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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale
Autoren: Tami Hoag
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half, die Tatsache zu kaschieren, daß seine blauen Augen zu tief lagen und zu nahe beisammen.
    Er war selbst ein Starankläger gewesen, übernahm aber jetzt nur noch gelegentlich sehr wichtige Fälle. Seine Stellung als Obermacher betraf größtenteils Verwaltung und Politik. Er leitete ein geschäftiges Büro von Anwälten, die versuchten, die ständig wachsende Arbeitslast des Hennepin County Gerichtssystems auszujonglieren. Zum Lunch und Abendessen fand man ihn in den Reihen der Minneapolis Power Elite, wo er um Verbindungen und Gunst schnorrte. Es war allgemein bekannt, daß er sein Auge auf einen Sitz im Senat geworfen hatte.
    »Kate, kommen Sie rein«, bat er sie mit besorgten Furchen im Gesicht. Er legte eine große Hand auf ihre Schulter und führte sie durchs Büro zu einem Stuhl. »Wie geht’s Ihnen? Ich hab gehört, was heute morgen passiert ist. Mein Gott, Sie hätten sterben können! Was für eine erstaunlich mutige Tat.«
    »Nein, ganz und gar nicht«, protestierte Kate und versuchte, sich ihm zu entwinden. Sie setzte sich in den Besucherstuhl und spürte sofort seinen Blick auf ihren bloßen Schenkeln, als sie die Beine verschränkte. Sie zog unauffällig am Saum ihres schwarzen Rocks und wünschte sie hätte, verdammt nochmal, die Ersatzstrumpfhose, die sie in. ihrer Schreibtischschublade wähnte, gefunden. »Ich hab nur reagiert, mehr nicht. Wie geht’s Mrs. Sabin?«
    »Gut.«
    Die Antwort war gedankenlos. Sein Blick konzentrierte sich völlig auf sie, während er seine Nadelstreifenhose hochzog und sich mit einer Hüfte auf die Schreibtischkante hockte. »Einfach reagiert? So wie man es Ihnen beim FBI beigebracht hat.«
    Er war von der Tatsache besessen, daß sie in dem, was sie jetzt als ihr früheres Leben einstufte, FBI-Agentin gewesen war. Kate konnte sich gut vorstellen, welche obszönen Fantasien wie Schnecken durch seinen Kopf schleimten. Dominaspielchen, schwarzes Leder, Handschellen, Peitschen…
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit ihrem unmittelbaren Vorgesetzten zu, dem Direktor der Legal-Services-Einheit, der sich in den Stuhl neben sie gesetzt hatte. Rob Marshalls Aussehen war das krasse Gegenteil von Sabin – teigig, feist, zerknittert. Sein Kopf war rund wie ein Kürbis, gekrönt von einer schütteren Haarschicht, so kurz geschnitten, daß sie mehr einer Rostschicht als einer Frisur glich. Sein Gesicht war gerötet und von alten Aknenarben zerfurcht, und die Nase war zu kurz.
    Er war seit achtzehn Monaten ihr Boß und von einer ähnlichen Position in Madison, Wisconsin, nach Minneapolis gekommen. Während dieser Zeit hatten sie mit mäßigem Erfolg versucht, die Balance zwischen ihren Persönlichkeiten und Arbeitsweisen zu finden. Rob war ein rückgratloser Anschleimer, und er hatte einen Hang zum Mikromanagement, der ihrem Gefühl für Autonomie sehr sauer aufstieß. Er fand sie herrschsüchtig, eingebildet und impertinent. Sie nahm das als Kompliment. Aber sie gestand ihm seine Sorge um die Opfer als Ausgleich für seine Fehler zu. Zusätzlich zu seinen Verwaltungsaufgaben nahm er oft an Konferenzen mit Opfern teil und widmete der Hilfsgruppe Zeit.
    Jetzt schielte er sie durch seine randlose Brille an und schürzte den Mund, als hätte er sich gerade auf die Zunge gebissen. »Sie hätten getötet werden können. Warum haben Sie nicht einfach die Security gerufen?«
    »Dazu war keine Zeit.«
    »Instinkt, Rob!« sagte Sabin und fletschte seine großen weißen Zähne. »Ich bin überzeugt, weder Sie noch ich können je hoffen zu begreifen, welch rasiermesserscharfe Instinkte jemand mit Kates Ausbildung zur Perfektion geschliffen hat.«
    Kate vermied es, ihn ein weiteres Mal daran zu erinnern, daß sie fast ihre gesamten Jahre beim FBI an einem Schreibtisch in der Behavioral Sciences Unit im National Center for Analysis of Violent Crime zugebracht hatte. Sie dachte lieber nicht daran, wie lange ihre Tage im Außendienst schon zurücklagen.
    »Die Bürgermeisterin möchte Ihnen sicher einen Preis verleihen«, sagte Sabin begeistert, wohlwissend, daß er beim Fototermin dabeisein würde.
    Publicity war das letzte, was Kate wollte. Als Zeugenbetreuerin war es ihre Aufgabe, Verbrechensopfern und Zeugen die Hand zu halten, sie durch das Justizsystem zu führen, sie zu beschwichtigen. Die Vorstellung, daß ein Betreuer von den Medienhunden gehetzt wurde, würde wahrscheinlich einige ihrer Klienten verschrecken.
    »Mir wäre es lieber, wenn sie das nicht täte. Ich glaube, daß das für
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