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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Autoren: Petra Kasch
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mir erst eine Standpauke halten, doch sie klappte den Mund gleich wieder zu. Mein Gesicht musste wohl Bände sprechen. Die Lehrer klatschten, als ich in den Bus sprang, und dann ging es endlich los zum Flughafen.
    Den ganzen Weg bis Heraklion sagte Mama kein einziges Wort. Sie hielt einfach nur meine Hand, während ich in Zadeks T-Shirt vor mich hinbibberte, bis Wolfgang es nicht mehr mit ansehen konnte und mir die Unfalldecke aus dem Bus gab. Nicht viel anders fühlte ich mich: einmal zu den Sternen geflogen und plötzlich zurück auf die Erde geprallt. Mir tat alles weh und ich konnte trotz Decke nicht aufhören mit der Zitterei.
    Als der Bus am Flughafen ankam und unser Gepäck auslud, zerrte Mama hastig meine andere Jeans aus dem Koffer, sodass ich endlich in eine trockene Hose kam. Dann liefen wir eiligst hinter den Lehrern her.
    »Geht’s dir besser?«, fragte sie schließlich, als wir uns an die Schlange zum Einchecken stellten.
    »Dein Oberteil«, stotterte ich.
    »Ach, Sophie«, sie nahm mich in den Arm. »Hauptsache, dir ist nichts passiert. Den Rest erzählst du mir nachher. Einverstanden?«
    Die Lehrer enthielten sich zur Abwechslung mal ihrer Meinung. Sie waren alle damit beschäftigt, so schnell wie möglich in den Flieger zu kommen. Als ob der Platz nicht für alle reichen würde. Und das allererste Mal wollte ich wirklich das Gleiche wie sie. So schnell wie möglich weg hier! Ich konnte es gar nicht erwarten, dass dieses verdammte Flugzeug abhob.
    Ganz anders Mama. Je näher der Augenblick rückte, wo Wolfgang hinter der Absperrung zurückbleiben musste, umso langsamer wurde sie. Er würde uns auf dem Rückflug nicht begleiten. Am nächsten Tag würde schon seine nächste Reisegruppe auf Kreta ankommen.
    Die Lehrer waren mittlerweile schon alle hinter der elektronischen Passagierkontrolle verschwunden. Nur Mama war langsam wie eine Schnecke, bis sie schließlich ganz stehen blieb.
    »Mama!«, brüllte ich. »Wir verpassen das Flugzeug!«
    Doch wollte sie noch vor einer Stunde nie im Leben ohne mich heimfliegen, schien ihr das jetzt völlig egal zu sein. Sie hing an Wolfgangs Arm wie an einem Rettungslotsen.
    »Last call«, tönte es plötzlich aus dem Flughafenlautsprecher. »Family Fisher!«
    Na toll, dachte ich. Aber diesmal war ich nicht schuld.
    Wenigstens Wolfgang schien noch bei Verstand zu sein. »Ihr müsst los, Ulrike«, sagte er und schob Mama sanft in Richtung Passagierkontrolle.
    Ich weiß nicht, was er ihr dann ins Ohr flüsterte. Auf jeden Fall brachte es sie wieder in ihren Normalzustand zurück. Mit der einen Hand schnappte sie ihren Rucksack, mit der anderen mich und so stürmten wir durch die elektronische Kontrolle. Die beiden uniformierten Männer wollten uns schon zurückpfeifen, da brüllte der Lautsprecher erneut: »Last call! Family Fisher!«
    Mama zeigte auf uns beide. Da winkten sie uns grinsend durch.
    »Sophie!«, rief Wolfgang plötzlich. »Das hätte ich fast vergessen!« Mama wollte mich schon weiterzerren, da warf er einen Brief durch die elektronische Sperre. Ich hob ihn rasch auf und dann stürmten wir zum Abfluggate.
    Der Bus war natürlich schon weg. An der offenen Hallentür erwartete uns ungeduldig ein bärtiger Mann und rannte dann mit uns quer übers Flugfeld. Als wir die Gangway hochhasteten, sah ich schon Sterne. Hinter uns wurde sofort die Flugzeugtür zugeworfen. Wir taumelten durch die Sitzreihen und ließen uns schließlich keuchend in unsere Sitze fallen.
    Zadek grinste mich von seinem Fensterplatz an. Und dann dröhnten zum Glück die Turbinen, denn keine Minute länger hätte ich an mich halten können. Ich heulte einfach los, während das Flugzeug langsam zur Startbahn rollte. Mama war in dem Moment auch keine große Hilfe. Sie saß mit völlig versteinertem Gesicht neben mir.
    Hätte Zadek nicht plötzlich auf den zusammengeknüllten Brief in meiner Hand getippt, ich hätte das wundervollste Erlebnis meines Lebens verpasst. »Post von Hekate?«, fragte er mich lächelnd.
    »Sehr witzig«, knurrte ich.
    Dann machte ich ihn aber doch auf und las:
    Liebs Sophie,
    du Uberraschung nicht verpassen!
    Kucken Meer.
    Adios, bis nächsten Sommer!
    Nikos
    Ich hatte ehrlich gesagt genug von Nikos’ Überraschungen. Die letzte hätte mich fast umgebracht.
    Als das Flugzeug endlich losdonnerte, zerrte Zadek mich aufgeregt zu sich ans Fenster rüber. »Guck mal!«, rief er. »Hast du ein Glück!« Er quetschte meine Nase gegen das Bordfenster, während mir der
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