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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman
Autoren: PeP eBooks
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zu erkennen, wenn man sie ihm auseinanderklamüserte. Er verwandelte sich in Sekundenschnelle wieder in den von Generationen von Kindern zum Krüppel geschmusten Teddybären zurück und blickte mich wie gewohnt so andächtig an, als sei ich eine Art Heiland für mittlere Lohngruppen. Dennoch verriet mir eine gewisse Bitternis um seine Maulwinkel, dass ihn immer noch der Schuh drückte.
    »Ähm, da gibt es noch ein anderes großes Problem«, sagte er. »Ich meine, ein anderer Artgenosse befindet sich in akuter Lebensgefahr und wird vermutlich tot umfallen, wenn du ihm nicht auf der Stelle unter die Vorderbeine greifst.«
    »So? Um wen handelt es sich denn?«
    »Um mich! Hast du etwas zu fressen daheim?« Er gab prophylaktisch ein saftiges Schmatzen von sich, als wohne er der künftigen Fressorgie schon bei.
    »Theoretisch ja«, erwiderte ich. »Doch praktisch leider
nein. Es sei denn, du sehnst dich danach, während des Fressens plötzlich die am Wetzstein geschärften Krallen eines übergeschnappten Weibes an deiner Kehle zu spüren.«
    »Verstehe, Sancta ist mal wieder sauer, was? Tja, damit musst du selbst klarkommen, Francis. Wie ich schon sagte, Heldentum fällt in dein Fach und nicht in meins. Scheiße ja!«
    Ich bin kein, nie und nimmer, auf gar keinen Fall, nicht im Leben und unmöglich ein Held, du Blödmann!, wollte ich ihm am liebsten ins Gesicht schreien. Doch da wandte er sich abrupt ab und zuckelte und humpelte in Richtung des wild wuchernden Buschwerks, das den gesamten Durchbruch an der Längsmauer einnahm.
    »He!«, rief ich ihm hinterher, als er bereits geschmeidig ins Grün eingetaucht und nur noch sein lädierter Hintern zu sehen war. Sein Weg führte ihn mit absoluter Sicherheit zu der nächsten Anlaufstation, wo er sich etwas zusammenschnorren konnte. In all den Jahren unserer Bekanntschaft hatte ich nie herausbekommen können, wo der Kerl eigentlich genau lebte. Und von so einem abgefeimten Berufsstreuner musste ich mir moralinsaure Appelle anhören.
    Blaubart verschwand in dem Pflanzendickicht, doch mit einem Mal kam das derangierte Gesicht zwischen dem Blätterbewuchs wieder zum Vorschein, als wäre es selbst eine psychedelische Pflanze.
    »Wie heißt diese Kleine, ich meine, diese Alleinerbin, überhaupt?«, wollte ich wissen.
    »Domino«, gab er mir zur Antwort.

2
    Man kennt ja diese Sorte unausstehlicher Zeitgenossen … Ich meine jene, die bei jeder Gelegenheit auftrumpfen: »Kenne ich schon! Da bin ich auch schon gewesen! Ist mir auch schon passiert! Darin bin ich Experte!« Diese Leute, die anscheinend von allem und jedem Ahnung haben und damit bei Laien mächtig Eindruck schinden, doch wenn man mal nachbohrt, sich plötzlich auf obskure Quellen berufen und in Ausflüchte retten. Halbgebildete nennt man diese Leute, die ihr rudimentäres Wissen irgendwelchen unausgegorenen Fernsehberichten oder Internetartikeln, Verschwörungstheorien oder den Aussagen von jemandem verdanken, der jemanden kennt, der wiederum jemand anderen kennt, der in der fraglichen Sache angeblich die absolute Koryphäe sein soll. Halbbildung ist die Pest heutzutage, weil sie stets mit dem Gehabe der Gelehrtheit und des satten Erfahrungsschatzes daherkommt und doch nichts anderes ist als ein leerer Sack voller Flöhe. Ja, Sie haben richtig geraten, auch ich bin solch ein unsympathischer Floh, der mit seinem Halbwissen einen nicht einmal halbgebildeten Blaubart mächtig zu beeindrucken vermochte, doch in Wahrheit von null und nichts eine Ahnung hat.
    Bei dem guten Freund hatte ich einen Eindruck hinterlassen, als hätte ich soeben mein zweites juristisches Staatsexamen
mit Auszeichnung bestanden. Vor allem hatte ich mit diffizilen Detailkenntnissen im Erbrecht aufgewartet. Dabei kannte ich mich mit dieser Materie ungefähr so gut aus wie ein Zuhälter mit der letzten Enzyklika des Papstes. Und warum die Täuschung? Nun, da wäre natürlich das Geltungsbedürfnis des Halbgebildeten, der sich durch die Bewunderung des Überhaupt-nicht-Gebildeten tatsächlich für voll gebildet hält. Aber auch der Umstand, dass sich die ganze Geschichte wirklich wie ein Witz anhörte. Oder wie eine dieser wunderlichen Meldungen aus der Rubrik Vermischtes. Zum Staunen oder Kaputtlachen, doch harmlos. Die beiden Punkte zusammen führten dazu, dass ich Blaubart die Sorge um die vermeintlich in Gefahr schwebende Alleinerbin nahm und mir selbst ein gutes Gewissen verschaffte. Zugegeben, ein weiterer Punkt spielte ebenfalls eine Rolle,
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