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Falltür - bitte klopfen

Falltür - bitte klopfen

Titel: Falltür - bitte klopfen
Autoren: Carter Brown
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etwa, daß Boris seinen Kopf falschen
Moment in die falsche Richtung drehte.
    Eine hochgewachsene Blondine
erwartete uns am Ende der Mole. Als wir näher kamen, beschleunigte ich meine
Schritte, so daß ich zehn Meter vor den anderen bei ihr anlangte.
    Ihr Haar war dicht und so
kräftig, wie es nur echtes Blondhaar sein kann — das übrigens ein untrügliches
Zeichen von Vitalität ist. Sie trug es bezaubernd schlicht und natürlich. Ihre
Züge verrieten Arroganz, was die hohen Backenknochen und die gerade patrizische
Nase noch unterstrichen. Die vollen Lippen waren einwandfrei sinnlich, aber
Entschlossenheit hielt beides unter der Kontrolle eines zweifellos starken
Willens. Ihr Kinn erinnerte leicht an eine Raubkatze, und ich gewann den
unangenehmen Eindruck, daß sie zu jener Art Männervertilgerinnen zählte, denen
es Spaß macht, jedes Stückchen bis zum letzten langsam und genüßlich zu
verspeisen.
    Die vollendete Rundung ihres
gewichtigen Busens ließ sie etwas kopflastig wirken, aber das stand ihr gar
nicht schlecht. Sie trug eine weiße Seidenbluse mit langen Ärmeln, dazu sehr
kurze und sehr enge Shorts. Sie betonten die sehenswerte Taille ebenso wie die
Länge der braungebrannten schlanken Beine, von den wohlgeformten Schenkeln über
die Grübchenknie bis zu den zierlichen Fesseln. Wenn ich jemals so eine
Blondine besitzen sollte, dann würde ich sie wahrscheinlich auch auf einer
einsamen Insel halten, sagte ich mir — vielleicht mit einer goldenen Kette ans
Bett gefesselt.
    Sie stemmte die Hände in die
Hüften und betrachtete mich, als sei ich die Sondersendung dieser Woche aus den
»Gemütlichen Läden für die Hausfrau«. Das dauerte volle fünf Sekunden, und dann
erst sagte sie etwas.
    »Tag«, erklang es aus tiefer
Kehle. »Ich bin Martha.«
    »Und ich Larry Baker«, erklärte
ich ihr. »Hübsch haben Sie’s hier draußen.« Ich sah sie mit unverhohlener
Bewunderung an. »Ich hätte nie gedacht, daß man mit Aluminium so nette Sachen
machen kann.«
    Sie lachte leise. »Das ist sehr
witzig. Das muß ich unbedingt meinem Mann erzählen.«
    »Mann?« gluckste ich.
    »Eugene«, erklärte sie. »Ich
bin Martha Westcott.«
    »So?« Ich lächelte matt. »Jetzt
begreife ich, wieso die >Läden für die Hausfrau< so gemütlich sind.«
    Dann langte der Rest der Gruppe
bei uns an, und Clurman begann mit der allgemeinen Vorstellung. Ich sah ihm
mißgelaunt zu, während er sich wie ein Werbeagent gebärdete, der fürchtet, die
Agentur könne den Auftrag einbüßen. Clurman war einer von diesen gutaussehenden
blonden jungen Göttern, die unsereinen dazu bringen können, freiwillig aus dem
Wettbewerb auszuscheiden und im nächsten Kloster wegen eines freien Platzes
nachzufragen. Damit nicht genug, war er gebaut wie ein Athlet und mit der
Eleganz eines verarmten italienischen Grafen gekleidet, der in einer
vierfarbigen Anzeige Reklame für Whisky machen muß.
    Wider Willen interessiert,
beobachtete ich Martha Westcotts Reaktionen, derweil ihr nacheinander die
einzelnen Mitglieder unserer Truppe vorgestellt wurden. Sie widmete Wanda einen
langen gründlichen Blick, der aufmerksam erwidert wurde. Beide waren danach
offensichtlich überzeugt, der anderen in jeder nennenswerten Hinsicht überlegen
zu sein.
    Boris behandelte sie wie einen
Bedienten, mit kurzem Kopfnicken, dann beschäftigte sie sich ein Weilchen mit
Carole Freeman. Die weibliche Hälfte des Ex-Hunde-Teams wirkte auf den ersten
Blick enttäuschend. Sie sah wie eine hübsche kleine Brünette aus, deren
Verschwinden niemand nirgendwo bemerken würde. Auf den zweiten Blick jedoch —
und dabei war Martha jetzt — revidierte man seinen ersten Eindruck. Hinter den
ruhigen dunklen Augen verbarg sich ein unbeugsamer Wille, und das lockere
blumenbedruckte Baumwollkleid versteckte eine vollendete, herausfordernde
Figur, die jedes der Pubertät entwachsene männliche Wesen elektrisieren konnte,
wenn sie nur ins rechte Licht gesetzt wurde. Die wahre Carole Freeman zu
entdecken, das war meiner Schätzung nach etwa so, wie wenn man ein Buch über
Innenarchitektur kauft und nachher feststellt, daß jemand eine Ausgabe von
Fanny Hill in den Schutzumschlag fabriziert hat.
    Die Erfahrung mit Carole
Freeman hatte Martha möglicherweise wachsamer gemacht, als sie sich nun Anthony
Lucas zuwandte. Die männliche Hälfte des Ex-Hunde-Teams war ein großer
mürrischer Kerl mit den vielzitierten grauen Schläfen und dem daraus
resultierenden Charme. Sein Typ hätte viel
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