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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia
Autoren: Paul Gallico
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des Majors nachzuahmen. Er versank in ein ziemlich verlegenes Schweigen. Es war keineswegs Ehrfurcht und auch nicht im entferntesten Stiefelleckerei dem Grad des Majors gegenüber, was dieses Gefühl verursachte, sondern viel eher die Gewißheit, daß der Major merken mußte, was für ein grüner Junge er im Grunde noch war.
    Major Harrison sagte: »Wunderschönes Land dort oben. Du hast Glück.«
    Jerry stürzte einen weiteren Whisky hinunter und knallte das Glas auf den Tisch. Dann sagte er:
    »Es wird verdammt einsam sein. Was zum Teufel soll jemand wie ich dort oben ganz allein anfangen? Wenn wenigstens noch jemand von hier mitkäme...«
    Der Major schob dem Barmixer ein paar Schillinge hin mit den Worten: »Noch eine Runde!« und bemerkte dann leichthin zu Jerry:
    »Warum nimmst du denn nicht ein Mädchen mit? Nichts ist besser gegen das Alleinsein, als sich mit einem hübschen Ding zusammenzutun. Ich meine nicht mit einer dieser Berufsdamen, aber schaff dir doch ein sauberes, anständiges Mädchen an. Zum Kuckuck, du mußt ja ein ganzes Dutzend davon kennen.«
    Diese Idee überraschte Jerry. Nicht deswegen, weil sie von Lester Harrison kam, sondern weil er sofort an Pat dachte. Und es war ihm, als hätte er ihr dadurch, daß er so ohne weiteres an sie gedacht hatte, Unrecht getan. Gewissermaßen um sich vor ihr zu entschuldigen, sagte er:
    »Es ist nur dumm, daß die Art Mädel, die man auf einer solchen Reise bei sich haben möchte, nicht mitkommt.«
    Pat... Pät, diese sonderbare kleine Maus mit den grauen Augen, die so sanft leuchteten. Pat mit ihrem offenen Ausdruck und dem glatten braunen Haar, Pat, die lange, ohne ein Wort zu sagen, zufrieden dasitzen konnte und den Kameraden seinen eigenen Gedanken nachhängen ließ. Ihre bloße Nähe bedeutete schon Wärme. Gewiß, sie war nicht von der Art, daß man richtig mit ihr hätte gehen oder gar an ihr hätte klebenbleiben mögen, aber es mußte doch zauberhaft sein, mit ihr die Ferien zu verbringen. Jedenfalls würde sie sich nicht an ihm festkrallen...
    Mit einem fröhlichen Lachen unterbrach der Major seine Gedanken:
    »Den Teufel auch wird sie nicht! Natürlich wird sie!«
    Wieder stürzte er seinen Whisky hinunter und grinste Jerry an wie ein älterer Bruder. »Hier sind wir doch nicht in den Vereinigten Staaten. Hier sind die Mädchen nicht so puritanisch wie bei uns zu Hause... Gott sei Dank, wo kämen wir sonst hin? Die ganze Welt ist ja drunter und drüber, nicht? Sie machen sich nichts daraus.«
    Jerry spürte plötzlich eine Erregung und zugleich ein Unbehagen. Er fragte sich, ob Sam Bognano wohl zuhörte, und stellte mit Erleichterung fest, daß er sich mit dem Führer eines Bombers in eine Diskussion über das Niederkämpfen der Fliegerabwehr eingelassen hatte.
    Ferien in Schottland... Flügel und Seen und kleine Wirtshäuser. Und nicht allein sein! Jemand an der Seite, der an allem teilnahm... Pat. Pat kriegte ja im Frauenhilfsdienst auch einen Urlaub. So hatte sie doch letzten Samstag gesagt, als sie in den Klub tanzen gegangen waren. Und mit plötzlicher Verwirrung und Beunruhigung stellte er fest, daß es ja doch niemals wahr werden konnte. Pat war ein anständiges Mädchen. Seine eigene Flerkunft verbot es ihm, überhaupt an so etwas zu denken. Und wie sollte er es zur Sprache bringen? Es war ja ganz ausgeschlossen. Er wüßte nicht einmal, wie er die Rede darauf bringen sollte.
    Auf seine unausgesprochenen Fragen erhielt er vom Major eine Antwort, gleichsam als ob dieser sie erraten hätte, obgleich er sich in Wirklichkeit nur über sein Lieblingsthema ausließ.
    »Du fragst sie einfach«, sagte er, »und zwar ganz kaltblütig. Sie sind es so gewohnt. Haben sie schon einen andern Burschen oder paßt es ihnen nicht, werden sie dir das ohne weiteres sagen, ohne auch nur das geringste übelzunehmen. Das gerade schätze ich an ihnen.«
    Jerry blickte auf den Tisch an der Wand unter dem gerahmten Bild, das eine in die Luft gesprengte und brennende Petroleumraffinerie darstellte. Letzten Samstag hatten Pat und er dort gesessen und Gin und Grapefruitsaft getrunken, nachdem der Whisky ausgegangen war, und hatten sich hin und wieder angelächelt. Gewöhnlich sprachen sie nie viel miteinander. Sie liebte es, ein wenig zu tanzen und sich dann auszuruhen. In der dicken blaugrauen Uniform des Frauenhilfsdienstes der Luftwaffe sah Pat eher noch schlichter aus, als sie es war. Und doch schimmerte ihre innere Güte und Sanftheit irgendwie durch. Sie war eine
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