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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Passagierschiffe versenken, so viele sie wollten, aber diese fanatischen Gotteskrieger begannen allmählich, redlichen Kleinkriminellen wie ihm das Geschäft zu verderben!), sondern einen Umweg durch eine der besseren Wohngegenden am Stadtrand zu machen. Polizeistreifen gab es auch hier, vermutlich sogar mehr als irgendwo in der Südstadt oder im Zentrum, aber der Aston Martin fiel hier eindeutig weniger auf. So weit zu dem, was die Stimme gesagt hatte. Den Rest hatte er selbst erledigt. Zuerst hatte er sich kräftig verfahren, und dann war er an dieser Ruine vorbeigekommen und hatte eine Sekunde zu lang auf die brandgeschwärzten Mauern aus verkohlten Balken gestarrt. Vor einer Woche hatte er auf einem lokalen Fernsehsender einen Bericht über den Brand gesehen, und bei dem Anblick der Ruine hatte er für einen ganz kurzen Moment so etwas wie eine gehässige Befriedigung verspürt und gedacht, dass offenbar auch die Reichen und Schönen nicht vor Schicksalsschlägen gefeit waren. Zumindest war etwas an dem alten Spruch dran, dass der liebe Gott kleine Sünden sofort bestraft. Die Strafe für seine Schadenfreude jedenfalls folgte auf dem Fuß, und sie erschien in Form eines vielleicht zwölf- oder auch dreizehnjährigen Jungen, der wie aus dem Nichts zwischen zwei parkenden Wagen auftauchte und ihm direkt vor die Kühlerhaube rannte.
    Will verscheuchte den Gedanken. Wenn er irgendwie heil aus dieser Geschichte herauskommen sollte, dann hatte er noch Zeit genug, sich selbst Leid zu tun. »Bitte, Kleiner!«, rief er. »Ich will doch nur sicher sein, dass dir nichts passiert ist.« Nichts passiert? Der Aufprall hatte sich angehört, als hätte er dem Jungen sämtliche Knochen im Leib gebrochen, und er war mindestens drei oder vier Meter weit durch die Luft geflogen, ehe er auf dem Straßenpflaster aufschlug. Er war verletzt. Garantiert. »Ich mache dir keinen Vorwurf, und ich sage auch deinen Eltern nichts. Ganz bestimmt!«
    Diesmal bekam er eine Antwort, wenn auch nicht unbedingt die, die er sich erhofft hatte. Irgendwo hinter einer der Türen auf der anderen Seite des Kellers platschte es erneut, dann erklang ein lang anhaltendes Poltern und Kollern; ein Geräusch, das sich ganz so anhörte, als ob jemand über einen Berg von Trümmern zu klettern versuchte, der immer wieder unter ihm wegrutschte. Will vergaß jede Vorsicht und stürmte in die Richtung der Geräusche los, die er gehört hatte. Die erste Tür, die er aufriss, erwies sich als Niete: Der Raum dahinter war winzig, kaum mehr als ein Alkoven, und schien einmal als Wandschrank gedient zu haben. Irgendetwas Kleines sprang erschrocken unter den Trümmern hervor und verschwand mit einem Platschen im Wasser, bevor er es erkennen konnte.
    »Also gut«, murmelte er. »Dann wähle ich Tor zwei. Hoffen wir, dass dahinter nicht auch noch ein Zonk ist.«
    Vorsichtiger geworden, öffnete er die nächste Tür weit langsamer und wurde mit einem Schwall feuchtwarmer Luft belohnt, der ihm entgegenschlug. Dieser Raum war weit größer als der erste und vollkommen leer. Zwei von dreien, also gut. Wenigstens wusste er jetzt, wo der Junge war. Wenn er noch da war.
    »Jetzt komm endlich raus, verdammte Kröte«, murmelte er, vorsichtshalber allerdings so leise, dass seine Worte auf der anderen Seite der letzten verbliebenen Tür nicht gehört werden konnten. »Du bewegst dich hart am Rand einer Tracht Prügel, ist dir das eigentlich klar?«
    Die dritte Tür war eine Überraschung – selbstverständlich eine unangenehme. Sie führte nicht unmittelbar in einen weiteren Kellerraum, sondern in einen kurzen Gewölbegang, der nach vier oder fünf Schritten in grauem Zwielicht und dem Schimmern von schwarzem Wasser mündete. »Ich weiß, dass du hier bist!«, rief Will. »Jetzt komm raus. Ich finde dich ja doch!«
    Diesmal antworteten weder ein Platschen noch das Geräusch von kollernden Steinen auf seine Worte. Entweder der Kleine war längst über alle Berge, oder er wollte das Spiel tatsächlich bis zum bitteren Ende spielen. So oder so, er arbeitete an einer Abreibung, ganz eindeutig.
    Will zog die Tür weiter auf, machte einen zögernden Schritt in den niedrigen Gang hinein und blieb wieder stehen, um zu lauschen. Nichts. Er überlegte einen Moment und ging dann zur Tür zurück. Ein flüchtiges Grinsen huschte über sein Gesicht, als er sah, dass es einen Riegel auf der Innenseite gab, und es wurde noch deutlich breiter, als er ihn zuschob und dazu unerwartet viel Kraft
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