Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Autoren: Petra Kasch
Vom Netzwerk:
hierbleiben.«
    Nikos setzte sich so abrupt auf, dass das kleine Floss sofort losschwankte.
    »Bleiben?«
    Ich war mir nicht ganz sicher, ob er verstanden hatte, was ich gesagt hatte. Ich zeigte auf mich und dann auf die kleine Hütte, die ein Stück entfernt im Kerzenlicht schimmerte. »Wohnen«, sagte ich. »Nikos und Sophie.«
    Plötzlich strahlte er und umarmte mich. Gott, war ich froh. Ich hatte schon befürchtet, er würde meinen Plan kindisch finden. Doch ganz im Gegenteil. Er gab mir lächelnd einen Kuss. Und diesmal fand ich es ganz und gar nicht doof, dass er damit angefangen hatte. Er roch so wahnsinnig gut nach Sonne und Wind, dass mir ganz schwindelig davon wurde.
    Und dann sprang er vor Freude auf und zog mich zu sich hoch. Das hätte er besser nicht tun sollen, denn das Floß schwankte plötzlich ziemlich hin und her. Es hörte überhaupt nicht mehr auf mit dem Schwanken. Und auf einmal ging es abwärts mit uns.
    »Sophie!«, hörte ich Nikos noch schreien.
    Das Floß hatte aus irgendwelchen Gründen seinen Geist aufgegeben. Die Balken schwammen in alle Richtungen davon. Doch ich war noch zu benommen, um mich an einem festzuhalten.
    Erst als Nikos brüllte: »Sophie, schwimmen!«, setzte mein Verstand wieder ein. Wie eine Verrückte paddelte ich zwischen den Floßresten hindurch, immer auf das flackernde Kerzenlicht der kleinen Hütte zu. Nikos kraulte dicht hinter mir. Jedes Mal, wenn ich aufhören wollte, trieb er mich weiter. Die letzten Meter vorm Ufer japsten wir beide und fielen schließlich atemlos auf den Strand.

Als ich wieder erwachte, lag ich in der Hängematte. Ein leises Piepsen morste in meinem Ohr. Wie lange hatte ich denn geschlafen? Am Horizont tauchte schon der erste Sonnenstreifen auf. Ich schaute mich um. Nikos war nirgendwo zu sehen. Zitternd kroch ich aus der Hängematte. Darunter im Sand lag Nikos Armbanduhr und piepte sich die Seele aus dem Leib. Es war kurz nach vier Uhr in der Früh.
    »Nikos!«, rief ich und rannte zur Hütte hinüber.
    Doch die Hütte war leer. Der kleine Tisch auf der Veranda war jetzt komplett abgeräumt. Keine Leckereien mehr, nichts. Als ob der ganze Abend nur ein Spuk gewesen war. Super Plan, dachte ich beschämt. Hierbleiben. Was machte ich denn nun? Ich fror in meinen nassen Sachen. Mamas blaues Seidentop war total hin.
    Und dann hörte ich dieses Geräusch am Himmel, das ferne Brummen eines Flugzeuges. Oh Gott! Ich rannte den schmalen Weg hinauf zur Straße. An der Stelle, wo Nikos sein Motorrad geparkt hatte, waren aber nur noch ein paar Reifenspuren im Sand. Dass er mich derart im Stich gelassen hatte, trieb mir die Tränen in die Augen. Auch wenn ich vor ein paar Stunden noch fest entschlossen gewesen war, auf dieser Insel bleiben zu wollen, jetzt wollte ich nur noch eines: nach Hause! Weit waren wir mit dem Motorrad ja nicht gefahren. Vielleicht schaffte ich es noch rechtzeitig.
    Ich rannte los. Keuchend und verstaubt kam ich schließlich in der Kurve oberhalb des Hotels an. Ich hatte es geahnt. Der Bus stand bereits vor dem Eingang. Der Motor lief. Alle Lehrer hockten drinnen, nur Mama rannte aufgeregt draußen herum, während Wolfgang sie zu beruhigen versuchte. Was war jetzt schlimmer?, überlegte ich hektisch. Wenn alle wegen mir den Flieger verpassten oder wenn Mama mich in ihrem völlig ruinierten Top erblickte?
    Wenigstens war es noch so dunkel, dass ich mich ein wenig näher an den Bus anpirschen konnte, ohne dass mich gleich jemand bemerkte. Was den peinlichen Moment aber nur hinauszögerte. Irgendwann würde ich aus meiner Deckung kommen müssen. Und was dann passierte, wagte ich mir lieber nicht vorzustellen.
    Als ich schließlich so nah herangekommen war, dass ich Mamas aufgeregte Stimme hörte: »Ohne Sophie fahr ich nicht!«, erklang ein leises »Tss« aus dem Gebüsch neben mir.
    »Nikos!«, entfuhr es mir.
    Doch es war nicht Nikos.
    »Wo warst du denn?«, flüsterte Zadek erschrocken.
    »Beim Morgen-Yoga«, presste ich hervor.
    »Du solltest dich besser beeilen«, sagte er. »Sonst gibt es echt Ärger, Sophie.«
    »Den hab ich wohl schon«, schniefte ich.
    Kopfschüttelnd betrachtete er mich von oben bis unten. Doch dann tat er etwas, wofür ich ihm für den Rest meines Lebens dankbar sein werde. Er zog sein T-Shirt aus und hielt es mir hin. Schnell lief ich hinter einen Busch, zerrte Mamas nasses, zerrissenes Oberteil herunter und zog mir Zadeks T-Shirt über. Dann rannten wir beide zum Bus.
    Als Mama uns kommen sah, wollte sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher