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Feueratem

Feueratem

Titel: Feueratem
Autoren: Tanja Kinkel
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an.
    „Ja, ich fürchte, als Rester vom Clan Kapade kannst du dich jetzt nicht mehr ausgeben. Mach dir nichts draus. Wenigstens kennt man dich nicht als …“
    „Sani, du Nichtsnutz, wo bleiben meine Angelschnüre?“, brüllte jemand, und Teres stellte fest, dass Lachen ansteckend sein konnte. Ihre Tante traf neben ihr ein und erwiderte Sanis Gruß sehr steif, während sie dem Bootsbesitzer dafür dankte, dass er ihre Nichte aus dem Wasser gefischt hatte.
    „Nun komm schon“, sagte sie zu Teres. „Es besteht kein Anlass, hier weiter herumzutrödeln.“
    Sie konnte schlecht zugeben, dass sie sich noch etwas mit dem Jungen unterhalten wollte, also sagte sie: „Es gibt hier aber etwas, das ich kaufen möchte.“
    „Und was kann das sein?“, schnaubte Turini verächtlich. „Fischnetze auf den Bergen sind so nützlich wie Seidenschuhe auf dem Eis!“
    Teres’ Wangen brannten. Vor einem Fremden als dummes Ding dazustehen, war demütigend. Aber der Junge kam ihr zu Hilfe.
    „Wir haben auch Kescher, um damit Vögel zu fangen. Und man kann die größeren Netze als Hängematten nutzen“, sagte er höflich.
    Teres wusste nicht, was eine Hängematte sein sollte, und sie war bereit, zu wetten, dass auch Turini keine Ahnung hatte, aber ihre Tante konnte das nicht zugeben und rümpfte nur die Nase. Dafür erkannte der Händler sofort die Gelegenheit, die sich ihm bot.
    „Gewiss kann man das! In meinen Hängematten schlummert Alt und Jung friedlich, und man kann sie überall aufhängen, wo es zwei Pfosten gibt, ob in einer Burg oder in einem Boot!“
    Die Vorstellung, in einem Netz zu schlafen und in der Luft zu hängen, erschien Teres so fremdartig und bezaubernd wie alles auf diesem Markt, aber sie wusste, dass sie ihrer Tante vernünftigere Gründe bieten musste.
    „Wir werden ohnehin ein neues Bett brauchen, wenn Anis’ Kind auf der Welt ist“, sagte sie daher.
    „Aber ganz gewiss keine Fischnetze“, sagte Turini und zog Teres fort, ehe diese noch einen letzten Blick auf den Jungen mit den strahlend blauen Augen werfen konnte. Doch als sie am Abend mit ihren Einkäufen und dem vollbeladenen Wagen, der von einem Esel gezogen wurde, im Burghof ankamen, stellte sich heraus, dass ein Bündel zuviel dort verstaut war; ein großes Netz, das man zwischen zwei Pfosten aufhängen konnte.
    „Es muss versehentlich dort hineingeraten sein“, wunderte sich Turini. „Wir werden es zurückbringen müssen.“
    Guso, der ihnen beim Ausladen half, schüttelte den Kopf. „Dem Clan Soschun etwas zurückgeben? Das kannst du nicht ernst meinen!“ Er musterte das Bündel. „Hier, Mädchen, für dich – als Beweis für die Dummheit dieses Clans.“
    Teres nahm das Netz so gleichgültig wie möglich entgegen, aber ihr Herz pochte. Sie war überzeugt davon, dass es sich um ein Geschenk des Jungen vom Clan Soschun handelte, das er irgendwie auf ihren Wagen geschmuggelt hatte, und hütete es von nun an wie einen Schatz.
    ***
    In den folgenden Wochen benahm sich Teres musterhaft. Sie hörte ihre Mutter zum Vater sagen, dass der Wildfang nun endlich Vernunft gelernt hätte, und lächelte unschuldig. Tatsächlich erlaubte man ihr, den nächsten Flussmarkt zu besuchen. Diesmal lief sie an der Grenze vorbei, als würden dort einfach nur ein paar Steine zufällig in einer geraden Linie liegen, und fand Sani sofort wieder. Sie gab ihm einen der Bergkristalle, den sie heimlich mitgenommen hatte.
    „Als Dank“, sagte sie hastig und fügte hinzu, die Hängematte habe ihr wirklich gute Dienste geleistet.
    Er musterte sie und hielt dann den Kristall bewundernd hoch. „Ich wusste nicht“, sagte er langsam, „dass alles, was von den Bergen kommt, schön ist.“
    ***
    Sani wurde ihre erste Liebe. Vom Clan Soschun sprach man in ihrer Familie nur mit gerunzelter Miene, doch das lag daran, dachte Teres, dass keiner der anderen ihren Sani kannte. Bald traf sie sich mit ihm auch jenseits der Markttage am Fluss. Er übte mit ihr das Gleiten auf Holzschilden und war so gut darin, dass sie sich gewundert hätte, warum er je gestürzt war, wenn sie nicht so vernarrt in ihn gewesen wäre. Außerdem hatte er ein kleines Boot, in dem sie oft saßen und Fische fingen, was, wie er erzählte, der Vorwand für seine Familie war, um den Fluss zu besuchen.
    Teres und Sani waren sich beide einig, dass all die Feindseligkeit zwischen den Clans unsinnig war und gewiss verschwinden würde, wenn die jüngeren Clanmitglieder das Sagen hätten, nicht die
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