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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen
Autoren: Herbert Feuerstein
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merkte, ist, dass der Pimmel immer rechts liegen muss. Sein Schutz ist reine Privatsache. Manche legen ein halbiertes Abflussrohr darüber, was auch optisch was hergibt, manche halten das für feig und vertrauen stattdessen auf den Schutzgott der Liebe.
    Bei mir stellte sich das Problem ganz anders dar: Ich kam einfach nicht in die Hose hinein. Stierkämpfer haben nämlich zwar enorm breite Schultern, aber dafür keinen Arsch. Nicht mal einen Po. Sondern nicht viel mehr als zwei zusätzliche Wangen hinten am Oberschenkel. Bei mir ist das leider genau umgekehrt.
    Der Anblick muss jämmerlich gewesen sein, und ich bin froh, dass ich Stephan verboten hatte, die Szene zu drehen: Zwei Helfer hielten die Hose auf und Señor Discareño hob mich hinein; dann schüttelten sie mich so lange, bis ich reingerutscht war. Aber weil ich einen Po habe, vielleicht sogar einen Arsch, kriegten wir hinterher die Hose auch nicht annähernd zu. Zwar gelang es mit angehaltenem Atem, von den acht Knöpfen die untersten vier zu schließen, doch als ich ausatmete, flogen zwei davon wie Geschosse durch den Raum. Zum Glück trägt man um den Bauch eine Art Kummerbund, eine Schärpe, die sich so zurechtzupfen ließ, dass sie den offenen Hosenstall verdeckte. Damit war ich ein richtiger Torero. Im richtigen Kostüm in einer richtigen Arena.
    Im Training ersetzt eine Art Schubkarre mit aufgesetzten Hörnern den Stier. An der Stelle, wo der Todesstich in den Nacken erfolgen soll, wird eine halbe Wassermelone oder Agave aufmontiert. Mit diesem Gerät fährt der Lehrer Angriffe auf den Torero, die dieser mit Drehungen und Wendungen abzuwehren hat — je weniger er sich von seinem Platz bewegt, desto eleganter.
    Señor Discareño sagte, meine Bewegungen wären viel zu eckig; meinen Hinweis, dass ich die restlichen zwei Hosenknöpfe schonen wollte, ließ er nicht gelten. Dafür lobte er umso mehr meinen Stich: butterweich durch den Nacken am Wirbel vorbei direkt ins Herz. Mein Stier wäre auf der Stelle tot gewesen. Kein Wunder, denn ich hatte mir beim Zustechen vorgestellt, Wolpers griffe mich an.
    Trotzdem glaube ich nicht, dass ich in die Stierkämpfer-Branche wechseln will. Nicht nur wegen der Hose. Sondern weil mir das einfach nicht liegt. Natürlich wäre das Umfeld nicht übel, die Fans, die Klamotten, die Kohle, und ich siege auch gern. Aber nicht immer. Manchmal bin ich einfach zu negativ und will verlieren. Ich brauche das geradezu. Für einen Matador ist das die falsche Einstellung.
    Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, gegen Hühner anzutreten, gegen stolze, wilde Hähne, die in Würde sterben wollen, nicht am Broiler-Fließband. Und jenseits meiner sonstigen Lebensregeln würde ich meinen im Kampf getöteten Feind sogar essen. Nicht nur aus magischen Gründen, wie auf den Kannibaleninseln von Vanuatu, sondern vor allem, weil mir Brathähnchen schmecken.
    Dazu noch eine Fußnote der informativen Art, die mit der Geschichte an sich nichts zu tun hat. Unter den vielen Hundert-Dollar-Noten, die Wolpers dem Matador für Gespräch, Lehrstunde, Kostüm und Führung in der Plaza de toros hinblättern musste, befand sich eine falsche. Die hatte er doch tatsächlich zusammen mit allen anderen von seiner Bank in Deutschland bekommen — Hinweis und Warnung für uns alle, dass man auch bei Profis vor Falschgeld nicht sicher sein kann. Als Señor Discareño die Blüte entdeckte, waren wir schon außer Landes; über Señora Constanza nahm er mit Wolpers Verbindung auf und schickte das Falschgeld zurück. Wolpers wiederum gab es an seine Bank weiter, und da diese — genauso wie ich — weiß, dass Wolpers zwar jederzeit Filme fälschen würde, aber niemals Geld, ersetzte sie anstandslos die falsche Note durch eine echte, die wiederum an den Stierkämpfer weiterging. Und so nahm alles sein gutes Ende.
    Aber stellen Sie sich bloß mal vor, was passiert wäre, wenn Wolpers diesen falschen Dollar-Hunni ahnungslos bei der Einreise in Mexiko auf den Bankschalter gelegt hätte. Wir säßen dort heute noch im Knast!

Frau Friesens Töchter

    »Woher weiß ich, dass ihr nicht vom Teufel kommt?«, fragte mich der Mann in der Latzhose, als wir im üblichen Gänsemarsch mit Kamera und Tongeräten durch das Dorf trotteten. Eine heikle Frage, schon im Alltag schwer zu beantworten, und noch viel verzwickter, wenn sie von frommen
    Menschen kommt, für die das Fernsehen als Werkzeug des Bösen gilt. Ebenso das Radio. Also praktisch der ganze WDR, der ja
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