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Feuer fuer den Grossen Drachen

Titel: Feuer fuer den Grossen Drachen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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kurzes Klopfen auf den Tisch.
    Ehe er hinauseilte, noch ein paar zu Hanna geflüsterte Worte, begleitet von einem schnellen Blick in Richtung Kochale: «Hat er schon was gemerkt von…?»
    «Nein.»
    Schön war er draußen, rein ins Auto. Der ehemalige Innensenator sprach auf einer Abteilungsversammlung in Tempelhof, den mußte er noch abfangen.
    Hanna war zunächst befangen, verhaspelte sich Mal um Mal, kam aber langsam an die Rolle, wie Q-Müller das nannte.
    Widerruf der bedingten Entlassung (§ 56f StGB), was dagegen tun? – Übernahme der Behandlungskosten bei Drogentherapie nach § 72 BSHG, ja oder nein? – Mein Hauswirt will mich rausschmeißen, seit er weiß, daß ich im Knast war. – Meine Frau sorgt dafür, daß ich meine Kinder nicht mehr sehen kann. Was kann ich dagegen tun? – Und so weiter und so weiter.
    Nach anderthalb Stunden war Hanna fix und fertig, ging auf die Toilette, schloß sich ein und ließ sich kaltes Wasser über Gesicht und Arme laufen. Sie brauchte lange, um wieder einigermaßen klar zu sein. Die Kopfschmerzen blieben und ein leichtes Schwanken, der Kreislauf.
    Doch Kochale klopfte schon. Theo und er hatten den gröbsten Schmutz beiseite geschafft, Zigarettenschachteln, Asche, Kippen, Cola-Büchsen, und wollten nun so schnell wie möglich fort.
    «Tempo, mach mal ‘n bißchen!»
    Sie fuhren die Reichenberger Straße hinauf, trieben auf ihrer unnützen Boulevardbreite dahin, abgespannt und schläfrig, den weiten Weg nach Schlachtensee verfluchend, vor sich die Hochbahn, Kottbusser Tor; die Eisenmasse des Bahnhofs wirkte wie eine riesige Falltür, ihnen den Weg versperrend.
    «Idiotisch», sagte Theo, «Kottbusser Tor mit K, wo’s doch eindeutig is: Cottbus mit C.»
    «Warum schläfsten nicht bei mir?» fragte Kochale. «Sparen wir uns den Weg.»
    Hanna suchte nach einer Antwort, die längere Diskussionen ersparte: «Morgen um sieben fangen die Handwerker bei uns an, weißt du doch, die neuen Heizungsrohre – und ich hab noch alles rumliegen lassen…»
    Theo ließ den Wagen ausrollen. «Dann nehmt ihr doch die Karre… Setzt mich schnell zu Hause ab und dann…»
    «Okay», sagte Kochale. «Dann bleib ich bei Hanna draußen.»
    «Da hättet ihr ja auch schon eher drauf kommen können», sagte Theo und fuhr weiter. «Ich versteh sowieso nicht, wieso ihr…»
    Weiter kam er nicht, Vollbremsung. Aus einer Nebenstraße kamen fünf Motorradfahrer herausgeschossen, jeder auf einer schweren Honda Gold Wing, aufrecht hinter den überhohen Lenkern, die sie wie ihr Hirschgeweih umklammerten. Weiße Kapuzenmäntel flatterten hinter ihnen her; dröhnende Kreuzritter. Ein Stückchen weiter bremsten sie, da hatten in der letzten Woche türkische Traditionalisten eine neue Süleymanli-Schule eröffnet.
    Die Kapuzenmänner hielten kurz, ein paar herumstehende Türken spritzten zur Seite, warfen sich zu Boden, hechteten hinter quer geparkte Autos.
    «Türken raus!»
    Ein hölzernes Kreuz, in einen gußeisernen Gulli gerammt, flammte auf. Alles eine Sache weniger Sekunden.
    «Es lebe der Klan!»
    Drei Handgranaten flogen gegen die Tür der Koranschule. Kochale warf sich schützend über Hanna, auch Theo tauchte weg. Doch sie waren viel zu weit entfernt, um in Gefahr zu sein.
    Als sie wieder hochkamen, waren die fünf Ku-Klux-Klan-Männer längst im Straßenlabyrinth verschwunden, die weißen Mäntel und Kapuzen unterm Tank verstaut. Die Verletzten schrien nach Ärzten und nach Krankenwagen, die Deutschen, die in den Fenstern hingen, nach der Polizei.
    «Eh die Bullen da sind, sind die doch über alle Berge», sagte Theo.
    «Vielleicht wollen die auch gar nicht so früh da sein…»
    «Dann gibt’s den also wirklich, den deutschen Ku-Klux-Klan», sagte Hanna. «Und ich dachte immer…» Sie brach plötzlich ab, über sich erschrocken.
    Kochale merkte es nicht, zog wild an seiner Zigarette.
    «Fahr los, ich kann das nicht mehr sehen!» Hanna preßte beide Hände vors Gesicht, atmete schwer, zitterte.
    Überall jetzt Blaulichtblitze. Martinshörner fegten die Autos von der Straßenmitte.
    Theo, auf alles andere scharf als auf polizeiliche Verhöre, schlüpfte noch gerade in die Manteuffelstraße, ehe alles abgesperrt war, und steuerte so aus der Gefahrenzone. «Ob wir da nun als Zeugen auftreten oder nicht, das hilft doch auch nichts.»
    Hanna und Kochale schwiegen, beide aus unterschiedlichen Gründen. Dafür redete Theo um so mehr, erregte sich über die Neofaschisten und den Terror von rechts
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