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Ferien mit Oma

Ferien mit Oma

Titel: Ferien mit Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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trocknen. Peter betrachtete voll Stolz die in Reihen angetretenen Gartenzwerge. Er sah nur die Bärte, und sie waren prächtig. Es gab glatte und gelockte, aufgezwirbelte, spitze und flatternde. Er beschloß, sich später auch solch einen Bart wachsen zu lassen.

    Um fünf Uhr kam der Meister zurück. Er strahlte. Seine Frau war schon gestern abend operiert worden, es ging ihr gut, und sie war erleichtert, als sie hörte, daß er so gute Helfer hatte. Vergnügt betrachtete er die fertiggemalten Sachen. Nachdem sie Kaffee getrunken hatten, war alles getrocknet. Der Meister wollte das Spielzeug auf seinen Handwagen laden und, wie er es immer tat, in vier Fuhren zu der Fabrik fahren.
    „Viermal müssen Sie dann hin und her fahren?“ rief Jan. „Im grünen Wagen können wir doch alles auf einmal hinfahren.“
    Und so geschah es. Der ganze Boden des Wagens wurde mit Wetterhäuschen, Rehen, schneienden Kugeln und Gartenzwergen vollgestellt. Die empfindlichen Puppenköpfe legten sie auf die Betten. Der Abteilungsleiter in der Fabrik war erfreut, daß Herr Pfeifer trotz seiner häuslichen Sorgen, von denen er gehört hatte, so pünktlich lieferte.
    „Ja“, schmunzelte der Meister, „mir haben auch die Heinzelmännchen geholfen!“
    Zum Abschied schenkte er jedem der Kinder ein Spielzeug und Oma einen großen Dahlienstrauß. Er winkte ihnen lange nach. Als das Pferd die Straße entlang trabte, befestigte Jan am Fenster des grünen Wagens ein Wetterhäuschen. Das Frauchen mit dem Blumenstrauß kam heraus, während sich das Männchen mit dem Regenschirm im Haus versteckte. „Es wird schönes Wetter“, rief Jan.
    Brigitte lag auf ihrem Bett, schüttelte ihre Glaskugel und ließ es schneien. Sanft fielen die Flocken auf die Tannen, das kleine braune Reh und das Häschen. Peter saß neben Oma auf dem Bock, im Arm einen prächtigen Gartenzwerg mit einer Harke in der Hand. Er hatte eine rote Zipfelmütze und ein verschmitztes, freundliches Gesicht, das Herrn Pfeifer ähnlich sah, dem freundlichen, nicht dem zornigen Herrn Pfeifer. Das Schönste an dem Zwerg aber war sein Bart, braun und lockig und lang, und von Peter selbst gemalt.

Die Kunst, ein Mann zu werden

    Die Ferien näherten sich ihrem Ende. Oma lenkte Max heimwärts. Die Luft roch schon herbstlich, aber es war noch warm. Jan saß allein auf dem Rückbrett des grünen Wagens und sah träumerisch dem Rauch seiner Zigarette nach. Hier hinten war der beste Platz zum Rauchen, den er je gefunden hatte. Hier konnte ihn niemand erwischen.
    Am Straßenrand pflückte ein Bauernjunge Birnen von einem Baum.
    Er war ungefähr im gleichen Alter wie Jan. Verwundert und neiderfüllt sah er, wie Jan den Rauch in die Luft blies. Als der Wagen hielt, drückte Jan schnell seine halbgerauchte Zigarette aus und steckte sie in die fast volle Packung, die er sich heimlich von seinem Taschengeld gekauft hatte. Er versenkte sie tief in seiner Hosentasche.
    Sie übernachteten heute an dem See, an dem sie auf der Hinfahrt das erste Mal kampiert und die Rehe gesehen hatten. Es war dort ebenso friedlich wie damals. Aber als sie sich in einer sandigen Bucht zum Abendessen hingesetzt hatten, merkten sie, daß es diesmal nicht so friedlich war, wie es aussah. Ein Heer von Mücken umschwirrte sie, umsummte kriegerisch ihre Köpfe, und ab und zu stieß eine herab, um sich aus Peters Bein oder Brigittes Arm oder Omas Stirn das begehrte Blut zu saugen.
    „Ich seh’ schon fast aus wie ein Streuselkuchen, lauter Beulen“, jammerte Peter.
    „Wir müssen Abhilfe schaffen“, sagte Oma. „Jan, wie wäre es, wenn du eine Zigarette rauchst?“
    Jan sah sie sprachlos an. Oma schlug eine Mücke auf ihrer Hand tot. „Na ja“, sagte sie, „du bist von dem Teufelszeug doch nicht abzubringen, dann kannst du hier wenigstens etwas nützlich sein. Die Mücken wissen nämlich, wie giftig Zigarettenrauch ist, und bleiben dann fort.“
    Etwas unsicher holte Jan seine Zigaretten und die Streichhölzer hervor und zündete sich eine Zigarette an, aber er fand sein Selbstbewußtsein wieder, als er Brigittes und Peters bewundernde Blicke auf sich gerichtet sah. Er rauchte lässig und ließ den Rauch nicht nur aus dem Mund, sondern sogar aus der Nase strömen, und der Erfolg war großartig, die Mücken blieben fort.
    Als Jan die erste Zigarette aufgeraucht hatte, steckte er sich mit einem Seitenblick auf Oma eine zweite an. Oma verzog keine Miene. Sie blickte auf den See und beobachtete ein Entenpärchen, das nach
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