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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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mit ihren Freunden gemütlich beisammenzusitzen, gefiel ihr.
    »O ja, ich kann mir auch nichts Spannenderes vorstellen, als auf Regale voller Bücher zu glotzen«, bemerkte Henry ironisch.
    »Wir machen Kakao«, sagte Felicity, um ihn zu überzeugen.
    Es funktionierte: Henry grinste fröhlich. »Ich hätte Lust, wieder mal Backgammon zu spielen.«
    »Prima«, sagte Martha. »Den ganzen Sommer lang hatte ich keine Gelegenheit, jemanden zu schlagen.«
    »Hast du heute auch nicht«, erwiderte Henry.
    Die Kinder gingen auf das vertraute Gebäude oben auf der Klippe zu, wo sich zwei Fußwege kreuzten. Ein Streifen weißer Sand, den der Wind angeweht hatte, lag davor. Felicity blieb unwillkürlich stehen. Komisch, andauernd begegnete ihr in letzter Zeit dieser bleiche Sand. Er war ihr früher nie besonders aufgefallen.
    Aber Martha drängelte ungeduldig: »Was ist? Komm.«
    Sie betraten die Bibliothek. Um ihre Füße wirbelte ein bisschen Staub.
    Seit etlichen Wochen war Felicity nicht mehr hier gewesen. Die Bibliothekarin Miss Cameron stand auf einer Trittleiter und machte sich an einem Regal weit oben zu schaffen.
    »Ah, ihr seid es«, murmelte sie, als sie die Kinder bemerkte. Die Absätze ihrer etwas klobigen Schuhe klackten auf dem glänzenden Parkett, als sie auf die drei zuschritt. Ihre Miene war gelassen und heiter wie immer, ihr Teint glatt und rein, nur an den Augenwinkeln zeigten sich ganz kleine, feine Fältchen.
    Felicity lächelte sie an. Miss Cameron war eine sehr zurückhaltende Person, die sich kaum je irgendwelche Gefühle anmerken ließ, trotzdem strahlte sie etwas aus, das Felicity als angenehm empfand und das ihr irgendwie Mut und Zuversicht einflößte. Und ohne die unaufgeregte Hilfe dieser Frau wäre die kleine Olivia jetzt vielleicht nicht mehr am Leben.
    Martha genoss es sichtlich, wieder in der Bücherei zu sein, die fast so etwas wie ein zweites Zuhause für sie war. »Ich hab Ihnen so viel zu erzählen«, sagte sie. »Und ich bin gespannt darauf, zu hören, was hier alles passiert ist, während ich weg war.«
    »Nicht gerade viel«, erwiderte die Bibliothekarin. »Felicity und Henry haben sich den ganzen Sommer lang nicht blicken lassen.«
    Felicity biss sich auf die Lippen. »Ja, das stimmt«, sagte sie schuldbewusst. »Das war nicht nett von uns.«
    Miss Cameron lächelte. »Unsinn, ich habe nur Spaß gemacht. Natürlich braucht ihr frische Luft. Es ist nicht gut, wenn man die ganze Zeit seine Nase in Bücher steckt. Habt ihr schöne Ferien gehabt?«
    »Es war wunderbar«, sagte Felicity. »Nur gestern Abend wäre dann doch beinahe was Schlimmes passiert.« Sie erzählte, wie Poppy durch den kaputten Deckel des Brunnens eingebrochen war. Miss Cameron hörte schweigend zu. Ein Sonnenstrahl fiel auf ihr Haar. Erst jetzt bemerkte Felicity, dass die Bibliothekarin eine neue Frisur hatte. Sie wirkte immer noch streng und korrekt, aber ihre Haare waren kürzer und wellig.
    »Aber dein Großvater will ihn jetzt ordentlich abdecken lassen?«, fragte sie.
    Felicity nickte. »Klar. Komisch – Henry und ich hatten am selben Tag schon mal mit einem Brunnen zu tun. Wir haben beim Segeln eine Höhle in den Klippen entdeckt. Henry behauptet, sie liegt direkt unter dem Wunschbrunnen. Er sagt, der Schacht wurde vor Ewigkeiten zugeschüttet, aber als ich hochschaute, konnte ich den Himmel sehen.«
    Miss Cameron wurde blass. »Der Wunschbrunnen ist wieder offen?«
    Henry verdrehte genervt die Augen, als Felicity Martha kurz erklärte, was es mit dem Brunnen auf sich hatte.
    »Kann er wirklich Wünsche erfüllen?«, fragte Martha.
    »Ja, in gewissem Sinn«, antwortete Miss Cameron. Sie deutete auf einen Bilderrahmen, der an der Wand hing. Darin befand sich eine Handarbeit, ein Tuch, auf das mit zierlichen Stichen ein Text gestickt war:
    Also sprach der Herr des Himmels: »Ich will jedem Element eine Hüterin geben, die es im Zaum hält und meine Geschöpfe beschützt.« Und er las eine Geschichte von ihrer Entstehung vor, von vier Schwestern, deren Pflicht es war, die Elemente im Zaum zu halten. Das war ein freudiges Ereignis. Die Worte, die er sprach, fielen vom Himmel, und die Orte, wo sie landeten, wurden heilig mit besonderen Kräften: Wenn dort jemand eine Geschichte vorlas, wurde sie wahr.
    Felicity konnte ihn auswendig. Es war die Geschichte der vier Hüterinnen, und zwei davon kannte Felicity schon: ihre liebe Freundin Alice, die im vorigen Jahr verschwunden war, und die
Herrin
.
    »Ungefähr in der
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