Fußballmannschaft, in der er seit Jahren trainierte. Der Betreuer hob die Hand und grüßte zurück.
    Timm schlurfte in offenen Schuhen zum Eingangstor. Zweimal stolperte er über die losen Schnürriemen. Sie zu binden wäre uncool. Er lehnte sich gegen die Mauer des Kassenhäuschens und wartete auf seine Klassenkameraden. Die Shorts rutschten permanent von den schmalen Hüften, die fast schulterlangen Locken klebten feucht an seinem Nacken. »Lass dir die Haare schneiden« – seine Mutter hörte nicht auf zu nerven. Bisher hatte er sich gegen einen Kurzhaarschnitt gewehrt. Aber vielleicht war die Idee gar nicht so schlecht.
    Schweißperlen rannen Timm unaufhörlich von der Stirn, während die Schlange vor dem Einlass immer länger wurde. Er zog das Shirt aus, stopfte es in den Rucksack und drückte sein Gesicht gegen den Maschendrahtzaun. Auf der Wiese schienen kaum noch Plätze frei zu sein. Bunte Handtücher lagen beinahe flächendeckend auf dem Rasen. Mist. Wo blieben nur die anderen? Timm sah Rolf Kallwitz davonfahren, entdeckte im gleichen Moment Paul in der Warteschlange, zog die Shorts hoch und lief zu ihm. »Hi! Wo sind die Jungs?«
    Paul zog die Augenbrauen zusammen. »Drinnen! Wieso?«
    »Aber wir wollten uns doch vor dem Tor treffen«, sagte Timm. »War jedenfalls so besprochen.«
    »Dann heul doch.« Paul schubste ihn zur Seite und drängelte sich geschickt vor. Timm verlor ihn schnell aus den Augen. Als er endlich auch das Freibad betrat, hatte er Mühe, seine Freunde zu finden. Schließlich entdeckte er sie in der Nähe der Frauenumkleidekabinen.
    Sie kugelten sich vor Lachen.
    »Koranth«, rief Nick kichernd. »Bist du auch schon da!«
    Timm mochte es nicht, wenn er beim Nachnamen gerufen wurde, aber er hatte aufgehört, sich dagegen zu wehren. Er breitete sein Handtuch aus und schluckte den Unmut herunter, den er empfand, weil er fast eine Stunde in der prallen Sonne vertrödelt hatte. »Worüber lacht ihr?«, fragte er stattdessen und so gelassen wie möglich.
    »Siehst du die Oma da?«, kicherte Anton, pustete seinen Pony aus den Augen und zeigte auf eine ältere Frau. Sie stand nicht weit von ihnen breitbeinig auf der Wiese, die Hände in die fülligen Hüften gestemmt, beugte sich zu einem Mädchen hinunter und sprach mit erhobenem Zeigefinger auf die Kleine ein. »Ihr Badeanzug ist geplatzt, man sieht den halben Hintern!«
    Timm lachte mit und vergaß endgültig seinen Groll, als Nick später Wassereis kaufte und ihm eins mitbrachte.
    Beim Arschbombenwettbewerb, den sie anschließend veranstalteten, fühlte er sich wieder ausgeschlossen. Niemand äußerte sich zu seinen unglaublich gelungenen Platschern, bei denen echte Fontänen in die Luft schossen, die viel höher waren als Nicks, der einfach immer im Mittelpunkt stand.
    Die Verschnaufpause auf dem Handtuch war kurz.
    »Wir gehen Pommes holen«, sagte Nick und sprang auf die Beine. »Bleib bei den Sachen, Koranth! Du hast doch sowieso keine Kohle!«
    Timm schnellte in die Höhe und stieß Nick zur Seite. »Hab ich doch, du Blödmann!«
    »Cool bleiben, Alter!« Nick schüttelte den Kopf und schob seine Baseballkappe in den Nacken.
    Timm war froh, dass er heute lässig wie die anderen Fritten und Cola bestellen konnte. Und als er zusammen mit Anton gegen fünfzehn Uhr zu den Umkleidekabinen schlich, wo sie versuchten, einen Blick auf nackte Frauen zu erhaschen, fühlte er sich super. Leider wurden sie erwischt und zum Bademeister zitiert, der mit wichtiger Miene ihre Namen und Telefonnummern notierte.
    Sie blieben gelassen.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Standpauke zu hören bekamen. Der Sommer hatte sie gelehrt, dass Schwabbelbauch keinen Kontakt mit ihren Eltern aufnehmen würde. Entweder war er vergesslich oder faul. Deshalb ließen sie seine wortgewaltige Ansprache mit gesenkten Köpfen über sich ergehen und versuchten, nicht zu lachen.
    Vor den anderen schmückte Anton die Geschehnisse in der Umkleidekabine dann aus, denn die Wahrheit wäre keine große Sache gewesen. Timm kannte das schon. Anton besaß Phantasie. »Ich schwöre, der Busen der einen war so groß wie Wasserbälle.« Anton zog Timm am Arm. »Hast du doch auch gesehen, ne?«
    »Voll dick!«, bestätigte Timm, genoss Pauls anerkennenden Blick und Nicks Schulterklopfer.
    Kurze Zeit später verabschiedete er sich, was die Jungen ohne große Regung zur Kenntnis nahmen. Keiner fragte, warum er schon nach Hause musste. Auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher