Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale
Autoren: Tami Hoag
Vom Netzwerk:
sich, ihre Füße weiterzubewegen.
    Lauf-lauf-lauf-lauf-lauf.
    »Keine Bewegung! Polizei!«
    Der Streifenwagen am Randstein wippte noch. Die Tür war offen. Der Polizist stand mit gezogener Pistole auf der Straße und zielte direkt auf sie.
    »Hilfe!«
    Die Worte kratzten in ihrem Hals.
    »Hilfe!« keuchte sie. Tränen trübten ihre Sicht.
    Ihre Beine krümmten sich unter dem Gewicht ihres
    Körpers und der Last ihrer Angst und der Bürde ihres Herzens, das wie ein riesiges angeschwollenes Wesen in ihrer Brust hämmerte.
    Der Polizist war sofort bei ihr, steckte die Pistole ins Halfter und ging in die Knie, um ihr zu helfen. Muß ein Anfänger sein, dachte sie benommen. Sie kannte Vierzehnjährige mit besserem Instinkt für die Straße. Sie hätte seine Waffe schnappen können. Wenn sie ein Messer gehabt hätte, hätte sie sich aufrichten und ihn erstechen können.
    Er zog sie sanft an den Schultern hoch. Sirenen heulten in der Ferne.
    »Was ist passiert? Bist du okay?« fragte er. Er hatte ein Gesicht wie ein Engel.
    »Ich hab ihn gesehen«, sagte sie zitternd, Galle drängte sich in ihrer Kehle nach oben. »Ich war da. Oh – Gott. Oh – Scheiße. Ich hab ihn gesehen!«
    »Wen gesehen?«
    »Den Feuerbestatter.«

KAPITEL 2
    »Warum bin ich nur immer diejenige, die zur falschen Zeit am falschen Ort ist?« murmelte Kate Conlan vor sich hin.
    Der erste Tag nach ihrer Rückkehr von dem, was ein Urlaub hätte sein sollen – eine von Schuldgefühlen veranlaßte Fahrt zu ihren Eltern in den Vergnügungspark der Hölle (Las Vegas). Sie kam zu spät zur Arbeit, hatte Kopfschmerzen, wollte einen gewissen Sergeant für Sexualdelikte erwürgen, weil er einen ihrer Klienten verängstigt hatte – ein Schlamassel, für das sie beim Staatsanwalt geradestehen mußte. All das sowie der modische Blockabsatz ihres nagelneuen Wildlederpumps waren aus den Fugen geraten.
    Und jetzt das.
    Sonst hatte anscheinend keiner bemerkt, wie er am Rand des weitläufigen Atriums im Hennepin County Government Center wie eine nervöse Katze herumstrich. Kate schätzte den Mann auf Ende dreißig, nur wenige Zentimeter größer als ihre eigenen ein Meter fünfundsiebzig, mittlere bis schlanke Figur. Bis zum Zerreißen gespannt.
    Wahrscheinlich hatte er vor kurzem irgendeinen persönlichen oder emotionellen Schlag erlitten – seine Freundin oder seinen Job verloren. Er war entweder geschieden oder lebte getrennt; er lebte allein, war aber nicht obdachlos. Seine Kleidung war zerknittert, aber nicht vom Flohmarkt, und seine Schuhe sahen zu gut aus für einen Obdachlosen. Er schwitzte wie ein fetter Mann in der Sauna, behielt aber seinen Mantel an, während er immer wieder um die neue Skulptur kreiste, die die Halle verschandelte. Er murmelte vor sich hin, eine Hand umklammerte das offene Vorderteil seiner schweren Segeltuch Jacke. Die Jacke eines Jägers. Sein innerer Streß verkrampfte seine Gesichtsmuskeln.
    Kate streifte ihren Schuh mit dem lockeren Absatz ab und stieg aus dem anderen, ließ dabei den Kerl aber keine Sekunde aus den Augen. Sie steckte eine Hand in ihre Handtasche und holte ihr Handy hervor. Im selben Augenblick erweckte der Typ das Interesse einer Frau, die zwanzig Meter entfernt am Informationsschalter arbeitete.
    Verdammt.
    Kate richtete sich langsam auf, drückte den Knopf für Schnellwahl. Es war nicht möglich, die Sicherheitsleute von einem externen Telefon anzurufen. Der nächste Wachmann stand am anderen Ende des Atriums und unterhielt sich lachend mit dem Postboten. Die Informationsdame ging auf den Typen zu, den Kopf zur Seite gelegt.
    Verflucht noch mal.
    Das Bürotelefon klingelte einmal… zweimal. Kate
    bewegte sich jetzt langsam vorwärts, das Telefon in einer Hand, den Schuh in der anderen.
    »Kann ich Ihnen helfen, Sir?« sagte die Informationsdame, die noch dreieinhalb Meter entfernt war. Blut würde ihre elfenbeinfarbene Seidenbluse ein für allemal ruinieren.
    Der Typ schnellte herum.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte die Frau noch einmal.
    … viertes Klingeln …
    Eine Latinofrau mit einem Kleinkind im Schlepptau durchschnitt die Entfernung zwischen Kate und dem Typen. Kate glaubte zu sehen, wie das Zittern begann – sein Körper kämpfte darum, die Wut oder die Verzweiflung oder was immer ihn da bei lebendigem Leib auffraß, in Zaum zu halten.
    … fünftes Klingeln. …
    »Hennepin County Staatsanwaltsbüro!«
    »Verflucht!«
    Die Bewegung war unverkennbar – das Spreizen der
    Beine, der Griff in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher