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Fangboys Abenteuer (German Edition)

Fangboys Abenteuer (German Edition)

Titel: Fangboys Abenteuer (German Edition)
Autoren: Jeff Strand
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ihm an die Schläfe, ein Hieb mit der flachen Hand, der Nathans Ohren dröhnen ließ.
    »Ich habe ›Sir‹ gesagt«, behauptete Nathan steif und fest.
    »Ich weiß. Ich bin nicht taub. Das war für die ganzen schlimmen Dinge, die du getan hast, bevor du zu mir gekommen bist. Ich denke, wir können uns beide darauf einigen, dass eine Ohrfeige eine extrem milde Strafe für alle die Sünden ist, die du begangen hast, oder?«
    »Ja, Sir.«
    »Jetzt fangen wir also bei Null an. Ab jetzt, wenn ich dich schlage, ist es aufgrund von Verstößen nach diesem Moment. Klingt das gerecht?«
    »Ja, Sir.«
    »Hast du Hunger?«
    »Ja, Sir.«
    »Beißt du Hühnern den Kopf ab?« Steamspell lachte. »Das wäre doch was! Ich frage mich, wann echte Freaks ins Freak-Geschäft einsteigen. Vermutlich ziemlich früh, oder?«
    »Ich weiß nicht, Sir.«
    »Nein, vermutlich weißt du das nicht, du bist ja nicht in einer Jahrmarkts-Atmosphäre aufgewachsen. Vielleicht werde ich das ausnutzen. Magst du den Geschmack von lebendigen Hühnern? Ach, egal, darum kümmern wir uns später. Komm schon, Nate, bringen wir dich zu deiner Matratze.«
     
    ***
     
    An seinem zweiten Tag im Waisenhaus bekam Nathan den Spitznamen »Fangboy«. Seinen ersten Tag verbrachte er größtenteils damit, mit einem Jungen, der kein Wort sprach, die Küche zu scheuern; und in der ersten Nacht lag er auf seiner Matratze und weinte leise unter einer dünnen Decke, die leicht nach Schimmel roch.
    Die anderen Jungen ließen ihn in der ersten Nacht in Ruhe, wahrscheinlich weil sie sich alle daran erinnerten, wie sie in ihrer ersten Nacht im Waisenhaus geweint hatten. Nathan wollte nicht weinen, er wollte tapfer sein, aber er konnte nicht anders. Er vermisste seine Mom und seinen Dad und sein eigenes Bett und essbare Mahlzeiten. (Das Abendessen hatte aus grauen und weißen Klumpen bestanden, die die Jungen per Abstimmung für Hühnchen und Knödel hielten, obwohl es eigentlich Hackbraten war.)
    Am zweiten Tag, gleich früh am Morgen, riss ein Junge, der ungefähr zehn Jahre alt war, Nathan die Zahnbürste aus der Hand. »Die gehört jetzt mir«, verkündete er.
    »Gib sie mir zurück!«, schrie Nathan.
    Der Junge, Arnold, schüttelte den Kopf und hielt die Zahnbürste so hoch, dass Nathan sie nicht erreichen konnte. »Ich tausche mit dir«, sagte er. »Ich bin älter, also bekomme ich die bessere Zahnbürste.«
    Zahnbürsten gehörten zu den Gegenständen, die man Steamspells Meinung nach nicht regelmäßig austauschen musste; er zwang die Jungen jedoch nicht, Zahnseide zu recyceln.
    »Nein!«, brüllte Nathan. Die Zahnbürste, obwohl es sich um keine Spezialanfertigung handelte, war die größte, die Nathans Vater hatte finden können. Nathan wusste, dass er auch mit einer kleineren Bürste auskommen würde, aber trotz seines Mangels an sozialem Umgang begriff er, dass dies ein Schlüsselmoment war. Wenn er zuließ, dass der Junge ihm seine Zahnbürste klaute, wäre er für immer »Der Junge, dessen Zahnbürste man klauen kann.« Er wollte nicht herumgeschubst werden. »Du kannst sie nicht haben!«
    Arnold ließ die Zahnbürste auf den Boden fallen. Aufgrund der ganzen Kinderarbeit war der Boden eigentlich ziemlich sauber, aber trotzdem, keiner hatte es gern, wenn jemand die eigene Zahnbürste auf den Boden warf. »Was ist mit deinem Mund?«
    Nathan machte den Mund zu und sagte nichts.
    »Hey, kommt mal alle her!«, rief Arnold und winkte die anderen Waisenkinder herbei. »Der Neue hat Reißzähne!«
    »Hab ich nicht!«, entgegnete Nathan.
    »Schaut sie euch an! Die können nicht echt sein, oder?«
    Die anderen Jungen versammelten sich um ihn, und Nathan spürte, wie er vor Scham errötete. Er bedeckte mit der linken Hand seinen Mund.
    »Mach schon, zeig ihnen deine Reißzähne!«
    »Das sind keine Reißzähne.«
    »Klar sind sie das! Wie Draculas Reißzähne, außer dass es deine Zähne sind! Wie ist das passiert? Hast du die schon immer? Zeig sie den anderen!«
    Nathan schüttelte den Kopf.
    »Ich habe gesagt, du sollst sie den anderen zeigen!«
    Die anderen Jungen riefen im Chor: »Zeig sie uns! Zeig sie uns! Zeig sie uns!«
    Nathan hielt sich mit beiden Händen den Mund zu und versuchte verzweifelt, nicht zu weinen. Sein Gesicht brannte so heiß, dass er dachte, es löse sich in Asche auf.
    »Zeig sie uns! Zeig sie uns! Zeig sie uns!«
    »Was zum Teufel ist denn hier los?«, fragte Steamspell, als er seinen Kopf in den großen (aber für vierundfünfzig Jungen nicht
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