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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer
Autoren: Sara Paretsky
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Prolog
    Als der orangerote Blitz aufflammte, befand ich mich auf halber Höhe der Böschung. Ich ließ mich zu Boden fallen und schützte den Kopf mit den Armen. Der Schmerz, der mir in die Schulter fuhr, war so schlimm, dass mir die Luft wegblieb. Da lag ich nun mit dem Gesicht in Adlerfarn und irgendwelchem Müll und hechelte mit glasigen Augen wie ein Hund, bis der Schmerz so weit nachließ, dass ich mich rühren konnte. Auf allen vieren kroch ich von den Flammen weg, dann richtete ich mich halb auf und saß eine Weile ganz still. Atmete tief und langsam, um den Schmerz wegzudrängen. Schließlich berührte ich behutsam die linke Schulter. Etwas Längliches, ein Stück Metall oder Glas vom Fenster, das herausgeschossen war wie ein Pfeil. Ich versuchte, daran zu ziehen, worauf mich eine heftige Schmerzwelle erfasste und mir fast schwarz vor Augen wurde. Ich beugte mich vor und legte den Kopf auf die Knie. Als die Welle nachließ, schaute ich zu der Fabrik hinüber. Aus dem explodierten Fenster an der Rückseite loderte ein Feuer, eine blaurote Wand, so massiv, dass ich keine einzelnen Flammen unterscheiden konnte, nur glühende Farben. Dort waren Stoffballen gelagert, die natürlich gut brannten.
    Frank Zamar. Der fiel mir nun schlagartig ein. Wo hatte er sich während der Explosion aufgehalten? Ich rappelte mich mühsam auf und stolperte los. An der Tür zerrte ich meine Dietriche raus und versuchte, das Schloss aufzukriegen, während mir vor Schmerz die Tränen übers Gesicht liefen. Erst beim dritten vergeblichen Versuch fiel mir mein Handy ein. Ich holte es aus der Tasche und rief die Feuerwehr an.
    Dann mühte ich mich weiter mit dem Schloss ab, wobei ich die dünnen Metallstäbe kaum handhaben konnte. Ich versuchte, die linke Hand wenigstens zum Stützen zu benutzen, aber es gelang mir nicht, die Dinger ruhig zu halten.
    Mit diesem Brand hatte ich nicht gerechnet - ich hatte mit gar nichts gerechnet, als ich hierherkam. Eigentlich war ich auf dem Heimweg nur bei Fly the Flag vorbeigefahren, weil mir irgendwas keine Ruhe ließ. Ich war schon auf der Route 41, als ich spontan beschloss, der Fabrik noch einen Besuch abzustatten. Ich wendete, fuhr auf die Escanaba und fädelte mich durch das Gewirr kleiner Straßen zur South Chicago Avenue durch. Als ich bei Fly the Flag vorbeikam, war es sechs Uhr und schon dunkel, doch auf dem Parkplatz standen noch ein paar Autos. Leute sah ich keine, aber in dieser Gegend geht selten einer zu Fuß; nur ein paar Wagen waren unterwegs, Einheimische, die in den wenigen hier verbliebenen Fabriken arbeiteten und zur nächsten Bar oder sogar nach Hause fuhren.
    Ich parkte den Mustang in einer Seitenstraße und hoffte, dass ihn keiner aus Lust und Laune zerdeppern würde. Handy und Brieftasche verstaute ich in meinen Manteltaschen, dann holte ich die Dietriche aus dem Handschuhfach und schloss meine Tasche im Kofferraum ein.
    Es war ein kalter, düsterer Novemberabend, was mir zugute kam, als ich die steile Böschung hinter der Fabrik hochkraxelte. Auf dieser Anhöhe verläuft die Mautstraße, oberhalb meines alten Wohnviertels. Das Dröhnen der Autos auf dem Skyway übertönte sämtliche Geräusche, die ich verursachte - inklusive dem unterdrückten Aufschrei, als ich mit einem Fuß in einem Autoreifen hängen blieb und unsanft zu Boden ging.
    Von meinem Aussichtspunkt unter der Brücke konnte ich nur die Rückfront und den seitlichen Hof der Fabrik sehen. Als um sieben die Schicht zu Ende war, sichtete ich schattenhafte Gestalten, die zur Bushaltestelle tappten, und ein paar Autos, die über die unebene Zufährt zur Straße holperten.
    Die Lichter an der Nordseite waren noch an, und auch aus einem der Kellerfenster auf meiner Seite drang ein fahler Lichtschein. Wenn Frank Zamar sich noch auf dem Gelände aufhielt, konnte er mit allem Möglichen beschäftigt sein, von Lagerbestände checken bis tote Ratten in der Lüftung deponieren. Ich beschloss, den Müll an der Böschung nach einer Kiste zu durchforsten, auf die ich vielleicht steigen konnte, um durch das Fenster an der Rückseite zu spähen. Auf halber Höhe des Abhangs stöberte ich in dem Schutt herum, als besagtes Fenster kurz dunkel wurde und dann grellrot aufloderte.
    Als ich jetzt die Sirenen auf der South Chicago Avenue hörte, fummelte ich immer noch an dem Schloss herum. Zwei Spritzenwagen, ein Kommandowagen und eine ganze Phalanx von Streifenwagen kamen auf den Parkplatz gerast.
    Schlagartig war ich umgeben von
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