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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Autoren: Petra Kasch
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ich gar nichts mehr.
    »Wie jetzt? Ich denke, er will mit dir zum Leuchtturm?«
    Mama wurde rot. »Er bleibt nur kurz zum Essen. Weil er doch der Reiseleiter ist. Und dann …«
    »… kommt meine Strickleiter zum Einsatz, damit du nicht am Restaurant mit den Lehrern vorbeimusst?«
    Sie nickte. Für die Vermeidung jeglicher Peinlichkeiten hatte ich vollstes Verständnis. Und dann mussten wir beide lachen. Wir fielen rückwärts aufs Bett und lachten und lachten. Mama, weil sie endlich das durfte, was sie wirklich wollte. Und ich, weil ich das konnte, was ich nicht durfte!
    Es brauchte keine zehn Minuten, da war sie komplett angezogen. Ich gab ihr noch meine roten Karneol-Ohrringe, die super zu ihren Haaren passten. Und meinen kurzen Jeans-Rock. Sie sah einfach umwerfend aus.
    »Und du willst dich wirklich vom Balkon abseilen?«, fragte ich sie noch einmal.
    »Hast du eine bessere Idee?«
    Nein, hatte ich nicht, denn die Idee war ja schon einmal perfekt gewesen. Also schleppten wir das Ding gemeinsam auf den Balkon und hievten es übers Geländer.
    »Ist es wirklich in Ordnung, Sophie, dass ich …?«, fragte sie noch einmal.
    »Mama, es ist alles okay«, versicherte ich ihr.
    Als sie dann vom Balkon hinunterschaute, wurde ihr aber doch ein wenig bange.
    »Mensch, Mama«, sagte ich. »Wir sind acht Stunden durch eine Schlucht gelaufen, du hast eine finstere Höhle überstanden und sogar ein griechisches Gefängnis.«
    »Du hast Recht«, meinte sie.
    Seufzend gab sie mir einen dicken Kuss. Dann schwang sie sich über das Eisengeländer. »Mach dir einen schönen Abend, Schnecke!«, rief sie mir noch zu und endlich war sie verschwunden.
    Ich machte mich auf den Weg ins Restaurant, wo mich alle mit einem riesigen Hallo begrüßten und total bedauerten, dass Mama mit Migräne im Bett lag.

Pünktlich um acht stand ich auf dem wilden Parkplatz oberhalb des Hotels. Mir war ein wenig flau. Von Nikos keine Spur. Ich wartete, doch er kam nicht. Vielleicht hatte ich mich ja verhört. Hatte er wirklich acht gesagt oder achtzehn? Was machte ich denn jetzt? Von hier aus konnte ich genau in das Restaurant hinuntersehen. Die Lehrer hockten noch immer um unseren großen Gemeinschaftstisch. In der Mitte thronte der weiße Ziegenschädel. Alle lachten und erzählten. Wolfgang war inzwischen gegangen.
    Um mich herum wurde es langsam dunkel. Bloß nicht heulen, dachte ich, als dieses komische Ziehen meinen Hals hinaufkroch. Bestimmt kommt er noch.
    Und wenn nicht? Mama hatte jetzt Romantik am Leuchtturm und die Lehrer litten auch nicht unter Einsamkeit. Bloß ich stand hier blöde in der Gegend herum.
    Nach einer Ewigkeit hörte ich in der Ferne ein Motorrad. Es kam rasch näher. Zuerst dachte ich, ich hätte eine Erscheinung. Da hockte jemand mit einer dunklen Stoffhose, polierten Schuhen und einem rosa Hemd drauf.
    »N-n-ikos?«, stotterte ich, als er den Helm abnahm.
    »Yassu, Sophie!«
    Er war es wirklich! Na endlich.
    »Sophie, du wunderschön!«, staunte er.
    Verlegen kletterte ich zu ihm aufs Motorrad. Das hatte noch niemand zu mir gesagt. Sophie, du wunderschön! Ich schmiegte mich ganz eng an seinen Rücken, als wir über die Küstenstraße donnerten. Vielleicht fuhren wir ja wieder zu dem alten Friedhof. Aber eigentlich war es mir egal, wohin wir fuhren. Hauptsache, wir waren zusammen.
    Wir waren kaum zehn Minuten unterwegs, als Nikos von der Straße abbog und einen verschlungenen Sandweg zwischen wildem Thymian hinuntertuckerte. Es ging ziemlich steil bergab. Schließlich hielt er und parkte das Motorrad unter einem verdorrten Olivenbaum. Wo schleppte er mich bloß hin? Weit und breit war nichts als Unkraut und Gestrüpp. Hand in Hand liefen wir weiter.
    Ein wenig enttäuscht stand ich schließlich an einer einsamen Meeresbucht. Ich hatte gedacht, Nikos würde sich was Besonderes ausdenken. Mikes Beach wäre jetzt wirklich nicht übel. Es war schließlich unser letzter Abend. Stattdessen kokelte er mit einem Feuerzeug an einem Holzhaufen herum. Und dafür hatte ich mich so schick gemacht?
    Als das Feuer endlich aufflammte, sah ich hinter uns im Dämmerlicht eine kleine Holzhütte, die aussah wie ein Ding zwischen Pippilotta- und Robinson-Crusoe-Bleibe. Sie hatte eine Veranda davor, auf der zwei Stühle standen und ein gedeckter Tisch voll mit Essen und den schönsten Leckereien. Nikos strahlte mich an. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut.
    In dem Moment kam mir eine Idee. Was wäre denn, wenn ich einfach hierblieb? Kein
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