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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia
Autoren: Paul Gallico
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Worte fassen können und es auch nicht getan hätte, wenn er dessen fähig gewesen wäre. Sie waren in seinen Augen einfach nette Leute.
    Jerrys Vater war Präsident der Averill National Bank und sah mit seinen fünfzig Jahren so jung aus, daß er Jerrys älterer Bruder hätte sein können. Er spielte auch jetzt noch leidenschaftlich Tennis oder Golf, wobei selbst Jerry des öfteren eine Niederlage einstecken mußte. Vor allem liebte er seinen Beruf und verehrte seine Frau Helen.
    Sie besaßen ein unvergleichlich schönes, sehr geschmackvoll eingerichtetes Heim. Da Harman Wright im Geldgeschäft steckte, kannten sie weder einen Mangel an Mitteln, noch brauchten sie etwas zur Schau zu stellen. Das Geld wurde als etwas ganz Natürliches hingenommen. So bildeten sie eine Familie, die sowohl ihre Jugend als auch ihre Haltung bewahrt hatte. Helen Wright war eine hübsche, ältere Dame, die einen guten Teil ihrer Zeit gesellschaftlichen Pflichten widmete, die sich aus ihrer Stellung ergaben. .Doch niemals hätte sie deswegen ihren Mann oder Jerry vernachlässigt. Das Räderwerk ihres Lebens lief glatt und gut. Auch nicht die leiseste Andeutung eines Skandals hatte jemals auf die Wrights ihren Schatten geworfen. Nicht einmal eine tiefere Meinungsverschiedenheit hatte irgendwann zwischen Vater und Mutter bestanden.
    Die Quentins waren von derselben Art. Frederic Quentin, Catharines Vater, war Sozius eines Rechtsanwaltsbüros, das sich vor allem mit den großen Eisenbahngesellschaften des Ostens befaßte. Er und Harman Wright hatten eine unzertrennliche Freundschaft geschlossen. Sie spielten oft zusammen Golf und Bridge und gingen miteinander auf Jagd. Sie gehörten den gleichen Vereinen an, teilten sich in das gleiche Jagdrevier, stimmten auch in ihren politischen Anschauungen völlig überein und wählten auch immer gleich. Sie arbeiteten mit Hingabe, spielten ebenso mit Hingabe und lebten in ihrer Art ein schönes Leben, denn sie waren beide in jeder Beziehung grundanständig und menschlich. In dieser Atmosphäre wuchs Jerry auf und erwarb sich einerseits durch die eigene Beobachtung und andererseits durch das Beispiel seiner Umgebung die Grundsätze eines Ehrenmannes.
    Es war der innigste Wunsch der beiden Mütter, daß aus Catharine und Jerry einmal ein Paar würde, doch wurde in Gegenwart der beiden niemals etwas davon erwähnt. Auch wurden sie keineswegs einander aufgedrängt oder gar ihr Beisammensein allzu nachdrücklich gefördert. Und doch wußten beide, worum es ging. Aber auch der Umstand, daß es ihnen bewußt war, wie sehr ihre Heirat den Eltern am Herzen lag, hatte weder einen günstigen noch hemmenden Einfluß auf ihre gegenseitige Zuneigung.
    Sie wuchsen ganz natürlich miteinander auf, durchliefen gemeinsam alle Stadien einer Jugendliebe, stritten sich und versöhnten sich. Sie sahen sich beinahe jeden Tag, und langsam verknüpften sich ihre Lebensfäden zu Knoten, von denen beide das Gefühl hatten, daß sie sie auf immer aneinander banden. Beide waren in der Tat gediegene junge Menschen, und jeder sah im andern die Widerspiegelung all dessen, was nett, gut und anständig war in ihrer eigenen Umgebung und Klasse.
    Es war Jerry ganz unmöglich, auch nur im entferntesten an ein Ferienabenteuer mit Catharine zu denken. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie es wäre, sie Tag und Nacht auf seiner kommenden Reise nach Schottland um sich zu haben, ja, er konnte sich nicht einmal ausmalen, wie sich ihre Liebe gestalten würde, wenn sie verheiratet waren. Aber er konnte an Pat denken und davon träumen, wie sie wohl aussehen würde, wenn er sie am Morgen neben sich im Schlafe betrachten würde, weil... Er wußte keine Antwort auf dieses »weil«. Vielleicht konnte er das nur, weil eben Pat nicht zählte und nie zählen würde, weil es so leicht war, sie später zu vergessen.
    Jerry hatte Pat vor einigen Monaten auf einer der üblichen »Samstagabend-Tanzveranstaltungen« kennengelernt. Sie war in Gesellschaft von einigen Kameradinnen aus dem Frauenhilfsdienst, die als Radartechnikerinnen dem Hauptquartier eines Flugstützpunktes zugeteilt waren, von Kenwoulton herübergekommen. Ihr Name war Patrice Graeme. Im Frauenhilfsdienst diente sie schon seit vier Jahren. Ihr Vater war Kapitän in der Königlichen Marine und befand sich auf hoher See. Ihre Mutter und Großmutter, die in Südengland gewohnt hatten, waren umgekommen, als eine Bombe ihr Heim zerstört hatte.
    Sie war ein ruhiges, schlichtes Mädchen
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