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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser
Autoren: Mario Ludwig
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einer rechtzeitig durchgeführten Tollwut-Impfung.
    Infizierte Tiere zeigen sich äußerst verhaltensauffällig. Erkrankte Wölfe können dabei besonders aggressiv und bissig werden, sind übererregt, zeigen einen gesteigerten Geschlechtstrieb und haben Schaum vor dem Maul. Die Tiere laufen regelrecht Amok und beißen jedes Tier bzw. jeden Menschen, der ihnen im Weg steht. Es sind Fälle bekannt, in denen ein tollwütiger Wolf in kürzester Zeit hintereinander 20 Menschen und mehr gebissen hat. Bei Wölfen scheint diese von Experten als »rasende Wut« bezeichnete Phase in besonderem Maß aufzutreten.
    Anders als nicht infizierte Wölfe, die sich meist Kinder oder Frauen als leichte Beute aussuchen, greifen tollwütige Wölfe wahllos alle Menschen an. Im Gegensatz zu gesunden »menschenfressenden« Wölfen verzehren tollwütige Wölfe ihre Opfer nicht.
    Die zweite Chance
    Einst war der Wolf das am weitesten verbreitete Raubtier der Erde. Auch in Deutschland gehörten Wölfe noch vor einigen Jahrhunderten zum festen Arteninventar. Aber durch eine erbarmungslose Verfolgung durch den Menschen wurden die grauen Räuber vor allem in großen Teilen Westeuropas bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts fast vollständig ausgerottet. Der letzte frei lebende Wolf Deutschlands wurde am 27. Februar 1904 in der Lausitz erschossen. Allerdings handelte es sich beim sogenannten Tiger von Sabrodt, der übrigens heute ausgestopft im Museum des Schlosses Hoyerswerda zu besichtigen ist, sehr wahrscheinlich um ein ausgebrochenes Zirkustier. In den folgenden Jahren wanderten zwar immer wieder vereinzelt Wölfe aus unseren östlichen Nachbarländern nach Deutschland ein, konnten sich hier jedoch nicht etablieren. Allein zwischen 1945 und 1990 wurden im Osten Deutschlands nachweislich mindestens 22 Wölfe entweder von Jägern erschossen oder fielen dem Straßenverkehr zum Opfer. Es dauerte bis ins Jahr2000 , bis sich ein aus Polen eingewandertes Wolfspärchen wieder dauerhaft im Osten Deutschlands ansiedelte und Junge bekam. Mittlerweile schätzt man, dass in Sachsen und Brandenburg wieder rund 40 bis 50 Wölfe in insgesamt sechs Rudeln leben. Als Kernlebensraum dient ihnen dabei offensichtlich der Truppenübungsplatz »Oberlausitz«. Einzelne Wölfe wurden auch in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Hessen nachgewiesen.
    Experten gehen davon aus, dass sich der Wolf bei einer weiteren Ausbreitung und bei konsequentem Schutz auch in anderen Teilen Deutschlands wieder dauerhaft etabliert. Mit dem konsequenten Schutz ist das jedoch leider eine problematische Angelegenheit. Zwar ist der Wolf in Deutschland gleich durch drei Richtlinien (das Washingtoner Artenschutzabkommen, die Genfer Konvention sowie durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union) streng geschützt, dennoch werden immer wieder Wölfe – angeblich aus Notwehr oder wegen einer vorgeblichen Verwechslung mit wildernden Hunden – illegal von Jägern getötet. Und auch in Gegenden mit Nutztierhaltung sind die grauen Räuber nicht gerne gesehen. So berichtet der WWF , dass gerade Schafhalter sich oft vehement gegen die Rückkehr des Wolfes wehren, da Schafe für Wölfe relativ einfach zu erbeuten sind. Vor allem aber ist es das Bild von der menschenfressenden Bestie Wolf, das in den Köpfen vieler Menschen offenbar immer noch sehr tief verankert ist und das bei der Bevölkerung zum Teil für große Ressentiments gegen eine Rückkehr der Wölfe nach Deutschland sorgt. In Sachen Aufklärungsarbeit und Akzeptanzschaffung wartet hier auf die verantwortlichen Naturschutzbehörden, aber auch die Naturschutzverbände, also noch eine ganze Menge Arbeit.
    Von Normal-, Schad- und Problembären
    Im Zusammenhang mit Auftreten und Tod des Braunbären Bruno etablierte sich ein Begriff, der zuvor in Deutschland unbekannt war: der »Problembär«.
    So richtig populär wurde das Wort »Problembär« durch eine Pressekonferenz des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber im Mai2006 , auf der der Politiker versuchte, den Abschuss Brunos zu rechtfertigen. In seiner Rede unterschied Stoiber dabei in wissenschaftlich mehr als fragwürdiger Weise zwischen »Normalbären«, die ein erwartungsgemäßes Verhalten aufweisen würden, sogenannten »Schadbären« sowie schließlich den »Problembären«, zu denen auch der gemeuchelte Bruno zählen würde.
    Die reichlich unreflektierte neue »Bärensystematik« des bayerischen Ministerpräsidenten sorgte in den Medien für
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