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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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aber ihre Zahl wuchs stetig. Eine Handvoll Rechtsexperten des Justizministeriums und Richter des Intelligence Court hielten die Programme für verfassungswidrig und waren der Ansicht, sie müssten beschränkt und besser kontrolliert werden. Sie überzeugten James Comey, die neue Nummer zwei im Justizministerium. Und Comey hatte in Robert Mueller schon bald einen Verbündeten.
    Am 4. März kamen Mueller und Comey überein, das FBI könne mit den Überwachungsprogrammen nicht so weitermachen wie bisher. Die ausufernden Durchsuchungen müssten beschränkt werden, um die Rechte amerikanischer Staatsbürger zu schützen. Ihrer Ansicht nach konnte Justizminister Ashcroft Stellar Wind so, wie es jetzt war, nicht weiter unterstützen. An jenem Tag legte Comey seinem Vorgesetzten in einem einstündigen Gespräch im Justizministerium sein Anliegen dar. Ashcroft pflichtete ihm bei. Comey war ein überzeugender Anwalt seiner Sache. Der Enkel eines irischen Polizeikommissars zählte zu den vom FBI bevorzugten Staatsanwälten. Er hatte nach den Al-Qaida-Anschlägen zwei Jahre lang als Staatsanwalt in Manhattan kompetent und zielstrebig an Terrorismus-Anklagen gearbeitet. Das Vertrauen, das ihm an jenem Tag entgegengebracht wurde, zeigte, dass die einschüchternde Macht des Systems der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten nicht nur auf Statuten, sondern auch auf persönlichen Beziehungen beruhte.
    In jener Nacht – Stunden, nachdem Comey ihn überzeugt hatte – erlitt Ashcroft eine schwere Schmerz- und Übelkeitsattacke. Die Ärzte diagnostizierten eine lebensbedrohliche Gallenstein-Pankreatitis. Er bekam Schmerzmittel und musste umgehend operiert werden. Da Ashcroft handlungsunfähig war, war Comey jetzt geschäftsführender Justizminister und oberster Polizeibeamter der Vereinigten Staaten.
    Stellar Wind musste am 11. März verlängert werden. Sieben Tage des Ringens standen bevor, ein Tauziehen zwischen Sicherheit und Freiheit. Mueller sei ihm »in jener Woche eine große Hilfe gewesen«, sagte Comey.
    Am 9. März um die Mittagszeit traf der FBI-Direktor im Weißen Haus mit Vizepräsident Cheney zusammen. Im Eckbüro von Andrew Card, dem Stabschef des Präsidenten, saßen sie einander gegenüber. Cheney war unerbittlich: Niemand habe das Recht, die Befugnisse des Präsidenten in Frage zu stellen. Die Ausspähung werde auf Befehl des Präsidenten weitergehen, mit oder ohne die Zustimmung des Justizministeriums.
    »Damit könnte ich ein Problem haben«, antwortete Mueller. Laut seinen Aufzeichnungen zu dem Gespräch erklärte er dem Vizepräsidenten, das FBI müsse »die Rechtmäßigkeit der weiteren Beteiligung an dem Programm prüfen«. [665]  
    Am 10. März gab Präsident Bush Andrew Card und dem Berater des Weißen Hauses, Alberto Gonzales, die Anweisung, Ashcroft in der Intensivstation des George Washington University Hospital eineinhalb Kilometer nordwestlich des Weißen Hauses aufzusuchen und sich dessen Unterschrift geben zu lassen. Ein Sicherheitsbeamter vom FBI bewachte Ashcrofts Zimmer. Ashcroft war am Tag zuvor operiert worden. Er war nicht in der Lage, Besucher zu empfangen, geschweige denn, geheime Anweisungen des Präsidenten zu unterzeichnen. Um 18. 45 Uhr rief der Präsident im Krankenhaus an und wollte mit Ashcroft sprechen. Ashcrofts Frau nahm den Anruf entgegen.
    Der Präsident erklärte, es gehe um eine Frage der nationalen Sicherheit. Sie reichte das Telefon nicht weiter. Die FBI-Agenten hatten die Geistesgegenwart, Ashcrofts Stabschef zu benachrichtigen, dass die Vertrauten des Präsidenten auf dem Weg ins Krankenhaus seien. Er rief Comey an. Der geschäftsführende Justizminister bat Mueller telefonisch, sich mit ihm im Krankenhaus zu treffen, um die Konfrontation zu bezeugen.
    Sie eilten zur Intensivstation. Comey, der als Erster da war, betrat das abgedunkelte Zimmer und stellte fest, dass Ashcroft immer wieder wegdämmerte. »Ich fing sofort an, mit ihm zu sprechen. […] um zu sehen, ob er das Geschehen um sich herum bewusst wahrnahm. Ich war mir nicht sicher, ob er dazu in der Lage war. Er wirkte ziemlich mitgenommen.« Comey ging in den Flur hinaus und rief erneut Mueller an. Der FBI-Direktor versprach, in wenigen Minuten da zu sein. Seinen Agenten gab er die Anweisung sicherzustellen, dass die Abgesandten des Präsidenten den geschäftsführenden Justizminister nicht aus dem Krankenzimmer warfen.
    Die FBI-Agenten erinnerten sich, dass Card und Gonzales um 19. 35 Uhr eintrafen.
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