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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Autoren: Petra Kasch
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Gleiche im Sinn gehabt zu haben und ist dann ausgerechnet in der Reihe hinter uns gelandet.
    »Ist dir schlecht?«, nervte mich Mama den halben Flug lang, weil ich kein Wort mehr sagte.
    Schlecht ist gar kein Ausdruck, hundeelend war mir. Aber gewonnen ist schließlich gewonnen. Und so kam es, dass ich mit meinem Mathelehrer und zwölf anderen Studienräten in die Ferien flog.

Es war schon weit nach Mitternacht, als wir endlich ankamen. Der Bus kippte uns irgendwo in der finstersten Pampa aus. Nicht mal Straßenlaternen hatten die Griechen. Ferien im Süden hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt, ein bisschen lebendiger.
    Das Hotel stand direkt am Meer, zumindest hörte man es dahinter rauschen. Von außen ähnelte es einem alten Steinhaufen, doch innen herrschte der blanke Luxus. Im Foyer plätscherte ein Springbrunnen, überall lagen dicke blaue Teppiche und versteckte Lampen erleuchteten die weißen Flure. Nur der Fahrstuhl funktionierte nicht, sodass wir unsere Koffer die steile Treppe hinaufschleppen mussten. Mir riss dabei fast der Arm ab.
    »Nun verrat mir endlich, was du da Schweres mitgenommen hast!«, flüsterte Mama.
    Aber ich schwieg eisern. Zum Glück mussten wir nur in den ersten Stock und Mama hatte meinen mysteriösen Kofferinhalt komplett vergessen, sobald wir in unserem Zimmer waren: Meerblick und Luxusbad.
    »Hekate sei Dank«, stöhnte sie und ließ ihr Gepäck fallen, um sofort im Spiegelparadies zu verschwinden.
    Das war nicht nur ein Bad, das war ein Reinigungstempel aus Tausendundeiner Nacht! Von der Decke funkelten Sterne und spiegelten sich in den polierten weißen Marmorwänden. Und in den Fußboden war sogar ein Muschelmosaik eingelassen. Aber das Beste verbarg sich hinter einer geschliffenen Glastür: eine Dusche mit Massagedüsen.
    Ich habe das Teil ja meist gemieden, denn es strahlte einem förmlich die Haut von den Knochen. Einmal im Leben wollte ich nach den Ferien die Tanning Queen meiner Klasse sein – sonst war das immer nur Charlotte mit ihrer Maledivenbräunung.
    Während Mama die Dusche gleich ausprobierte, setzte ich mich draußen auf den Balkon. Irgendwo im Dunkeln rauschte das Meer friedlich vor sich hin. Ich war müde und glücklich. Ein paar Schiffe tuteten in der Ferne und Grillen zirpten durch die warme Nacht. Das war also Kreta. Im Sauerland regnete es jetzt bestimmt.
    Ich musste auf einmal an meinen Vater denken, den ich noch nie gesehen habe. Nach meiner Geburt ist er wieder auf sein Schiff gestiegen und nicht mehr an Land gekommen. Hat Mama jedenfalls erzählt.
    Ein Stöhnen vom Balkon nebenan riss mich abrupt aus meinen Gedanken. Ich versuchte, mich möglichst geräuschlos von meinem Liegestuhl zu erheben, und lehnte mich ein Stück über die Balkonbrüstung. Im ersten Moment war überhaupt nichts zu sehen, unsere Zimmernachbarn hatten kein Licht an. Doch dann fuhr ich erschrocken zurück. Drüben auf dem Balkon machte mein Mathelehrer irgendwelche Verrenkungen und zwar nackt! Das wäre eigentlich der Moment gewesen, in dem ich mich diskret hätte zurückziehen sollen. Das hätte sicher auch jeder gemacht, der Herrn Zadek nicht kennt. Seit er an unserer Schule unterrichtet, ist meine Mathenote wie ein Komet nach oben geschossen. Mehr muss ich wohl nicht sagen. Zadek ist einer aus der Johnny-Depp-Liga.
    Ich linste also noch einmal um die dünne Trennwand, denn ich wollte unbedingt herausfinden, was er da im Dunkeln trieb. Doch genau in diesem Moment kam meine Mutter auf unseren Balkon und rief erschrocken: »Sophie, du wirst noch vom Balkon stürzen!«
    Johnny Depp erstarrte mitten in einer seiner Verrenkungen. Mama stand mit einem weißen Haarturban verwundert in der milden Nachtluft und rührte sich ebenfalls nicht. Keiner rührte sich. Und so hatte mein Mathelehrer alle Zeit der Welt, mein zwischen die Balkonbrüstung und die Trennwand gequetschtes Gesicht zu betrachten, bis Mama mich schließlich zurückzog.
    »Was machst du denn da?«, fragte sie.
    »Sterne gucken«, murmelte ich und verzog mich schleunigst in unser Zimmer.
    Mama warf die Balkontür zu und ließ sich aufs Bett fallen. »Gott, bin ich müde«, stöhnte sie und kuschelte sich unter das kühle Laken. »Endlich Ferien, Sophie! Ich freu mich so.« Und dann war sie auf der Stelle eingeschlafen.
    Ich hockte mich auf meinen Koffer, der noch immer mitten im Zimmer lag. Mein Gesicht brannte, als hätte Zadek mich beim Abschreiben erwischt. Das ging ja gut los. Wenn ich nicht schleunigst irgendeine
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