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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer
Autoren: Sara Paretsky
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gelungen, die beiden zum Mitkommen zu überreden. Rose Dorrado dagegen hatte offenbar nicht lange gefackelt und ihre Tochter gezwungen, mit nach Hause zu kommen und wieder zur Schule zu gehen.
    Amy schilderte mir die Begegnung zwischen Mutter und Tochter, die - wie zu erwarten - ebenso von Wut wie von Freude geprägt war (»Du warst hier, keine drei Kilometer entfernt, sauber, gut versorgt und in Sicherheit, und ich habe nächtelang vor Sorge nicht geschlafen!«).
    Billy war zutiefst verstört über das Verhalten seines Vaters und blieb bei Mary Ann. Er hatte seine Großmutter angerufen und auch kurz mit seiner Mutter gesprochen, aber er wollte um keinen Preis nach Hause zurückkehren. Zu Pastor Andres wollte er auch nicht mehr. Er fand, der Pastor trage auch Schuld an Frank Zamars Tod, weil er den Fabrikbesitzer wegen des Vertrags mit By-Smart unter Druck gesetzt hatte. Doch in erster Linie blieb Billy bei Mary Ann, weil er nicht mehr die Kraft hatte, ein weiteres Mal das Asyl zu wechseln. Er war beim Pastor untergekommen und bei Josie und zuletzt bei Mary Ann, und das alles innerhalb von zehn Tagen. Er war zu verwirrt, um sich auf einen neuen Ort einzulassen - und meine einstige Trainerin hatte ihn gerne um sich. Da er sich jetzt nicht mehr verstecken musste, führte er drei- bis viermal am Tag den Dackel spazieren und stürzte sich mit Feuereifer auf den Lateinunterricht, den Mary Ann ihm angedeihen ließ. Die starren Regeln dieser Sprache und die komplexe Grammatik schienen eine Wohltat für ihn zu sein, ein Hort der Ruhe und Ordnung. Am Dienstag, in Lottys Wohnung, bemühte er sich, mir zu erklären, warum er mit seiner Familie momentan nichts zu tun haben wollte. »Ich liebe sie alle, Dad vielleicht nicht, ich finde es schwer, ihm zu vergeben, dass er Aprils Vater und Mr. Zamar umgebracht hat. Und selbst wenn Freddy und Bron diejenigen waren, die an dem Brand schuld waren, glaube ich, dass es nur wegen Tante Jacqui und - und Dad passiert ist, dass Mr. Zamar gestorben ist. Ich liebe sogar meine Mam und natürlich meine Großeltern, das sind prima Menschen, wirklich, aber - aber ich finde, sie denken nicht weit genug.«
    Er vergrub seine Hände in Peppys Fell und sprach weiter -eher zu ihr als zu mir. »Es ist komisch, sie haben so eine große Vision, dass die Firma ein internationaler Gigant werden soll, aber die einzigen Leute, die sie als - als menschlich anerkennen, sind sie selbst. Sie begreifen nicht, dass Josie ebenso eine vollwertige Person ist und ihre Familie und alle Leute, die da in South Chicago arbeiten. Wer nicht als Bysen auf die Welt kommt, zählt nicht. Und wenn sie Bysens sind, können sie sich alles rausnehmen, weil sie zur Familie gehören. Wie Großmutter, die Abtreibung total ablehnt - sie spendet Unsummen an irgendwelche Antiabtreibungsgruppen -, aber als Candy schwanger wurde, hat Großmutter sie in eine Klinik schaffen lassen. Sie waren wütend auf Candy, aber Großmutter hat dafür gesorgt, dass sie eine Abtreibung kriegt, die Josie niemals bekommen würde - nicht dass sie schwanger ist.« Sein Gesicht lief dunkelrot an. »Wir - wir haben auf Sie gehört, ich meine, wegen - na ja, vorsichtig sein -, aber das ist nur ein Beispiel für die Art, wie meine Familie sich benimmt.« »Dein Großvater möchte mit dir sprechen. Wenn wir das Ge sprach in meinem Büro abhielten - würdest du dann kommen?«
    Billy kraulte nervös Peppys Hals. »Ich denke schon. Ich denke schon.«
    Deshalb begab ich mich zum Missfallen von Lotty am Tag vor Thanksgiving in mein Büro, um mich mit Bysen und seiner Entourage zu treffen. An diesem Tag hielten sich dort so viele Leute auf, dass ich zur Abwechslung froh war über die weitläufigen Räume. Billys Mutter und seine Großeltern waren da, Onkel Roger, der Familienanwalt Linus Rankin und Jacquis Mann, Onkel Gary. Und Mildred selbstredend, die goldene Mappe im Anschlag.
    Meiner Mannschaft gehörten Morrell und Amy Blount an, ferner Mr. Contreras, der darauf bestanden hatte, an dem Treffen teilzunehmen - »nur für den Fall, dass diese Bysens sogar am helllichten Tag irgendwas Böses mit Ihnen anstellen wollen; denen trau ich alles zu« -, in Gesellschaft der Hunde. Auch Marcenas Eltern hatten sich eingefunden, weil sie wissen wollten, wer die Personen waren, die ihre Tochter beinahe umgebracht hatten. Ich musste mir aus dem Atelier meiner Mitmieterin fünf Stühle ausborgen, damit alle sitzen konnten.
    Billy ließ sich trotzig neben Peppy in der Mitte nieder,
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