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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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aus.
    Der Fall löste im Hauptquartier eine intensive Debatte aus, die sich fortsetzte, nachdem sich die Verdächtigen schuldig bekannt hatten. Wenn das FBI mehr wie ein Geheimdienst gedacht hätte, dann hätte es einen oder zwei der Lackawanna-Verdächtigen dafür benutzen können, um Al-Qaida in Afghanistan zu unterwandern. Hätte das Bureau sie als Spione rekrutieren sollen, anstatt sie festzunehmen?
    Auf solche Fragen hatte Mueller keine Antwort. Das Bureau war nach wie vor nicht in der Lage, im Dienst der nationalen Sicherheit als Geheimdienst tätig zu werden. Es war vollauf damit beschäftigt, auf die Ereignisse des Tages, der Stunde, der Minute zu reagieren. Ihm fehlte der Weitblick. Mueller und seine Stellvertreter konnten nicht über ihren Tellerrand hinaussehen. Zwar versuchte Mueller, die Zahl der Terrorabwehragenten und Geheimdienstanalysten zu verdoppeln, aber die Mühlen mahlten unerträglich langsam.
    Als die Vereinigten Staaten am 19. März 2003 den Krieg gegen den Irak begannen, wurden Mueller und sein neuer Terrorabwehrleiter Larry Medford, der dritte Mann auf diesem Posten in 14 Monaten, tagtäglich mit hunderten Gefahrenberichten aus dem Nahen Osten bombardiert. Immer wieder kam es zu Störungen von Muellers sorgfältig ausgehandeltem Arrangement mit dem Foreign Intelligence Surveillance Court über die Beteiligung des FBI an Stellar Wind. Das Weiße Haus hatte das Bureau soeben angewiesen, die von 10000 in den Vereinigten Staaten lebenden Irakern ausgehende Gefahr zu untersuchen. Die Untersuchungskommission zum 11. September sollte wenig später ihre ersten öffentlichen Anhörungen durchführen, und es galt als sicher, dass der Direktor eines Tages für die gegenwärtigen und vergangenen Verfehlungen des FBI würde geradestehen müssen. Die ständig klingelnden Telefone, der Druck, den nächsten Anschlag verhindern zu müssen, und die Kriegsmentalität, die ihnen der Präsident auferlegt hatte, all das wurde manchen Agenten zu viel. Am 29. April nahm sich der Leiter der Abteilung Terrorabwehr für den Iran mit seiner eigenen Schusswaffe das Leben, nachdem ihn um 4. 30 Uhr ein Anruf aus dem Bett geholt hatte.
    Am 1. Mai verkündete Präsident Bush das Ende der großen Kampfaktionen im Irak, Amerikas Mission sei erfüllt. Mueller nutzte die Zeit, um sich Gedanken zu machen. Er traf eine Entscheidung, die darauf abzielte, wie er es formulierte, »das Bureau in einen Geheimdienst zu verwandeln«.
    Mueller stampfte in seiner Behörde ein Office of Intelligence, ein Büro für Aufklärung, aus dem Boden und setzte die Leiterin der Fernmeldeaufklärung bei der NSA, Maureen Baginski, an seine Spitze. Sie war die mächtigste Frau in der amerikanischen Geheimdienstgemeinde. Beim FBI war sie so gut wie unbekannt.
    Maureen Baginski hatte bei der NSA Karriere gemacht. Angefangen hatte sie als Russland-Analystin und war dann bis in die Kommandoebene aufgestiegen. An der Wende zum 21. Jahrhundert, als die Nationale Sicherheitsbehörde kaum noch mit der Flut von verschlüsselten Informationen aus dem Internet Schritt halten konnte und die Supercomputer der CIA stotterten und zusammenbrachen, hatte General Hayden Baginski damit betraut, Abhilfe zu schaffen. Ihr Direktorat Fernmeldeaufklärung war der größte Einzelposten im Spionagebetrieb der Vereinigten Staaten; ihr Budget von vier Milliarden Dollar konnte es mit dem des FBI aufnehmen, und unter ihr arbeiteten sogar noch mehr Leute als für das FBI, das fast 11000 Agenten beschäftigte. Außerdem war sie von Beginn an für Stellar Wind verantwortlich.
    Mueller machte sie zu seiner rechten Hand. Sie war bei jeder wichtigen Besprechung an seiner Seite. Er gab ihr ein Büro ein paar Türen neben seinem und sagte ihr, sie solle sich an die Arbeit machen. Zu Anfang hatte sie weder Geld noch Personal; es dauerte ein Jahr, bis sie ihre kleine Kompanie aus fünfzig Mann beisammen hatte. Und in all der Zeit bekam sie nur spärliche Unterstützung von den Außenstellen. Sie sandte ihre Botschaft an die verantwortlichen Special Agents im ganzen Land: Sie seien jetzt Teil eines Geheimdienstes aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert. Jede Außenstelle sollte ihre eigene Geheimdienstgruppe schaffen und führen und dem Hauptquartier über Bedrohungen Bericht erstatten. Die Außenstellen waren skeptisch.
    Baginski lief bei den Männern bald unter dem Namen Vision Lady, Dame mit Visionen. Sie erklärte Mueller, der Umbau würde Jahre in Anspruch nehmen. Es sei ein Marathon,
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