Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
sie beide und die mutwillige Katze feierten an den Ufern des goldenen und silbernen Stroms ein kleines Fest. Jerry merkte nicht, daß sie, wohin sie auch im Geist aus der schrecklichen und eintönigen Wirklichkeit entfloh, immer ihn um sich hatte, Jerry als Kind, als Knaben und Jerry als Mann.
    Während Jerry im Dunkeln wach auf seinem Feldbett lag und dem gesunden Atem Sam Bognanos zuhörte, quälte er sich mit seinen Gedanken ab. Hätte er doch heute abend Lester Harrison in der Bar nicht getroffen und wäre ihm überhaupt nicht der Einfall gekommen, mit Pat wegzufahren. Schon möglich, daß Sam oder Lester kaltblütig einen solchen Handel mit einem Mädchen abmachen konnten, aber er spürte, daß es in seinem Fall zu allem im Gegensatz stand, was er je gelernt hatte. Ja, wenn es noch eine von der Straße gewesen wäre, die für jede Nacht ihr Geld erhielt... zum Teufel, solche Mädchen wußten, woran sie waren. Man schloß mit so einer einfach den Handel ab, und das war alles, was es zu tun gab. Aber Pat war anders. Sie war Soldat und Freund. Und sie kam aus einer guten Familie wie er selber.
    Und plötzlich, in dieser Dunkelheit, überraschte er sich bei der Frage, was er eigentlich von Pat wußte. Möglicherweise stimmte es, was Lester Harrison über die Mädchen hier gesagt hatte, daß sie anders seien als drüben. Möglicherweise war er ein Einfaltspinsel, der sich einen großen Spaß verdarb. Solche Hemmungen mußte er endlich überwinden und erwachsen werden. Diese stillen Mädchen waren manchmal gerade die richtigen. Vielleicht hatte Pat einen Haufen Freunde.
    Und er dachte an Pat, wie sie sich wohl anderen Männern gegenüber benahm, und diese Frage brachte von neuem sein Blut in Wallung. Auf einmal entschloß er sich, sie nächsten Samstag wirklich zu fragen, wenn sie sich beim Tanzen trafen. Er wunderte sich plötzlich, wie er sich so lange hatte quälen und darüber grübeln können, was sie ihm wohl zur Antwort geben würde, da sie ja weder so noch so auch nur das geringste für ihn bedeutete. Er gab sich aber nicht Rechenschaft darüber, daß er seinen Entschluß erst hatte fassen können, nachdem er sie in Gedanken verächtlich gemacht und sie auf die Stufe der Piccadilly-Damen herabgedrückt hatte.
    Der Tanz am Samstagabend im Offiziersklub war das übliche Gemisch von Lärm und Hitze, Tönen und Farben, schrillem Gezwitscher der Mädchen, Gestampfe und Gequietsche der Musik, Gelächter, Stimmen und Scharren der Füße. Piloten und Beobachter, kleine Niemande neben Obersten, alle in ihren hübschen Waffenröcken mit den Reihen farbiger Bänder auf der linken Brustseite, tanzten oder schritten hin und her mit blau gekleideten Mädchen aus dem Frauenhilfsdienst, deren weiße Blusen und schwarze Krawatten das Rot ihrer Wangen noch hervorhoben, oder mit heiseren Mädchen aus der Landarmee in ihren grünen Jacken, oder Fabrikmädchen aus der Stadt in langen Abendkleidern, oder Luftschutzmädchen in Blau und Khaki. Wieder andere drängten sich zur Bar, um noch einen Whisky zu ergattern, bevor es Schluß war damit.
    Alles war in höchster Bewegung, denn es galt, sich zu beeilen, war doch der ganze Spaß schon um Mitternacht zu Ende, und die Jungen mußten schnell tanzen, noch schneller trinken und rasch lieben. Bereits kosten einige Paare mit umflorten Blicken in den Ecken, und die Tanzenden hielten sich enger umschlungen. Die Zeit war ja so kurz, und man mußte vom Leben zu erhaschen versuchen, soviel man nur konnte.
    Jerry und Pat tanzten einige Male. Mitten in einem Tanz blieb er plötzlich stehen und sagte:
    »Komm, wir wollen uns setzen und ein wenig plaudern.«
    Sie nickte ihm mit ihrem verhaltenen Lächeln zu und sagte:
    »Okay, Jerry«, ein Ausdruck, den sie von ihm gelernt hatte, »mir ist’s recht.«
    Sie gingen zu ihrem kleinen Zweiertischchen unter dem Bilde der allzu bekannten Petroleumraffinerie, und Jerry kämpfte sich zur Theke durch und bekam gerade noch die letzten beiden doppelten Whiskys. Triumphierend kehrte er mit den Gläsern zurück und sagte: »Hier, Pat, jetzt gibt’s nur noch heiße Limonade. Cheerio!« Und er hob sein Glas.
    Pat ergriff das ihrige, sagte »Cheerio!« und nahm nur einen kleinen Schluck, damit der Whisky möglichst lange reiche. Sie trank, weil der Whisky Nahrung bedeutete und die Müdigkeit überwinden half, die ebenso wie der Hunger eine der täglichen Begleiterscheinungen des Krieges war. Sie fragte sich, wie es wohl sein werde, wieder einmal auf Urlaub zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher