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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman
Autoren: PeP eBooks
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erleseneres Bild als dieses war auch meinen Glubschern bis dahin nicht untergekommen. Es hätte auch ein Gemälde von einem englischen Maler aus dem neunzehnten Jahrhundert sein können, der sich auf adlige Landsitze spezialisiert hatte. Das Mittelportal mit dem verschnörkelten Dreiecksgiebel als Frontispiz, zu dem eine pompöse Freitreppe führte, wurde
allein von sechs dorischen Säulen gestützt. Der etwa zweihundert Meter in die Breite gegangene, vierstöckige Bau besaß ein gigantisches Schiefermansardendach mit einer unüberschaubaren Anzahl von Gauben und Großkaminen, riesige Sprossenfenster an der Frontseite und Wappenreliefs fast an jeder freien Stelle. Allein das Putzpersonal, das darin die Schaben in Schach hielt, musste Heeresstärke betragen. Kleine Teiche säumten die vielen, aus allen Himmelsrichtungen auf das Haus zulaufenden Wege.
    Im Zentrum des Vorhofs mit beigefarbenem Kieselbelag stand ein Springbrunnen im Renaissance-Stil, der allerdings nicht ganz stilecht war. Denn statt von schwülstigem Engelskitsch wurde die aus dem kreisförmigen Wasserbecken herausragende Fontänensäule von recht ungewöhnlichen Statuen und Reliefs verziert. Sie repräsentierten ein für diesen Ort naheliegendes Thema. Stilisierte Figuren, die Entdeckungsreisende darstellen sollten, trugen in ihren Händen antiquierte Instrumente aus dem kartografischen Vermessungswesen wie Landkarten, logarithmische Tafeln, Höhenund Neigungsmesser, Fernrohre, Messlatten und dergleichen. Ihr Blick war tollkühn auf ferne Horizonte gerichtet, die Schöße ihrer langen Mäntel schienen im Wind zu wallen, und ihre ausgestreckten Zeigefinger signalisierten Aufbruch zu imaginären Zielen. Aus solcherlei Zier sprach eindeutig der Stolz des Unternehmens auf seine seit eineinhalb Jahrhunderten produzierten Produkte.
    Im Hof parkten mindestens dreißig Edelkarossen, deren Gesamtwert ein auskömmliches Leben für einen selbst, die eigenen Kinder, deren Kinder und wiederum für deren Kinder ermöglicht hätte. Blank polierte Ferraris, Lamborghinis,
Rolls-Royces, Bentleys, Porsches und Maybachs standen Seit’ an Seit’ wie die Mitglieder einer Adelsfamilie bei der Taufe des Neu- und Wohlgeborenen, das heißt, in diesem Falle beim Begräbnis desselben. Großer Gott, wie viele Bedürftige die paar läppischen Milliarden doch anzulocken vermochten! Unterdessen konnte ich nun auch den Inhalt der an der Fassade angebrachten Wappen entziffern. Auch diese hatten als Motiv einen Mix unterschiedlicher geodätischer Utensilien von anno Tobak wie Nivelliergeräte und Theodolite. Doch die wahre Pracht waren die zahllosen, in viele einzelne Rechtecke unterteilten, mannshohen Fenster des Gebäudes. Samt und sonders waren diese von meisterhaften Glasmalereiarbeiten geschmückt, welche ebenfalls die Produktpalette des Hauses aus vergangener Zeit abbildeten. So viel war klar, das gesamte Anwesen stand unter dem Zeichen der Vermessung der Welt.
    »Ech muss mech vielmols entscholdign, mej Bester«, sagte der entrückte Kartäuser neben mir so abrupt in einem so fremden Idiom, dass ich einen Schreck bekam. »Obba ech ben auch derschlogen von derener Protzerej und hob dos erst amol verdauen missen.« Seine strahlenden Goldaugen, in denen kreisende Wirbel zu rumoren schienen, musterten mich eindringlich. Die niederhängenden, müden Züge verliehen ihm etwas von einem felinen Albert Einstein. »Obar Se senen jo völlich nass. Worn Se womejglich schwimmen?«
    »Nein, mein Bester«, sagte ich. »Ich transpiriere nur stark.«
    Er bekam einen nachdenklichen Ausdruck, als ließe er sich die Sache allen Ernstes durch den Kopf gehen. Dann lächelte er etwa so echt, als würden zwei Finger seine Maulwinkel hochziehen. »Nu: a Witz! Ham Se kejn Humor? Na
gut, wos solls. Ma hat oder ma hat eben nech. Ech derf mech vorstellen: Herzl. Wie Se sicher hören kennen, komm ech aus’m Ausland. Ejgentlech ben ech erst seit ejnerer Stund do, en Ihrem schejnen Städtchen. Und met wemenem hob ech dos Vergnügen, wonn ech fragen derf?«
    »Francis. Das mit der Siezerei können wir lassen, ausländischer Freund. Der Einzige, den ich im Leben je gesiezt habe, war eine dänische Zwei-Meter-Dogge namens Bruno. Er wurde später von Polizisten erschossen, nachdem er sein Herrchen bei einem Anti-Aggressionstraining mit einem Biss den Kopf abgerissen hatte. Vermutlich weil der ihn partout nicht siezen wollte. Was mich aber wirklich interessieren würde: Wie kommt unsereiner aus dem Ausland in
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