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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer
Autoren: Sara Paretsky
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Risiken ein - du wirst doch nicht behaupten, dass du nicht diesen Adrenalinkick kennst, wenn man sich aufs Eis wagt.« Ich tastete unwillkürlich nach meinem Kopfverband. »Adrenalinkick? Vielleicht geht mir das ab. Ich gehe Risiken ein, um meine Aufträge zu erledigen - ich nehme keine Aufträge an, um Risiken eingehen zu können.«
    Sie wandte das Gesicht ab, ungeduldig oder beschämt - ich würde ihre Denkweise nie begreifen können.
    »Was war mit diesem Privattreffen mit Buffalo Bill?«, fragte ich. »Hat er seine ganzen schmutzigen Geschäftspraktiken offenbart?«
    »Nicht so wortreich. Aber nach ein paar bewundernden Bemerkungen meinerseits hat er mehr preisgegeben, als ihm bewusst war. Ich würde sagen, der Mann ist ziemlich paranoid, nicht krankhaft, aber genug, um die Welt permanent als Feind zu betrachten -was gewiss das Motiv hinter seiner Erfolgsstory ist. Mit viel >hnnh, hnnh< hat er zum Beispiel erzählt, dass es nötig ist, Müll auf den Parkplätzen von kleineren Läden zu deponieren, um die Kunden davon zu überzeugen, dass es smart ist, bei By-Smart zu kaufen.«
    »Du hast also eine schöne Story«, sagte ich höflich.
    Sie lächelte matt. »Nicht schlecht jedenfalls, auch wenn ich mich nicht mehr an den Höhepunkt erinnern kann. Bis auf den armen Bron. Er war so gierig, dass er einfach nicht auf die Idee kam, es könnte eine fette Dynamitstange in der Möhre stecken, mit der sie vor seiner Nase gewedelt haben.«
    »>Gierig< finde ich nicht das richtige Wort«, widersprach ich. »Er suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, seiner Tochter zu helfen, und war deshalb bereit, über die mögliche Gefahr hinwegzusehen.«
    »Mag sein, mag sein.« Marcena wurde zusehends blasser, sie senkte ihr Bett ab und schloss die Augen. »Tut mir leid, bin völlig groggy, ich schlafe ständig ein.« »Wenn du rauskommst, wirst du dich schnell erholen«, sagte ich. »Im Handumdrehen bist du wieder in Fallujah oder Kigali oder wo es grade ein Kriegsgebiet gibt.« »Hnnh«, murmelte sie. »Hnnh, hnnh.«
    Als ich wieder im Wagen saß, brachte ich kaum die Energie auf loszufahren. »Prüde« hatte sie mich genannt. War ich das wirklich? Neben Marcena kam ich mir wie irgendein massiges, schwerfälliges Wesen vor, ein Rhinozeros etwa, das versuchte, um einen Greyhound herumzutänzeln. Ich hatte gute Lust, nach Hause zu fahren und den Rest des Tages im Bett zu verbringen, Football zu schauen und mich und meinen misshandelten Leib ausgiebig zu bemitleiden. Aber als ich heimkam, war Mr. Contreras schon startklar zum Aufbruch. Er hatte eine große Kasserolle mit Süßkartoffelauflauf nach dem Rezept seiner Frau gekocht und verpackt, die Hunde gestriegelt, bis ihr Fell schimmerte, und ihnen orange Schleifchen um den Hals gebunden - Max hatte gesagt, er dürfe die Hunde mitbringen, wenn sie sich anständig benähmen und ich bereit wäre, die Verantwortung für etwaige Verwüstungen im Garten zu übernehmen.
    Abends, als wir viel zu viel gegessen hatten, wie es an solchen Tagen üblich ist, und ich mit den Hunden in den Garten ging, kam Morrell herausgehinkt. Er konnte jetzt manchmal schon ein Weilchen ohne Stock gehen, ein gutes Zeichen. Da wir den ganzen Tag in Gesellschaft gewesen waren und ich das Football-Spiel angeschaut hatte, während Morrell sich mit Marcenas Vater über Politik unterhielt, waren wir noch keine Minute alleine gewesen. Es wurde schon dunkel, aber der Garten war von einer hohen Mauer umgeben, die einen vor den heftigsten Winden vom See schützte. Wir setzten uns unter das Spalier, an dem noch ein paar späte Rosen blühten und einen schwachen süßen Duft verströmten. Ich warf Stöckchen für die Hunde, um Mitch vom Buddeln abzuhalten.
    »Ich war eifersüchtig auf Marcena.« Ich wunderte mich, dass ich imstande war, das auszusprechen.
    »Ich möchte dir ja nicht zu nahe treten, Liebste, aber ein sibirischer Tiger im Wohnzimmer ist weniger durchschaubar als du.«
    »Sie hat so viel geleistet und sich so oft in Gefahr begeben.«
    Morrell sah mich bestürzt an. »Victoria, wenn du dich noch öfter in Gefahr begeben hättest, wärst du vermutlich längst tot, bevor wir uns überhaupt kennen gelernt hätten.
    Was willst du? Fallschirmspringen ohne Fallschirm? Den Mount Everest ohne Sauerstoffvorrat besteigen?«
    »Unabhängigkeit«, antwortete ich. »Ich handle, weil Menschen mich brauchen oder ich das zumindest glaube - Billy, Mary Ann, die Dorrados. Marcena handelt aus Abenteuerlust. Wir sind von einem ganz
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