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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Autoren: Lev Grossman
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bringen, und tastete mit seinem Fuß, bis er eine Sprosse gefunden hatte. Er nickte Quentin zum Abschied zu und begann, Schritt für Schritt nach unten zu klettern. Sein schmales, olivfarbenes Gesicht verschwand hinter der Kante.
    »Auf halbem Weg kehrt sich die Schwerkraft um«, erklärte Elaine ihm von oben. »Dann klettern Sie wieder hinauf. Aber es ist nicht so kompliziert, wie es klingt«, fügte sie den anderen gegenüber hinzu.
    Dann wandte sie sich Quentin zu.
    Quentin hatte bereits zweimal eine solche Entscheidung getroffen. Er hatte an der Schwelle zu einer neuen Welt gestanden und sie übertreten. Als er nach Brakebills gelangte, hatte er sein ganzes bisheriges Leben aufgegeben, seine vertraute Umgebung und alle, die er kannte, und es gegen ein schillerndes, magisches neues Leben eingetauscht. Es war leicht gewesen, weil er nichts zurückgelassen hatte, was sich zu behalten gelohnt hätte. Das Gleiche hatte er getan, als er nach Fillory ging, und es war nicht viel schwerer gewesen als beim ersten Mal. Doch diesmal war es schwer, sehr schwer. Diesmal hatte er etwas zu verlieren.
    Doch er war jetzt auch stärker. Er kannte sich selbst besser. Nun zeigte sich also, dass seine Reise noch nicht vorbei war. Nein, er würde nicht zurückkehren. Er sah Eliot an.
    »Geh«, sagte Eliot. »Einer von uns sollte es tun.«
    Mein Gott, war er so leicht zu durchschauen?
    »Geh«, sagte Poppy. »Das ist deine Chance, Quentin.«
    Er nahm sie in die Arme.
    »Danke, Poppy«, flüsterte er ihr zu. Dann wiederholte er es in die Runde: »Danke!«
    Seine Stimme kippte dabei. Es war ihm egal.
    Als er in der Tür stand, holte er tief Luft, wie am Rand eines Schwimmbeckens. Er blickte hinaus und konnte alles sehen: Er stand hinter der Bühne des Kosmos. Weit unterhalb sah er Schramme und das Faultier, winzig klein, immer noch eine scheinbar endlose Reihe von Eisenklampen hinunterkletternd. Der Mond stand zur Gänze unmittelbar vor ihm im Abgrund, hell und herrlich und von selbst scheinend. Es schien, als könne er auf ihn springen. Er war glatt und weiß, ohne Krater. Quentin war nie aufgefallen, wie spitz die Hörner waren.
    Er kniete sich hin, um mit dem Abstieg zu beginnen.
    »Seltsam«, sagte die Zöllnerin stirnrunzelnd. »Wo ist denn Ihr Pass?«
    Quentin hielt auf einem Knie inne.
    »Mein Pass?«, fragte er. Nicht schon wieder! »Ich habe ihn nicht mehr. Ich habe ihn dem kleinen Jungen in der Hölle gegeben.«
    »In der Hölle? Der Unterwelt?«
    »Ja. Ich musste dorthin, um den letzten Schlüssel zu holen.«
    »Oh.« Sie schürzte die Lippen. »Ohne Pass kann ich Sie aber nicht durchlassen.«
    Das war doch wohl nicht ihr Ernst!
    »Augenblick«, erwiderte Quentin. »Ich habe einen Pass. Eleanor hat ihn für mich gebastelt. Ich habe ihn nur nicht dabei. Er liegt in der Unterwelt.«
    Elaine lächelte, müde und nicht ohne Mitgefühl, aber dennoch unbeugsam.
    »Eleanor kann nur einen Pass ausstellen, Quentin. Sie haben Ihren benutzt. Es tut mir leid, aber ich kann Sie nicht durchlassen.«
    Das konnte doch nicht wahr sein! Quentin blickte an ihr vorbei zu den anderen, die dastanden und ihn unsicher anstarrten, wie Mitreisende in einem Auto den Fahrer ansehen, wenn er wegen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten wird. Quentin versuchte, mit ihnen durch Blicke zu kommunizieren, zum Beispiel: Wisst ihr, was das soll? Doch es war nicht leicht. Man erwartete von ihm, dass er gute Miene zum bösen Spiel machte, aber dafür war die Lage zu ernst. Dies hier war sein Schicksal, und diese Frau konnte ihn nicht wegen eines Formfehlers aufhalten.
    »Aber es muss doch eine Möglichkeit geben.« Quentin kniete noch immer auf der Schwelle, schon halbwegs zur Tür hinaus, und sah zu ihr auf. Er spürte, wie die andere Seite, hell und glückverheißend, mit ihrer eigenen Schwerkraft an ihm zog. Dort lag das Ziel seiner Reise. »Irgendeine. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste in die Unterwelt. Und ich will zwar nicht angeben, aber wenn ich nicht gegangen wäre, hätten wir niemals die Tür öffnen können. Wir wären gar nicht hier. Es hätte das Ende der Welt bedeutet …«
    »Darum fällt es mir umso schwerer.«
    »… und von daher«, fuhr Quentin fort, allmählich lauter werdend, »würde es gar nicht die Möglichkeit geben, auf die andere Seite zu gehen, wenn ich nicht in die Unterwelt gestiegen wäre!« Er wusste, alles wäre vorbei, wenn er aufstehen würde. »Es würde gar keine andere Seite mehr geben. All das hier würde nicht
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