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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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mickriger denn je, aber vielleicht lag das nur daran, dass ihre Brüder George und Oscar, die ziemlich groß und massig waren, direkt neben ihr standen. Ihr verkniffenes Gesicht war mager, ihre Augen funkelten.
    »Was will die hier? Was hat das zu bedeuten?«, fragte Martha.
    »Nichts Gutes«, murmelte Henry.
    Miranda sah herüber und flüsterte mit einem boshaften Lächeln George etwas zu, dann stolzierte sie auf die drei Freunde zu. »Überrascht?«, fragte sie. Miranda war vorher in die Whale-Chine-Schule gegangen, die der Priory Bay traditionell in bitterer Feindschaft verbunden war.
    »Eher unangenehm berührt«, erwiderte Henry. Das Verhältnis zwischen den Familien Twogood und Blake war nicht eben herzlich.
    Miranda musterte ihn verächtlich. Felicity fragte sich wieder einmal verwundert, wie es möglich war, dass eine derart kleine Person ihre ganze Umgebung so von oben herab betrachtete.
    »Ja, es ist wirklich schlimm«, sagte Miranda. »Wer hätte gedacht, dass ich in dieselbe Schule gehe wie ein Twogood! Du kannst von Glück reden, dass die aus Barmherzigkeit hier solche wie dich aufnehmen, die nicht mal das Schulgeld bezahlen können.«
    »Und du kannst von Glück reden, dass sie auch Doofe aufnehmen, wenn ihre Eltern genügend Geld haben.«
    »Übrigens hab ich es nur euch zu verdanken, dass ich hier bin. Meine Mutter war stinksauer, weil ihr die
Herrin
vertrieben habt, und da fand sie plötzlich, dass es eine billigere Schule für mich auch tut.« Miranda sah so unglücklich aus, dass sie Felicity für einen Moment fast sympathisch wurde.
    »Das tut mir leid, dass deine Mutter ihre Wut an dir ausgelassen hat«, sagte Felicity mit aufrichtigem Bedauern, »aber dafür kannst du uns doch nicht verantwortlich machen.«
    »Und ob ich das kann, Gallant«, zischte Miranda böse.
    »Vorsicht, du Giftzwerg«, knurrte Henry.
    »Kein Wunder, dass ihr beide zu Felicity haltet«, sagte Miranda. »Die Twogoods waren immer schon arme Schlucker, und deine Eltern« – sie sah Martha an – »sind nicht mal aus Wellow.«
    »Du weißt wohl nicht, mit wem du redest«, bemerkte Felicity und richtete sich zu voller Größe auf.
    Miranda verzog das Gesicht. »Typisch Gallant! Die halten sich alle für was Besonderes.«
    Zum Glück machte die Glocke der unerfreulichen Unterhaltung ein Ende. Miranda zog mit ihren Brüdern ab.
    Die drei Freunde machten sich auf den Weg zu ihrem Klassenzimmer. Martha hakte sich bei Felicity unter. »Bin ich froh, dass du nicht so bist wie die.«
    »Ja, allerdings«, sagte Henry. »Sie sieht noch mickriger aus als vor den Ferien. Kann es sein, dass sie vor lauter Bosheit schrumpft?«
    Felicity zwinkerte ihm zu. »Wieso bist du so gut drauf? Das ist doch nicht normal. Hast du vergessen, dass wir jetzt eine Doppelstunde Chemie haben?«
    »Nein, hab ich nicht. Und ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie vorige Woche eine Vertretung für Mr Ford eingestellt haben. Wahrscheinlich ist der Mann zum Zirkus gegangen. Er wollte immer schon Hochseilartist werden. Ich hab gehört, wie Mama es Tante Violet erzählt hat. Na ja, und so eine Aushilfskraft, die bloß nebenbei ein bisschen Unterricht hält, nehme ich überhaupt nichts ernst.«
    »Solltest du aber, schließlich ist die Schule dafür da, dass wir was lernen«, sagte Martha tadelnd.
    Henry zuckte nur spöttisch die Achseln.
    Als sie das Klassenzimmer betraten, blieben sie überrascht stehen. Es herrschte ein wildes Durcheinander. Ein Papierflieger schwirrte knapp an Felicitys Nase vorbei. Henry schnappte ihn in der Luft.
    Es dauerte eine Weile, bis Felicity kapierte, dass der neue Lehrer schon da war. Vorn am Pult stand ein großer Mann, der nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien. Seine kurzen weißblonden Haare standen wie Borsten vom Kopf ab, die Augenbrauen waren so hell, dass sie sich kaum von der blassen Haut abhoben, die Augen schimmerten in einem sehr bleichen Grau. Er hatte volle rosa Lippen, die ihm etwas unangenehm Schmollendes verliehen.
    Der Lehrer stieg jetzt auf einen Stuhl und ruderte mit den Armen. Er trug einen Rollkragenpullover und eine ausgebeulte grüne Cordjacke.
    »Die hat auch schon bessere Tage gesehen«, murmelte Henry.
    »Ruhe, bitte, Ruhe!«, rief der Lehrer, so laut er konnte, aber er war kaum zu hören. Man sah ihm an, dass er sich weit weg wünschte. Die Schüler tobten weiter, als wäre er gar nicht da. Felicity, Henry und Martha setzten sich auf drei leere Plätze in der ersten Reihe.
    »Wenn es möglich ist,
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