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Falltür - bitte klopfen

Falltür - bitte klopfen

Titel: Falltür - bitte klopfen
Autoren: Carter Brown
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besser in die dreißiger Jahre
gepaßt, und dazu fehlten eigentlich nur noch ein Toupet für das weit
zurückgewichene schwarze Haar sowie zweifarbige Schuhe aus echtem
Krokodilleder. Seine braunen Augen blickten etwas schmutzig-verschwommen drein,
und sie wurden noch schmutziger, als er Martha musterte. So etwa guckt wohl ein
Krokodil, nachdem es lange im Flußschlamm gelegen und darauf gelauert hat, daß
die Beute freßreif wird.
    »Das Gepäck holt Emile später«,
sagte Martha, als sie mit allen bekannt gemacht war. »Ich glaube, wir sollten
nun ins Haus gehen, denn Eugene wartet dort auf uns.«
    »Selbstverständlich, Mrs.
Westcott.« Clurman nickte beflissen. »Wie Sie befehlen.«
    Sie schenkte ihm ein schwaches
Lächeln, dann wandte sie sich an mich. »Sie dürfen mich begleiten, Mr. Baker.
Alec wird die anderen führen.«
    Das war ein Befehl. Ich
wartete, bis Clurman und der Rest etwa zwanzig Meter Vorsprung hatten, dann
glich ich meinen Tritt ihrem Schlendern an, und wir folgten dem steilen
gewundenen Pfad, der zum Haus oben führte.
    »Eugene, mein Mann, hat weder
Mühe noch Kosten gescheut, um dieses Haus bauen zu lassen«, erklärte sie. »Er
mußte alles herübertransportieren lassen — Arbeiter, Material, Möbel —, alles
auf dem Seeweg. Es ist die naturgetreue Kopie eines alten französischen
Schlosses.« In ihrer Stimme schwang deutlich jene Langeweile mit, wie sie sich
bei Fremdenführern nach der tausendsten Wiederholung des Textes einschleicht.
»Er wollte sich einen Platz schaffen, wo er absolut ungestört ist, wo er denken
und planen kann.«
    »Ich glaube, das hat er
tatsächlich fertiggekriegt«, meinte ich.
    »Unsere Verbindung zur
Außenwelt ist lediglich durch das Flugboot und einen Kurzwellensender im Haus
möglich«, fuhr sie fort. »Wir haben ständig drei Leute hier: Emile, sozusagen
als Hausmeister, dann einen europäischen Koch und meine Zofe. Wenn wir einmal
mehr als sechs Gäste beherbergen, engagieren wir zusätzlich Personal vom
Festland.«
    »Das hört sich ja wie
wildromantisches Inselleben an«, meinte ich. »Zurück zur Natur und so...«
    Ihre Augen glitzerten kalt.
»Wollen Sie sich über mich lustig machen, Mr. Baker?«
    »Aber wie könnte ich«,
widersprach ich.
    »Dann amüsieren Sie sich
vielleicht über meinen Mann?«
    »Ich bin von Alec Clurman
ausführlich über Ihren Gatten informiert worden«, sagte ich. »Und ich darf
Ihnen versichern, daß >amüsieren< gewiß das letzte Wort ist, an das ich
im Zusammenhang mit ihm jemals denken würde.«
    »So?« Ihr Mund verzog sich ein
bißchen. »Welchen Eindruck hatten Sie denn nach Alecs Schilderung — von meinem
Mann, meine ich?«
    »Eugene Westcott ist ein
Mensch, der an eherne Moralgesetze glaubt, die von makellosen Vorbildern
vorgelebt und durchgesetzt werden müssen — und von allen Vorbildern ist er das
leuchtendste.« Ich holte tief Luft. »Der erste Schritt zur Rettung der Welt vor
Unmoral besteht darin, der Masse die vorbildliche Führung durch die
Massenmedien nahezubringen — also zum Beispiel durchs Fernsehen.«
    »Sie scheinen ein
ausgezeichneter Zuhörer zu sein, Mr. Baker.« In ihrer Stimme schwang leise
Ironie. »Haben Sie noch mehr behalten?«
    »Noch viel mehr.« Ich stöhnte.
»Am meisten freilich faszinieren mich die Dinge, von denen Mr. Westcott
überhaupt nichts hält.«
    »Das wäre?« forschte sie.
    »Haben Sie Kinder, Mrs.
Westcott?
    »Nein — wieso?«
    »Ich hätt’s mir denken können.«
sagte ich. Dann sah ich das kalte Glitzern ihrer Augen eisig werden, weshalb
ich eilends fortfuhr: »Eugene Westcott hält nichts von Sex, Sünde, Alkohol,
Tabak, Broadwaystücken, Hollywoodfilmen, ausländischen Filmen, von jeglichen
Fernsehprogrammen mit Ausnahme derer, die er finanziert, von der Demokratischen
Partei...«
    »Ich glaube, das genügt, Mr.
Baker«, sagte sie zwischen zusammengepreßten Zähnen.
    Aber da war es schon zu spät:
Ich war aufgedreht wie die Hauptfeder von Londons Big Ben.
    »... der Republikanischen
Partei«, fuhr ich mit hoher Stimme fort. »Oder von jeglicher Partei, die den
Menschen eine Chance einräumt, glücklich zu leben — denn dies wiederum könnte
ihre moralischen Hemmungen lockern und sie ausschweifend machen, und außerdem
müssen Sie wissen...«
    »Das genügt jetzt wirklich!«
knirschte sie.
    »Sie haben die Flasche
geschüttelt und entkorkt«, erklärte ich ihr. »Und all diese Dinge haben so
lange in mir gekocht, daß sie jetzt einfach übersprudeln.« Ich holte
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