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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Autoren: Petra Kasch
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Portmonee rüber. Der Eismann war mit seinem Bauchladen inzwischen weitergelaufen, also rannte ich ihm hinterher.
    »Eins mit Schokolade, bitte!«, rief ich.
    Da blieb er stehen und nuschelte durch seinen Bart: »Kali merá, Sophie!«
    »Bist du verrückt?«, flüsterte ich. »Wenn dich der Hoteldirektor hier erwischt!«
    Aber in der Verkleidung hätte ihn wahrscheinlich nicht mal seine eigene Mutter erkannt.
    »Ich dich abholen Abend acht Uhr?«
    Hastig nickte ich, denn Mama warf uns schon seltsame Blicke zu.
    »Du scheinst ja mächtig gute Laune zu haben«, sagte sie, als ich mich mit meinem Eis wieder auf die Liege setzte.
    Den letzten Abend würde ich mit Nikos verbringen, wenn das kein Grund für gute Laune war! Es gab nur ein Problem: Meine Mutter musste allein zum Abschiedsessen gehen. Wenn sie denn überhaupt ging und nicht auf die Idee kam, den Abend mit ihrer einzigen Tochter verbringen zu wollen.
    Ich lutschte mein Eis und grübelte, wie ich ihre Laune wieder aufbessern konnte, denn in ihrem jetzigen Zustand ging sie nirgendwohin.
    »Ach, Mama«, sagte ich, »das sollte doch unser schöner Tag werden.«
    Sie seufzte: »Du hast Recht, Süße«, streckte ihre langen braunen Beine auf der Liege aus und versank in einen tiefen Schlaf.
    Nach der Nacht war das ja auch kein Wunder. Aber warum verstehen Erwachsene unter schönem Tag eigentlich immer nur schlafen? Ich bohrte das abgelutschte Holzstäbchen in den Sand und betrachtete ihr Gesicht. Nur in den Fältchen der Augenwinkel blitzte noch Weiß, weil sie keine Sonnenbrillen mag. »Sonst sieht man nachher aus wie ein Uhu«, beklagt sie sich immer.
    Aber der Uhu schlief jetzt erst mal und ich hatte Zeit zum Überlegen. Mir fiel jedoch nix Gescheites ein, womit ich sie zum Abschiedsessen locken konnte, damit ich mit Nikos meinen eigenen Abschied feiern konnte. Am Ende hockte ich in einem Blätterwald von Strandgesichtern und war so schlau wie vorher.
    »Kann ich die haben?«, fragte ein kleines Mädchen, das schon eine Weile um mich herumgeschlichen war, und hob eine der Zeichnungen aus dem Sand auf.
    »Von mir aus!«, stöhnte ich.
    Ich drückte ihr das Bündel meiner gekritzelten Verzweiflung in die Hände, worauf sie glücklich davonzog. Eine halbe Stunde später sah ich sie mit meinen Kunstwerken über den Strand laufen und den Leuten ihre Urlaubsgesichter verkaufen. Manche fanden zwei Euro ja echt Wucher, aber letztendlich konnte dem Charme dieser kleinen Madame niemand widerstehen.
    Vielleicht sollte ich es auch mal mit Charme versuchen. Aber wenn ich Mama so kam, wusste sie doch gleich, dass was im Busch war. Für vierzehnjährige Blondinen ab einem Meter siebzig gelten andere Regeln. Bloß welche?
    Drei Stunden später erwachte Mama frisch und munter, und ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich würde ihr einfach die Wahrheit sagen. Nikos hatte so viel für mich gewagt. Er hatte sogar seinen Job wegen mir verloren. Nun war die Reihe wohl mal an mir.
    »Ich lade dich auf eine Runde Pommes ein. Was meinst du?«, fragte Mama.
    Für Pommes bin ich immer zu haben. Beim Essen würde ich es ihr sagen. Genau. Wir setzten uns rüber an die Strandbar. Ich holte schon tief Luft, als Mama plötzlich sagte: »Ich hab mir was überlegt, Sophie. Wir machen uns heute einen gemütlichen Abend zu zweit.«
    Ich schluckte. Vielleicht war das mit der Wahrheit doch nicht so eine gute Idee.
    »Du weißt schon noch, dass unser gemütlicher Abend heute mit den Lehrern stattfindet?«, sagte ich.
    »Ach, die Lehrer«, winkte sie ab. »Wir machen heute unser eigenes Programm.«
    Das fiel ihr ja reichlich früh ein.
    »Und woran dachtest du da so?«, fragte ich misstrauisch.
    Mama strahlte mich an. »Wir fahren rüber zu Mikes Beach , da ist heute Abend Stranddisco.«
    »Wi-wi-wir?«, stotterte ich. Ich sollte mit meiner eigenen Mutter zur Disco? Hatte sie noch alle?
    »In deinem Alter durfte ich abends überhaupt nicht weg«, sagte sie beleidigt, als ich nach ihrem Vorschlag nicht gleich in Begeisterung ausbrach. Sie war von ihrer Idee aber nicht mehr abzubringen.

Mit Mama zur Stranddisco. Das war wirklich kein Scherz, sie hatte es ernst gemeint. Seit einer halben Stunde stand sie schon unter der Dusche und trällerte vor sich hin. Nikos würde umsonst auf mich warten. Sollten die besten Ferien meines Lebens wirklich so enden? Wo steckte Hekate? Wollte sie mich derart im Stich lassen?
    Als Mama aus der Dusche kam, schaute sie mich verwundert an. »Du bist ja noch gar nicht
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