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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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griff, um sich ihre Jugend zu erhalten … Woher wussten Sie eigentlich, dass ich von meinem Durst nach Rache abkommen würde?«
    »Ich habe es gehofft«, sagte Miss Cameron. »Sie hatten schließlich eine Menge Zeit dafür: Es dauert lange, ans andere Ende der Welt zu reisen … und wieder zurück.«
    Rafe verzog das Gesicht zu einem ironischen Lächeln. »Ja, ich musste lange herumirren, bis ich erkannte, dass der Ort, den ich suchte, hier in meiner Heimatstadt war.«
    »Viele Geschichten nehmen in Wellow ihren Anfang«, bemerkte Miss Cameron gelassen.
    »Es muss eine schreckliche Belastung für Felicity gewesen sein, als sie erfuhr, was für eine Rolle ihr zugedacht war«, sagte Rafe. »Dass sie Ruby rächen und Aura töten sollte.«
    »Sie wird Ihnen verzeihen, wenn sie die Wahrheit erfährt«, meinte Miss Cameron. »So wie es ausgegangen ist, hat sie dabei geholfen, eine Geschichte von Liebe und Freundschaft zu schaffen, eine Urgeschichte, die immer wieder überall auf der Welt wahr werden kann.«
    »Und Aura ist jetzt weg …«
    Miss Cameron schwieg.
    »Das war wirklich genial von Ihnen«, fuhr er voller Bewunderung fort. »Alle kannten den genauen Wortlaut des Gelübdes: Was dir das Leben geschenkt hat, soll dich vernichten – daran war nicht zu rütteln, aber Sie haben den Worten in einer neuen, einer zweiten Geschichte einfach einen anderen Sinn untergeschoben: Was ihr ›das Leben geschenkt hat‹, was sie am Leben erhalten hat, ist das Blut der Kinder.«
    »Ich habe es nur getan, um sie zu schützen«, sagte Miss Cameron.
    Rafe nickte. »Ja, in der Geschichte, die Sie erzählen, wird die Herrin nur dann vernichtet, …«
    »… wenn sie weiter Blut vergießt«, brachte Miss Cameron den Satz zu Ende.
    »Wenn sie nicht versucht hätte, noch eine dritte Tochter zu ermorden, wäre sie immer noch hier.«
    »Ja, vielleicht.«
    »Was ist wohl aus ihr geworden?«, fragte Rafe nach einer Weile.
    »Ich glaube, Alice hat sie gerettet«, sagte Miss Cameron. »Aber wie auch immer, Ihre Geschichte ist in der Welt und wird im Leben von Kindern wie Felicity immer wieder Wirklichkeit werden: Sie werden die Freunde finden, die sie brauchen, und die Liebe, die sie verdienen, wenn sie einsam und ausgegrenzt sind. So hat Rubys Tod doch noch etwas Gutes gestiftet.«
    Hoch aufragend stand Abednego einsam auf dem Quarterdeck der Sturmwolke . Er blickte schweigend auf das grüne Meer.
    Der Erste Offizier trat vorsichtig zu ihm hin. »Die Ebbe hat eingesetzt, Käpt’n«, bemerkte er. »Es wird Zeit, dass wir auslaufen, denke ich.«
    Abednego starrte ihn verwirrt an. »Die Herrin ist nicht mehr da«, sagte er. »Wir sind frei – keiner muss auf dem Schiff bleiben.«
    »Sie sind unser Kapitän«, sagte der Erste Offizier. »Sie waren es immer und werden es bleiben. Soll ich den Befehl geben?«
    Abednego blickte auf ein Boot, das direkt auf das Schiff zukam. Darin saß ein Mann in adrett gebügelter blauer Uniform mit blank polierten Knöpfen. »Noch nicht«, sagte er.

VIERTES BUCH
Sommer



Nachspiel
    E
s ist hübsch, an einem schönen Tag von Wellow zur Soul Bay zu wandern, allerdings muss man zuerst den gefährlichen Abstieg über etliche Holzstufen bewältigen, die irgendwann vor langer Zeit einmal jemand angebracht hat.
    Man geht über mit duftendem Gras bewachsene Dünen, durch uralten Wald mit dichten Farnen und weichem, feuchtem Moos und gelangt schließlich am Ende einer Klippe zu einem Absperrseil. Nur die ganz Entschlossenen schlüpfen darunter hindurch und steigen hinab zu dem sonnigen Kieselstrand.
    Unten führt ein einfacher Brettersteg über das schmale Rinnsal, das weiter abwärts im Sand versickert, bevor es das Meer erreicht.
    Ein Mädchen sitzt auf dem Steg. Es ist groß für sein Alter, seine langen braunen Haare fließen ungebändigt zerzaust herab. Das glücklich strahlende Gesicht mit den rosa Wangen und den auffallend dunklen Augen wirkt manchmal sehr hübsch und dann wieder völlig unscheinbar. Sie ist barfuß, auf ihrer Stirn ist ein Schmutzfleck.
    Neben ihr holt ein stämmiger rotblonder Junge ein Stück Schnur ein, an dessen Ende ein Stückchen Knochen mit Fleisch dran festgebunden ist. Eine Krabbe klammert sich wild entschlossen an den Köder. Der Junge macht sie los und legt sie in einen Eimer zu den anderen Krabben, die er bereits gefangen hat. Das Mädchen schaukelt mit den Beinen und lacht über etwas, das der Junge gerade gesagt hat.
    Nicht alles im Leben geht so, wie wir es gerne hätten.
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