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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
Autoren: Akif Pirinçci
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von deiner Sorte!« entgegnete ich.
    Das tat ich natürlich nicht, sondern dachte es mir
nur, bevor Gustav mir noch zuzwinkerte und ging. Hätte ich die anatomische
Möglichkeit gehabt, hätte ich mich nach dieser stressigen Episode dreimal
bekreuzigt. Oder ich hätte mich mit dem Teufel verbündet, was angesichts der
mich erwartenden Einblicke in die Hölle in der Stadt der Engel angebrachter
gewesen wäre.

3.
     
    Der Rest des Fluges verlief ohne Zwischenfälle.
Kurz vor der Landung legte der Pilot die Maschine zur Seite, damit die
Passagiere in den Genuß eines Blickes auf die sonnenbeschienene Stadt kamen.
Mein Herz schlug um einige Takte höher, als ich aus der Tasche blinzelte und
dieses wie das opulente Modell eines Städtebau-Phantasten wirkende Meisterwerk
zum ersten Mal zu Gesicht bekam. O welche Wonne! Da waren sie alle: die tausend
Kirchen, die das immerwährende Echo der Antike versinnbildlichenden Ruinen, die
von etlichen Brücken gefesselte grüne Schlange namens Tiber und der warme
Farbton der zahllosen Palazzi, narzissengelb, rubinrot, rotviolett, rosé … Ein
aus Kostbarkeiten geflochtener Flickenteppich, der jeden Betrachter sprachlos
machte.
    Unten die große Ernüchterung. Der Flughafen
unterschied sich kein bißchen von jenem, von dem wir gestartet waren – Zweckbauarchitektur
mit Weitläufigkeit vortäuschenden Insignien. Überall hingen überdimensionale
Werbebilder, auf denen ziemlich keimfrei aussehende Menschendarsteller einen
Don’t-worry-be-happy-Spruch in Legasthenikerenglisch für irgendeinen windigen
Vermögensfond zum Besten gaben.
    Restaurants, deren Delikatessenangebote allein der
Erfindung der Mikrowelle zu verdanken waren, reihten sich aneinander. Ich
schätze, alle Flughäfen der Welt besitzen dieses öde Flair. Und wenn es eines
fernen Tages Flüge zum Mars geben sollte, wird das erste, was die Menschen dort
zu sehen bekommen, eine Quittung über fünf Euro für eine Tasse Kaffee sein oder
ein Konzertplakat mit der Visage von Robby Williams.
    Es war langsam an der Zeit, mich von meinem
Gottesmann zu verabschieden. Die aus dem Flieger in die Passagierbrücke und
dann in den Gängewirrwarr herausströmenden Reisenden eilten solchen Schrittes
der Gepäckausgabe zu, als wären sie dem Jüngsten Gericht entkommen. Ich aber
mußte nun unbemerkt den fliegenden Wechsel von der Tasche zurück zu Gustavs
Rucksack schaffen. Doch wo war mein Sänftenträger nur?
    Plötzlich sah ich ihn! Nein, lediglich seine
Hinteransicht, bestehend aus alberner Golfkappe auf Wassermelonenschädel,
Riesenrucksack und blassen, sehr behaarten Waden, die aus lächerlichen Shorts
wuchsen.
    Gustav ließ sich im Strom der Hetzenden in Richtung
Exit treiben. Schier telepathisch zwang ich den Geistlichen, sich ihm zu
nähern, was mir nach und nach auch gelang.
    Ich mußte nur noch den richtigen Zeitpunkt
abpassen, um mit einem Satz von einem Punkt zum nächsten zu gelangen. Darüber
nämlich, was mit mir hier in der Fremde, an diesem unübersichtlichen Ort fernab
der Stadt geschehen würde, wenn ich den Absprung verpatzte, mochte ich lieber
nicht nachdenken. Vielleicht war es doch keine so grandiose Idee gewesen,
derart radikal dem Fernweh zu frönen. Ich ertappte mich sogar dabei, wie ich
mich für einen Moment danach sehnte, mit den anderen Geisteskranken in der
»Pension Pfote« ernsthaft über die Mäuse von Nagor-X zu diskutieren.
    Also sprang ich in einem Augenblick, als der
Geistliche in enge Tuchfühlung mit den anderen Eilenden geriet und die
Erschütterung in der Tasche falsch interpretieren würde, seitwärts aus dem
Schlitz heraus. Ich schoß durch die Luft und landete kopfüber im offenen
Rucksack, ohne daß es jemand mitbekam. Eigentlich ein toller Erfolg.
    Warum sagte mir eine innere Stimme aber dann, daß
trotzdem etwas nicht stimmte? In der Dunkelheit des Beutels ging ich dieser
immer vernehmlicher werdenden Stimme nach. Das Gefühl, das sie erzeugte, begann
mir Angst einzuflößen. Doch es war nicht mein Verstand, der mich schließlich
auf die richtige Fährte lotste, sondern meine Nase.
    Richtig, weder muffelte es hier drin nach
ungewaschenen Socken und Unterhosen, noch roch ich Gustavs spezifischen
säuerlichen Schweißgeruch, der sich in den Sachen epochenlang zu konservieren
pflegte. Im Grunde roch hier gar nichts nach Gustav. Im Gegenteil, in meinen
sensiblen Riechkolben drang der Duft von frischgewaschener Wäsche und kürzlich
mit Schuhcreme behandeltem Leder. Kurzum, ich befand mich im
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