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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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Schüsse in der Nacht
     
    In einem weiten Kreis rund um Falkenhof loderten hell die Feuer der Wachtposten. An acht Stellen hatten sie Scheiterhaufen entzündet. Seit Stunden leckten die Flammen auf den nachtfeuchten Wiesen, die den ersten Sommerschnitt noch vor sich hatten, meterhoch in den Himmel. Das Knacken und Bersten von Ästen und Reisig war weithin zu hören. Unruhiger Flammenschein tanzte über die Mauern des trutzigen Gevierts, in dem sich der Universalgelehrte und Geheimbündler Heinrich Heller verschanzt hatte. Immer wieder stoben Funken in die Nacht, wenn die Gendarmen Brennholz in die Flammen warfen. Die Feuer durften nicht verlöschen, damit keinem im Schutz der Dunkelheit die Flucht aus dem Landgut in die nahen Wälder gelingen konnte.
    Den Fuchspelzkragen seines Umhangs hochgestellt, stand Armin von Zeppenfeld im tiefen Schatten der alten Ulmen, die eine prächtige Allee bildeten. Sie führte vom Wald die Anhöhe zum Falkenhof herauf und endete vor dem Westtor. Die beiden Flügel unter dem steinernen Rundbogen waren aus schweren Eichenbalken gezimmert und zudem noch mit breiten Eisenbändern beschlagen. Kein Tor also, das sich so leicht einrennen ließ – schon gar nicht gegen den bewaffneten Widerstand der Eingeschlossenen.
    Das wehrhafte Landgut im Sturmangriff zu nehmen erwies sich glücklicherweise als nicht erforderlich. Heinrich Heller gab endlich auf! Er hatte eingesehen, dass er auf Falkenhof in der Falle saß und seine Sache als verloren ansehen musste – wie mächtig Tore und Mauern auch sein mochten.
    Der Professor bot einen Handel an.
    »Sie wollen den Spazierstock! Und wenn Sie den haben wollen, werden Sie mit mir verhandeln müssen, Zeppenfeld!«, rief ihm der grauhaarige Gelehrte durch eine kleine Luke im Westtor zu. Und drohend fügte er hinzu: »Werde den verdammten Stock nämlich zu Kleinholz zerhacken und mir an dem Feuer die kalten Füße wärmen, wenn Sie nicht bereit sind mit mir einen Handel zu schließen!«
    »Bin zu Handel bereit, Professor!«, erwiderte Zeppenfeld hastig in der ihm eigenen zackigen Redeweise. Die Vorstellung, der Spazierstock mit dem silbernen Falkenkopf könnte tatsächlich im Feuer landen, trieb ihm kalten Schweiß auf die Stirn. Er musste den Stock unversehrt in seinen Besitz bringen, wenn er das verschollene Tal in
    Ägypten finden wollte! »Unter Umständen! Welche Bedingungen?«
    »Verdammt noch mal, erwarten Sie, dass ich mir hier die Kehle aus dem Leib schreie? Einer Ihrer gedungenen Halsabschneider hat mir eine Kugel in die Schulter verpasst, falls Ihnen das entfallen ist! Ich hab’ mich in meinem Leben schon mal besser gefühlt. Wenn Sie mit mir verhandeln wollen, müssen Sie sich schon zu mir begeben – oder haben Sie Angst, ich könnte Sie über den Haufen schießen?«
    Armin von Zeppenfeld lachte. Er war ein hochgewachsener Mann von vierzig Jahren und sich seiner Attraktivität genauso bewusst wie sich seiner Macht jetzt. Das dichte schwarze Haar trug er sorgfältig gekämmt, was auch auf den penibel getrimmten Backen- und Schnurrbart zutraf. Die markanten Gesichtszüge mit der scharf geschnittenen Nase und Augenpartie vergaß man nicht so leicht. Und obwohl er in das dunkle, elegante Tuch eines vermögenden Städters gekleidet ging, war seiner Haltung und seinem Auftreten noch immer anzumerken, dass er einmal den Uniformrock eines Offiziers getragen hatte.
    »Sind ein Staatsfeind, aber kein Mörder. Jakobiner mit der Feder, nicht mit der Guillotine! Werden also verhandeln!«, rief Zeppenfeld zurück.
    »Gut, ich öffne das Tor.«
    Zeppenfeld glaubte zu wissen, wie dieser Handel aussehen sollte. Heinrich Heller würde für sich, seinen Neffen Tobias und den Araber Sadik Talib freien Abzug verlangen. Im Prinzip hatte er nichts dagegen einzuwenden, wenn er nur endlich den Falkenstock erhielt. Er interessierte sich nicht für die verbotenen politischen Aktivitäten des Professors, dem jetzt eine langjährige Kerkerstrafe drohte. Dass sich demokratisch gesinnte Freigeister wie Heinrich Heller gegen die Fürsten stellten und für das Volk mehr Menschenrechte wie die Pressefreiheit und sogar eine republikanische Verfassung forderten, ließ ihn kalt. Er hatte stets nur seine eigene Freiheit und seinen Vorteil im Auge. Der Teufel mochte seinetwegen Fürsten und Geheimbündler gleichermaßen holen, solange er nur sein Leben so gestalten konnte, wie es ihm beliebte.
    Doch er hatte mit dem Polizeispitzel Xaver Pizalla, der jeden Augenblick mit einer
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