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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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selber freimütig eingeräumt hatte. Allein in dieser Rolle hätte er ihnen jedoch noch von Nutzen sein können.
    Das Rattern der Räder über das Kopfsteinpflaster und der helle Hufschlag der Grauschimmel klangen in Tobias’ Ohren viel zu laut durch die ausgestorbenen Straßen. Gaspard und er hatten schussbereite Musketen quer über ihrem Schoß liegen, während Sadik das Gespann lenkte. Doch auch er hatte die doppelläufige Jagdflinte, die Jean Roland ihm noch beschafft hatte, griffbereit zwischen den Beinen stehen.
    »Haltet die Augen auf!«, hatte er sie vor ihrer Abfahrt ermahnt. »An der Brücke mag ein Hinterhalt unmöglich sein, doch nicht auf dem Weg dorthin! Wer weiß, was Zeppenfeld wirklich vorhat!«
    »Er will die Karte, Sadik. Die wird er nicht aufs Spiel setzen.«
    »Am liebsten hätte er uns und die Karte, Tobias! Es ist deshalb zu unserer eigenen Sicherheit, wenn wir erhöhte Vorsicht walten lassen und auf alles gefasst sind.«
    Es erwies sich als richtig, dass sie schon mitten in der Nacht aufgebrochen waren. Mehrmals versperrten ihnen Barrikaden den Weg, so dass sie umkehren und ihr Glück an anderer Stelle versuchen mussten, was viel Zeit kostete. In Kämpfe gerieten sie jedoch nicht. Auch der befürchtete Hinterhalt blieb aus.
    Sie drangen in die südlichen Außenbezirke von Paris vor. Das Gewirr enger Straßen und Gassen mit vielgeschossigen Häusern dicht an dicht ging in eine Gegend von fast schon ländlichem Charakter über. Hier waren die Straßen ungepflastert und zwischen den Häusern und Werkstätten klafften immer wieder breite Lücken unbebauten Landes.
    »Jetzt sind es keine zehn Minuten mehr bis zur abgebrannten Mühle«, informierte sie Gaspard, als sie am langgestreckten Werkstattschuppen eines Fassbinders vorbeifuhren.
    Sadik lenkte die Kutsche in die Lücke zwischen der Werkstatt und dem nächsten Gebäude und zügelte die Grauschimmel. »Dann warten wir hier, bis die Sonne aufgeht«, sagte er und blickte gen Osten, wo sich die Schwärze der Nacht schon zu einem fahlen Grau aufzuhellen begann. »Sprechen wir unseren Plan noch einmal in allen Einzelheiten durch.«
    Nachdem sie ihn zum wiederholten Mal durchgegangen waren, holte Sadik die arg ramponierte Weidenkiste aus der Kutsche, legte einen halb gefüllten Hafersack und ein altes Halfter hinein und stellte die Kiste auf die linke Seite des Kutschbockes.
    Damit waren alle Vorbereitungen abgeschlossen und ihnen blieb nur noch das nervenzehrende Warten auf den Sonnenaufgang, der in ihrem Plan eine wichtige Rolle spielte. Sie redeten nicht. Jeder hing seinen Gedanken nach. Tobias dachte unablässig an Jana und wie es ihr wohl ergehen mochte. Deutlicher als je zuvor wurde ihm bewusst, wie sehr er ihr zugeneigt war und dass er es sich nicht mehr vorstellen konnte, von ihr getrennt zu sein.
    Ein rotes Glühen kündigte den Aufstieg der Sonne an. Ein erster feurig goldener Lichtschimmer überzog den Horizont im Osten mit dem hellen Schein des neuen Tages.
    »Fahren wir!«, gab Sadik endlich das Kommando, auf das Tobias schon voll angespannter Ungeduld gewartet hatte. »Möge Allah seine schützende Hand über uns und Jana halten!«
    Tobias nahm seine Muskete und stieg in die Kutsche, wie es vereinbart war, während Sadik neben Gaspard auf dem Bock Platz nahm.
    Gaspard lenkte jetzt die Kutsche. Sie fuhren die Straße hinunter, bogen noch einmal links ab und sahen dann den Fluss vor sich liegen. Die Bievre war ein schmales, schmutziges Gewässer, in das die
    Färbereien, Seifenkocher und Gerbereien ihre stinkigen Abwässer leiteten.
    Es war, wie Zeppenfeld und Gaspard gesagt hatten. Freies Land erstreckte sich rund um die geschwärzten Grundmauern der Mühle, von denen nicht genug übrig geblieben waren, um einem Heckenschützen ein sicheres Versteck zu bieten.
    Auf der Ostseite der Bievre, gut vier Kutschenlängen von der Holzbrücke entfernt, wartete Zeppenfeld bereits auf sie. Makellos gekleidet, wie es seine Art war, ging er neben seiner Kutsche auf und ab. In der Rechten hielt er eine Pistole. Stenz saß auf dem Bock. Tillmann sicherte die Kutsche nach hinten. Auch er hatte sich mit einer Pistole bewaffnet. Von Valdek und Jana war nichts zu sehen. Vermutlich saßen sie im Wagen. Der Vorhang vor dem Fenster im Türschlag war bis auf einen handbreiten Spalt zugezogen.
    Gaspard brachte ihre Kutsche genau auf der Höhe der Brücke zum Stehen. Sadik sprang mit der Flinte in der Hand vom Bock. Tobias stieß den Schlag auf und trat heraus,
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