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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor
Autoren: Myriane Angelowski
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sichtlich empört und widerwillig. Entkleidete sich bis auf die Unterhose.
    Ein hässliches kleines Frettchen. Blass, kaum behaart. Fast nackt nur ein Häufchen Elend. Da ist nichts übrig von dem Großmaul. Phyllis ließ nicht locker. »Zieh deinen Slip aus!«
    »Warum? Was soll der Scheiß!« Dallinger näherte sich der Treppe, machte einen Schritt auf Phyllis zu.
    Er sitzt in der Falle und weiß es. Der hat die Lage längst gecheckt, hat die Kiste im Boden gesehen und weiß, was ihm blüht. Pass auf, der Kerl ist gefährlich.
    »Keinen Schritt weiter«, befahl Phyllis.
    »Ich weiß, dass ich etwas Schlimmes getan habe. Das ist mir im Gefängnis klar geworden, und ich bereue das Schicksal der Kinder.«
    Phyllis spannte jeden Muskel ihres Körpers erneut an. Der will doch tatsächlich verhandeln. Gut, sie war kein Unmensch wie er, wollte ihm eine faire Chance geben. »Du bereust also den Tod des Jungen?«
    »Ja.«
    »Dann beantworte mir folgende Frage: Wie hieß er?«
    »Wer?« Er stierte zu ihr hinauf, grüner Schleim lief ihm aus der Nase.
    »Der Junge, den du umgebracht hast!«
    Dallinger verzog das Gesicht, kratzte sich mit einer Hand am Kopf.
    »WIE WAR SEIN NAME?«
    Schweigen.
    »Du weißt es nicht«, schrie Phyllis ihm entgegen. »Du hast keinen blassen Schimmer, weil es dir egal ist! Dich interessiert gar nicht, wen du getötet hast.« Phyllis schwankte leicht, kämpfte gegen ihre Tränen. »Er war ein wunderbares Kind, einfach unglaublich! Und du hast ihn getötet, einfach so, du –«
    »Ich habe ihn nicht vorsätzlich …« Er lallte bereits.
    Das Betäubungsmittel wirkt. Seine Zunge wird schwer. Er kann sich gleich nicht mehr auf den Beinen halten.
    »Ich … wollte doch … nur … Er hätte nicht in das Haus …«
    »Ach so, es war quasi seine eigene Schuld! Verstehe ich das richtig?«
    »Nein … ja …«
    »Nein! Verschon mich mit deinen Ausreden, deiner Feigheit und mit dieser widerlichen selbstgerechten Art! Wir sind hier nicht bei Gericht, ich muss nicht abwägen, muss mir deine Sicht der Dinge nicht anhören!« Phyllis stellte sich breitbeinig auf, hob die Walther P38 und zielte erneut auf Dallinger. Oh Gott, was mache ich, wenn er nicht auf mich hört?
    Er hört auf dich.
    Und wenn er jetzt die Treppe hochkommt? Ich kann ihn doch nicht wirklich erschießen!
    Doch! Du kannst. Wenn es sein muss! Denk an Ivo. Denk an Norma! Denk an deine Schwester!
    »Steig in die Kiste, mach schon!«
    Dallingers Augen funkelten. Sein Kopf fiel leicht nach vorn.
    Phyllis ging eine Stufe tiefer. Greif ihn an. Zeig keine Schwäche . »Ich warne dich jetzt ein letztes Mal. Steig in die verdammte Kiste, oder ich puste dir dein Gehirn weg!«
    Er hob den Kopf, doch es schien, als koste es Kraft, ihn aufzurichten. Schwankend stolperte er Richtung Kiste, stieg hinein und zog die Beine vor die Brust.
    Geschafft. Gut gemacht! Phyllis ließ die Vertiefung im Boden nicht aus den Augen, fixierte sie, heftete ihren Blick auf Dallingers weiße Haut.
    Minuten vergingen.
    Wachsam bleiben. Es ist noch nicht vorbei. Geduldig wartete sie, bis sie ihn leise und regelmäßig atmen hörte. Sie wollte die Kiste mit zwei Schlössern verschließen und den Deckel außerdem zunageln. Dafür brauchte sie beide Hände. Dallinger musste hundertprozentig weggetreten sein.
    Weitere Minuten vergingen. Phyllis instruierte sich, schwor sich mental auf die letzte Runde ein und stieg dann, die Pistole im Anschlag, die Treppe hinab.
    In der Ecke unter dem Fenster, das sie von außen zugemauert hatte, lagen Hammer, Nägel und die zwei Schlösser bereit.
    Phyllis spähte in die Kiste. Dallinger lag zusammengerollt wie ein Kind. Er füllte die Kiste beinahe aus. Sein Atem ging gleichmäßig. Vorsichtig trat sie näher, wartete, steckte ihre Waffe in den Hosenbund und berührte gleichzeitig seinen nackten Rücken mit ihrer Stiefelspitze.
    Dallinger packte sie am Schuh, warf Phyllis zu Boden.
    Sie schrie, knallte auf den Rücken.
    Er war sofort auf ihr, drückte ihr die Kehle zusammen. »Du verdammtes Miststück! Ich bringe dich um!«
    Phyllis riss ihr Knie hoch. Versuchte sich aufzubäumen, wegzurollen.
    Er hielt sie fest. Sein Gesicht nah an ihrem.
    Sie bohrte ihre Fingernägel in seinen nackten Rücken. Pitschte. Kratzte.
    »Du …!« Überraschend verlor sein Würgegriff an Kraft. Abrupt. Sein Kopf prallte auf ihre Stirn. Schwer. Phyllis brüllte vor Schmerz.
    Dallinger krampfte, unternahm einen Versuch, sich aufzurichten. Sackte aber zusammen,
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