Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit
Autoren: Walter Mosley
Vom Netzwerk:
lässt?«

56
    »Leonid?«, fragte die Frau, mit der ich seit dreiundzwanzig Jahren verheiratet bin.
    Sie stand in der Tür meines Zimmers, das bald Gordos Sanatorium werden sollte.
    »Ja, Babe?«
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
    »Nichts.«
    Sie trat in einem schicken violetten Nachthemd über meine Schwelle. Ich wies neben mich, und sie setzte sich.
    »Hat es etwas mit Dimitri zu tun?«
    »Nein. Es geht ihm gut. Ich habe eine E -Mail von Twill bekommen. Sie bleiben noch für ein oder zwei Tage in Philly. Mach dir keine Sorgen. Er kommt nach Hause, wie ich es dir gesagt habe.«
    Meine Stimme war belegt. Die Nacht war gekommen, und mein Plan war gefasst – zum Guten oder zum Schlechten.
    Um halb fünf hatte wie besprochen Angelique angerufen. Mardi hatte den Anruf an mich weitergeleitet, und ich hatte meiner Klientin berichtet, dass ich Shell gefunden hatte und für den nächsten Tag mit ihm verabredet war. Das schien sie für den Moment zufrieden zu stellen.
    »Was ist los?«, fragte Katrina.
    »Ich wünschte, es gäbe irgendjemanden, den ich engagieren könnte. Ich würde ihm eine Liste mit all meinen Problemen geben – Gordo und Twill, ein vergeudetes Leben und … alles andere.«
    »Du kannst mit mir reden.« Sie legte sogar ihre Hand auf meine.
    Ich sah sie an und fragte mich, ob ich ihren jungen Liebhaber erwähnen sollte oder ob sie in meinen Augen lesen konnte, dass ich es wusste.
    »Danke, dass ich Gordo hierher bringen darf«, sagte ich.
    »Die Kinder lieben ihn.«
    Ich schlug die Augen nieder.
    »Komm ins Bett, Leonid.«
    »Geh du schon, Katrina. Ich muss nachdenken. Ich habe morgen einen wichtigen Tag, und alles muss auf den Punkt klappen.«
    Ein Moment verstrich, dann ein weiterer. Katrina stand auf und ging. Vor dem Fenster meiner Höhle pfiff der Wind. Die Nächte wurden länger.
     
    Wo ist dieser andere Anzug , hatte Lucy gefragt, während sie den Reißverschluss meiner Hose herunterzog.
    Ich hasse ihn , hatte ich gesagt und dann den Atem angehalten.
    Ich fand ihn irgendwie cool .
    Also zog ich den ockerfarbenen Anzug an und verließ das Haus. Um sechs Uhr in der Früh holte ich meinen Wagen aus der Garage und fuhr Richtung Long Island City.
    Sie wohnte im unteren Stockwerk eines Best Western Hotels, Zimmer sechzehn. Einer der vielen Vorzüge von Bugs Know-how bestand darin, dass ich mich in praktisch jede Datenbank einhacken konnte – einschließlich der Belegungspläne fast aller Kettenhotels.
    Ich klopfte und wartete, klopfte erneut. Ich fing gerade an, nervös zu werden, als sie die Tür öffnete. Ihr Kleid war eine fließende Mischung aus Preisel- und Blaubeertönen. Ihre Füße waren nackt.
    »Mr. McGill?«
    »Hi.«
    »Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
    »Das ist eine spezielle Verhörtechnik. Ich schlage mich so lange selbst, bis der Gefangene es nicht mehr erträgt und mir erzählt, was ich wissen will.«
    Ich stieß die Tür nur so weit auf, dass ich das Zimmer betreten konnte.
    »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«, fragte sie.
    Ich ließ mich schwer auf das Bett sinken. Mein Gesicht und mein linker Arm taten weh, und ich hatte seit gut vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen.
    »Das ist der Grund, warum Sie gut daran getan haben, mich zu engagieren«, sagte ich. »Ich musste nur die Kreditkartenumsätze verfolgen, um das Hotel zu finden.«
    »Aber wie haben Sie mein Zimmer gefunden?«
    »Berufsgeheimnis.«
    »Haben Sie Neuigkeiten?«
    »Ja.«
    »Welche?«
    »Ich habe einen Mann gefunden, der alle Antworten kennt. Wir müssen nur zu ihm gehen, und alles wird sich aufklären.«
    »Ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen gehen sollte«, sagtesie. »Ich habe gestern Abend John angerufen, und er hat gesagt, man könne nicht einfach jemandem vertrauen, den man in einem Café kennen gelernt hat.«
    »Sie hätten Ihren Freund nicht anrufen sollen. Der Anruf hätte zurückverfolgt werden können. Und ich bin nicht bloß irgendjemand – ich bin Privatdetektiv und gut genug, um zu wissen, dass Sie in Wahrheit Angelique Tara Lear heißen und in der Wohnung Ihrer Freundin Wanda Soa wider alle Wahrscheinlichkeit einen bewaffneten Killer erstochen haben.«
    Angie wich vor mir zurück bis zur Tür.
    »Hören Sie, Kindchen«, sagte ich. »Wenn ich Sie hätte entführen oder Ihnen wehtun wollen, säße ich nicht hier. Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich herausfinde, was passiert ist, und das habe ich. Aber damit ich Ihnen alles erklären und Ihre Probleme lösen kann, muss ich Sie in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher