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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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begründen, aber die Briefe wurden weiterhin ausgestellt.
    Die FBI-Agenten in der Terrorismusabwehr missbrauchten ihre Macht auch dadurch, dass sie sogenannte »exigent letters« (»Dringlichkeitsbriefe«) ausstellten mit der dringenden Aufforderung zur Herausgabe tausender gespeicherter Telefongespräche, ohne die FBI-Zentrale darüber zu informieren. Eine endlose Abfolge von Abteilungsleitern, Stellvertretern und Special Agents hielten sich weder an die Regeln, noch erfüllten sie ihre Aufgabe. »Wir hatten kein Systemmanagement, um zu gewährleisten, dass bei uns die Gesetze eingehalten wurden«, sagte Mueller. [667]   Er räumte ein, das FBI habe den Patriot Act missbraucht, um Informationen zu gewinnen.
    Diese Aussage vor der 9/11-Kommission hinterließ bei vielen ihrer Mitglieder den Eindruck, das FBI müsse grundlegend neu strukturiert werden. Sie erwogen ernsthaft die Schaffung eines neuen Inlandsgeheimdienstes, der das FBI ersetzen sollte. Mueller führte jetzt einen Drei-Fronten-Krieg gegen die Untersuchungskommission, den Kongress und das Weiße Haus, um zu verhindern, dass die Kompetenzen des FBI geteilt wurden: in die Strafverfolgung auf der einen und den Geheimdienst auf der anderen Seite. Dieser Kampf währte den ganzen Sommer und Herbst 2004 und setzte sich im folgenden Jahr fort.
    Der einzige Teil des Untersuchungsberichts der Kommission zum FBI, der in die Gesetzgebung einging, war die Forderung, es müsse eine »Behördenkultur mit umfassender Expertise und Engagement im Bereich der Geheimdienstaufgaben« geschaffen werden. Darum hatte sich Mueller schon seit Jahren bemüht. Er kam zwar nur langsam und ruckweise vorwärts, erreichte aber schon bald sein Ziel, die Zahl der Geheimdienstanalysten beim FBI zu verdoppeln. Jetzt gab es 2000 solcher Geheimdienstauswerter, und sie waren nicht mehr dazu abgestellt, Telefonate zu beantworten und den Papierkorb zu leeren. [668]  
    Mueller hatte der Kommission zuversichtlich berichtet, er mache große Fortschritte »beim Eintritt in die nächste Stufe der Umwandlung des FBI in eine Geheimdienstbehörde«. [669]   Doch bis dieses Ziel erreicht wurde, sollten noch mindestens fünf Jahre vergehen.
    Der Präsident sah sich gezwungen, selbst einen Geheimdienstausschuss zu schaffen, nachdem er einräumen musste, dass die Massenvernichtungswaffen im Irak ein Hirngespinst gewesen waren. Den Vorsitz führte Laurence Silberman, Richter am Bundesberufungsgericht. Er war Cheneys Favorit. Die beiden waren derselben Ansicht über das FBI, und zwar schon seit 30 Jahren, als Silberman stellvertretender Justizminister und Cheney Präsident Fords Stabschef gewesen war. Damals, nach Nixons Sturz, hatte das Weiße Haus Silberman mit der Suche nach Hoovers Geheimdossiers beauftragt. Der Richter hatte seither Vorbehalte gegen das FBI.
    »Es war die allerschlimmste Erfahrung während meiner langen Jahre im Dienst der Regierung«, sagte Richter Silberman zu seinen Kollegen. »Hoover hat tatsächlich seine Agenten beauftragt, ihm jedes Fitzelchen Schmutz über Leute wie Martin Luther King und deren Familien persönlich zu hinterbringen. Diese Informationen benutzte er manchmal zur subtilen Erpressung, um seine Macht und die Macht des FBI zu sichern […] Ich glaube, es wäre richtig, alle neuen Mitarbeiter mit den geheimen und vertraulichen Dossiers J. Edgar Hoovers bekannt zu machen. Und in diesem Zusammenhang würde diesem Land – und dem FBI – ein guter Dienst erwiesen, wenn Hoovers Name vom FBI-Gebäude verschwinden würde.« [670]  
    Mit dem Bericht über das FBI, der im Winter 2004 angefertigt und am 31. März 2005 an das Weiße Haus geschickt wurde, verpasste Silberman dem FBI eine tüchtige Abreibung. »Seit den Anschlägen vom 11. September sind dreieinhalb Jahre vergangen«, begann das Kapitel über das FBI. »Dreieinhalb Jahre nach dem 7. Dezember 1941 hatten die Vereinigten Staaten ein Heer und eine Marine aufgebaut und ausgerüstet, die zwei Ozeane, den Ärmelkanal und den Rhein überquerten; sie hatten Deutschland zur Kapitulation gezwungen und sollten zwei Monate später auch Japan besiegen. Das FBI hat die vergangenen dreieinhalb Jahre damit verbracht, die Anfänge eines Geheimdienstes aufzubauen.« [671]   Der Bericht prophezeite, es werde bis 2010 dauern, bis dieser Aufbau abgeschlossen sei.
    Hart ins Gericht ging der Bericht mit der Abteilung Nachrichtenbeschaffung des FBI, die Mueller zwei Jahre zuvor geschaffen hatte. Er kam zu dem Ergebnis, die
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