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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit
Autoren: Walter Mosley
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ein Büro in Manhattan bringen. Wenn Sie mit mir kommen, können Sie in Ihr altes Leben zurückkehren.«
    »Ich habe Angst.«
    »Angst ist okay. Sie hilft einem, wachsam und immer auf dem Sprung zu bleiben.«
    Darüber musste sie aus irgendeinem Grund lächeln.
     
    »Wir müssen ein paar Dinge klären, bevor wir mit diesem Mann reden«, sagte ich, als wir in westlicher Richtung über den Brooklyn-Queens-Expressway fuhren.
    »Was?«
    »Der Mann, der Wanda getötet hat, hieß Adolph Pressman.«
    Angie wandte den Blick ab und ließ ihn über Brooklyn schweifen.
    »Ich weiß, dass er Sie aufgespürt hat. Ich vermute, dass er unter irgendeinem Vorwand an Wandas Tür geklopft hat. Sie haben sich versteckt, und er kam mit einer Waffe in der Hand rein. Er hat sie nicht gleich gesehen, und Sie sind mit dem Küchenmesser auf ihn los, das Sie zur Selbstverteidigung in der Hand hielten.«
    Als sie mich wieder ansah, liefen ihr Tränen über die Wangen.
    »Und dabei habe ich meine beste Freundin ermordet.«
    »Sie müssen mich anhören, Miss Lear«, sagte ich mit meinem sanftesten, tiefsten Bass. »Der Mann ist mit der Absicht dorthin gekommen, Sie zu ermorden. Wanda hätte er auf jeden Fall auch getötet. Sie haben versucht, Ihrer beider Leben zu retten. Sie haben getan, was Sie konnten. Der Mörder, der Mann, der Ihre Freundin umgebracht hat, ist tot.«
    »Aber warum?«, stöhnte sie.
    Ich dachte unwillkürlich, dass dieser Seufzer der Grundstein allen philosophischen Fragens war.
    Ich gab keine Antwort, und sie erwartete auch keine.
    »Was haben Sie mit der Waffe gemacht?«, fragte ich nach einer angemessenen Pause.
    Sie drehte sich wieder zum Fenster und zupfte an ihren Haaren.
    »Kommen Sie«, sagte ich. »Wenn ich mir das Ganze zusammenreimen kann, schaffen die Bullen es auch.«
    »Ich habe sie bei John gelassen. Er hat gesagt, er würde sie entsorgen, wenn er das nächste Mal nach Long Island fährt.«
    »Warum haben Sie sie nicht in einen Fluss geworfen?«
    »Ich hatte Angst, dass mich jemand sieht.«
    Ich dachte, dass wir bei Prince vorbeifahren und die Waffe holen sollten. Das war ein loses Ende, das verknotet werden musste. Aber ich war unglaublich müde. So müde, dass jeder Umweg schlichtweg unvorstellbar war.
     
    Wir nahmen die Treppe bis in den siebten Stock des unscheinbaren Gebäudes in Downtown Manhattan. Ich führte sie den schäbigen grünen Flur hinunter bis zu einer Tür ohne Namensschild.
    »Wo sind wir?«, fragte sie.
    »Der Mann in diesem Büro ist eine sehr mächtige Person«, antwortete ich, »und er mag seine Privatsphä-re … vielleicht ein wenig zu sehr.«
    Ich klopfte und wartete.
    Mit einem Klicken öffnete sich die Tür zu einem kargen Empfangszimmer. Hinter einem braunen Metallschreibtisch saß in perfekter Haltung ein schlanker Schwarzer mittleren Alters mit einer silbernen Brille und einer schmalen aquamarinblauen Krawatte. Das Revers seines Anzugs war so schmal, dass es kaum als solches zu erkennen war. Seine sinnlichen Lippen hatten sich für mich nie zu einem Lächeln verzogen und würden es auch nie tun.
    Das war Christian Latour, die erste Defensiv- und Offensivreihe des wichtigen Mannes.
    »Sie haben keinen Termin, Mr. McGill.«
    »Ich wette mit Ihnen um diese Krawatte, dass er uns empfängt.«
    »Wie ich sehe, haben Sie Miss Lear mitgebracht«, sagte Christian, ohne Angie auch nur anzusehen.
    »Drücken Sie auf den Knopf, Chris.«
    Es war keine gute Idee, Latour zu reizen, aber ich war müde und er ein Pedant. Ich mochte den Kerl, aber manchmal war mir seine Arroganz einfach zu viel.
    Auf Latours Schreibtisch stand eine kleine schwarze Kiste. Ein Loch auf ihrer Oberseite leuchtete plötzlich strahlend blau.
    »Er wird Sie jetzt empfangen«, sagte der verärgerte Sekretär.
    Eine Tür hinter ihm öffnete sich automatisch, und ich führte meine Klientin hindurch.
     
    Die Wände waren königsblau, der Teppich war burgunderrot. Eine wechselnde Galerie von Meisterwerken der Renaissance, ausgeliehen vom Metropolitan Museum of Art, zierte die Wände auf unserem Weg zum Schreibtisch des Big Boss.
    Rinaldo stand vor seinem Schreibtisch, als wir ihn erreichten (etwas, das er für mich nie getan hatte).
    »Mr. Brown?«, fragte Angie zögernd. »Sind Sie das?«
    »Hallo, Tara.« Ein ungewohntes Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Was, was machen Sie hier?«
    »Dies ist mein Büro.«
    »Sind diese Gemälde echt?«
    »Warum setzen wir uns nicht?«, schlug er vor.
     
    Angie saß auf einem
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