Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer fuer den Grossen Drachen

Titel: Feuer fuer den Grossen Drachen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
wo bleiben dann die, die am Nachher verdienen?»
    Sie kamen zur Adalbertstraße, und vor dem Haus, in dem die Önals gewohnt hatten und das jetzt total ausgebrannt war, standen deren Habseligkeiten – Trödel zumeist, vom Löschwasser befleckt und bei den Rettungsarbeiten erheblich zu Schaden gekommen: Tische, Stühle, Schränke, Sitzmöbel. Ein Bild, wie es alte Kreuzberger von den Luftangriffen des Zweiten Weltkrieges her kannten.
    Tuğrul kam und nahm Hanna in die Arme, filmpathetisch und lange, den anderen seine Besitzergreifung signalisierend, aber nicht nur in der Rolle des strahlenden Siegers, sondern zugleich auch in der eines Menschen, der, mühselig und beladen, Zuflucht sucht.
    Q-Müller knüpfte die Plane vom Transporter los und trieb die anderen zur Eile an. Während sie die Önalsche Habe aufluden, berichtete Tuğrul, was die Türken so in Rage versetzt hatte: Kunze, der Kripomann, für sie Mehmets Mörder, war wieder im Dienst gesehen worden. «Das ist nun wirklich eine ungeheure Provokation. Dazu der Versuch, unsere Leute im Knast zu vergiften… Ismail! Und die meisten sind doch wirklich unschuldig da drin!»
    «Und was ist mit Kochale?» Q-Müller, einen Sessel vor sich her schleppend, versperrte Tuğrul den Weg.
    «Weiß ich doch nicht!»
    Schweigend luden sie die letzten Sachen auf, immer wieder von vorbeihastenden Türken gestört, die ihr Tun offenbar wenig freundlich kommentierten.
    Hanna spürte, daß es nur Tugruls scharfe Zurufe waren, die den einen oder anderen daran hinderten, sich auf die beiden Deutschen zu stürzen, die beiden Männer. Sie selber fühlte sich in Tugruls Nähe sicher, wurde schon, so schien es, als Mitglied seiner Familie anerkannt und akzeptiert ( – als ‹Beute-Türkin›, wie Q-Müller später sagen sollte).
    Es hatte in der BILD-Zeitung gestanden, mit Bild von ihr : Junger Türke rettet deutsche Freundin (wobei der Eindruck erweckt worden war, das Feuer hätte sie gerade in der Orgasmusphase ihres höchst exotischen Liebesspiels überrascht). Da plötzlich hatten ihre Leute aus Jever angerufen, und sie mußte sie minutenlang beruhigen: Nicht im Bett seien sie überrascht worden – sie sei ja lediglich als Forscherin dagewesen –, sondern am Abendbrottisch, beim Ausfüllen eines Fragebogens. Ohne Tuğrul aber läge sie jetzt im Leichenschauhaus, total verkohlt – ob ihnen das lieber wäre… Tuğrul – ihr Lebensretter? Sie war ihm nur hinterhergelaufen, auf den Dachboden hinauf und dann, einen Mauerdurchbruch aus Weltkriegszeiten nutzend, ins Nebenhaus gefolgt.
    Sie riß sich ins Hier und Heute zurück und trug Frau Önals Brotmaschine zum Transporter, wo Herbert und Q-Müller wieder mal begonnen hatten, sich ideologisch anzufauchen.
    «Anarchismus hat immer was Gutes», sagte Herbert; «die Aufhebung der Herrschaft des Menschen über den Menschen zu fordern ist immer was Nützliches, und das Primat des einzelnen gegenüber Staat und Bürokratie durchzusetzen ist einfach überlebensnotwendig.»
    «Quatsch!» Q-Müller schmiß die ihm zugereichte Brotmaschine auf einen der angesengten Sessel. «Bei immer knapper werdenden Ressourcen und unheimlich großer menschlicher Aggressivität muß man sich im Gegenteil neue Steuerungsinstrumente ausdenken, damit wir alle als Weltgesellschaft…»
    Weiter kam er nicht, denn gleich nebenan am Mariannenplatz detonierte ein Sprengkörper. Sekunden absoluter Stille, dann rasten Polizeifahrzeuge heran, Löschzüge der Feuerwehr. Sie glaubten, auch Schüsse zu hören, doch die Martinshörner lärmten derart, daß das nicht sicher war.
    Das letzte Gerümpel flog auf den Wagen.
    Q-Müller wollte gerade die Plane herablassen, da stürzten mehrere Türken aus dem gegenüberliegenden Hausflur, Brechstangen in den Händen, Messer, Revolver. Von überall her kamen sie plötzlich, ein Dutzend sicherlich.
    Die drei Deutschen im Kessel. Kesselschlachtpanik.
    Herbert, der oben auf dem Wagen stand, erstarrte. Q-Müller, durchtrainiert wie er war, hätte wohl fortlaufen können, doch nach einer ruckartigen Startbewegung brach er ab und sprang auf den Transporter hinauf, Herbert in die Arme. Vielleicht der besseren Verteidigungsmöglichkeiten wegen, die es hier oben gab – Stuhlbeine! –, vielleicht aber auch, um die anderen nicht im Stich zu lassen.
    Hanna schien jede Gegenwehr idiotisch, denn wenn sie noch eine Chance hatten, dann die, mit dem Wagen durchzubrechen. Sie sprang ins Führerhaus und ließ den Motor aufheulen – um eine Idee
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher