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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht
Autoren: Judith McNaugth
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Er spielte damit auf die Wette an, die sie im Büro über ihre beiden Kollegen laufen hatten.
    »Ich habe zehn Dollar auf Jess gewettet.«
    Burnby blinzelte ins Sonnenlicht, während seine Augen immer noch dem hübschen Paar folgten, das am Parkrand stehengeblieben war, um sich mit ein paar Leuten zu unterhalten. »Wenn Sloan jemals etwas über die Wette erfährt, ist die Hölle los.«
    »Ich glaube, du bist nicht ganz auf dem neuesten Stand«, versetzte Reagan lachend, wobei sein Bauch auf und ab hüpfte. »Ich bin sicher, daß Sloan schon längst von der Wette weiß und ihm schon allein deshalb keine Chance geben wird. Sie ist nur zu klug und gewitzt, um sich etwas anmerken zu lassen.«
    Sloan ging auf ihren Zivilwagen zu, einen weißen Chevrolet, den die Stadt Bell Harbor ihr zur Verfügung gestellt hatte. Nachdem sie sich lachend und feixend von Jess verabschiedet hatte, blieb sie noch kurz neben ihrem Wagen stehen. Teils aus reiner Gewohnheit, teils aber auch aus einem sonderbaren Gefühl heraus sah sie sich aufmerksam um, um ganz sicherzugehen, daß alles friedlich und in bester Ordnung war.
    Die kleine Stadt Bell Harbor wuchs in so dramatischer Geschwindigkeit, daß jeden Tag Dutzende unbekannter Gesichter ihren Weg kreuzten. Sie kannte weder das mollige junge Mädchen mit dem kleinen Kind an der Hand, das neben einem Wagen wartete, noch die alte Frau mit den Zwillingen, die ganz in der Nähe Fangen spielten, noch den bärtigen Mann, der unter einem Baum saß und Zeitung las. Der enorme Zustrom an neuen Einwohnern hatte der Stadt nicht nur zu beträchtlichem Wohlstand und zu entsprechenden Steuervergünstigungen verholfen, sondern er ging auch mit einer drastischen Zunahme der Kriminalität einher. Dies war der Preis, den Bell Harbor für seinen Wandel vom schläfrigen Strandnest zur angehenden blühenden Großstadt zahlen mußte.
    Im Park hielten sich nicht mehr viele Menschen auf. Der Clown Clarence hatte sich - wie auch die Zauberkünstler und Jongleure - eine Stunde freigenommen, um zu Abend zu essen. Die meisten Buden und Zelte lagen wie ausgestorben da. Auch die Parkbank in der Nähe von Saras Zelt war leer, und es war keine Spur mehr von einem Fremden mit scharfgeschnittenen Gesichtszügen zu sehen, der irgendwie nicht so recht in den milden, sonnigen Tag passen wollte.
    Zufrieden stieg Sloan ins Auto, startete den Motor und warf einen Blick in ihren Rückspiegel. Der Weg war frei, und so legte sie den Rückwärtsgang ein und fuhr aus dem Parkplatz, um dann in die gewundene Straße einzubiegen, die den Park in zwei Hälften teilte.
    Als Burnby ihr vorhin zu ihrem Erfolg gratuliert hatte, hatte er auf ein Ereignis am Vorabend angespielt. Ein rasend eifersüchtiger und sturzbetrunkener Mann hatte den neuen Freund seiner Exfrau erschießen wollen, und es war Sloan erst nach mehreren aufreibenden Stunden gelungen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Sie hatte so lange mit sanfter Beharrlichkeit auf ihn eingeredet, bis er seine Waffe endlich niedergelegt hatte. Zunächst hatte er sich geweigert, für ein Verbrechen, das er nicht einmal zu Ende gebracht hatte, ins Gefängnis zu gehen. Sloan hatte ihn aber schließlich davon überzeugt, daß die Zeit in der Zelle ihm Gelegenheit geben würde, zur Ruhe zu kommen und wieder Hoffnung zu schöpfen, daß er später eine andere Frau finden würde, die seine »Qualitäten« mehr zu schätzen wußte. Niemand hätte jemals davon erfahren, wenn der Mann nicht im Lokalfernsehen ein Interview gegeben hätte, in dem er dem Journalisten haarklein darlegte, was ihn zum Aufgeben bewogen hatte. Ihm selbst war die leichte Ironie in Sloans Ratschlägen gar nicht aufgefallen, doch die Medien hatten sofort die Gelegenheit ergriffen, Sloan einmal mehr zur unfreiwilligen Heldin zu stilisieren, die mit ihrem Handeln nicht nur Mut, sondern auch Witz und Schlagfertigkeit bewiesen hatte.
    Am Abend zuvor hatte Captain Ingersoll ihr widerwillig seine Anerkennung dafür gezollt, daß sie die Situation so geschickt gemeistert hatte; doch offensichtlich hatte das Interesse der Medien für ihre Person ihn nun wieder gegen sie eingenommen. Bis zu einem gewissen Grad konnte sie seine Reaktion sogar verstehen. Es war nicht zu leugnen, daß man ihr schon allein deshalb mehr Aufmerksamkeit schenkte, weil sie eine Frau war.
    Nachdem sie die große Kreuzung am Eingang des Parks überquert hatte, wandte Sloan ihre Gedanken wieder angenehmeren Dingen zu, so zum Beispiel dem warmen Schaumbad, das sie
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