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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri
Autoren: Martin Clauß
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über Madoka reden“, sagte Margarete Maus, ohne Zeit mit Smalltalk zu verlieren. Wie immer trug sie ein feminines Kleid – dieses hier war lindgrün mit einem feinen weißen Blumenmuster darin. Sie roch nach einem gewöhnungsbedürftigen Parfum, das an Tannenduft erinnerte. In diesem Moment legte sie eine dunkle Mappe auf ihren Knien ab. „Ich habe Nachforschungen anstellen lassen.“
    „Nachforschungen?“ Werner setzte sich aufrecht und blinzelte in die niedrig stehende Sonne. „Über Madoka? Warum?“
    „Weil du es nicht getan hast.“
    „Margarete, ich …“ Der Mann, der Rektor, Hausmeister und Gärtner in einer Person war, lachte und suchte nach einer Erwiderung. „Es gibt für mich keinen Grund, in der Vergangenheit meiner Schüler herumzuwühlen. Das habe ich nie getan, und das werde ich nie tun. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz von Falkengrund. Alle Informationen, die sie mir freiwillig geben, sind willkommen, aber …“
    „Was in Madokas Fall gegen Null geht.“
    Werner hob die Schultern. „Ich habe nur ihren Namen, ihr Geburtsdatum, die Nummer ihres Passes … Und? Es reicht aus, um ihr die Papiere für das Studentenvisum auszustellen.“
    „Mir reicht es nicht.“
    Werner hob die Augenbrauen. „Verrätst du mir, woher dein plötzliches Interesse rührt?“
    „Werner, das Mädchen hat Melanie angegriffen und bedroht! Madoka selbst liegt schwer verletzt im Krankenhaus, und auch wenn die Ärzte mittlerweile zuversichtlich sind, was ihre Überlebenschancen angeht, ist es noch nicht sicher, ob sie jemals wieder ganz gesund wird. Es kommen noch eine Menge Probleme auf uns zu. Mich interessiert, wo sie herkommt, wer ihre Angehörigen sind. Es ist unsere Pflicht, ihre Eltern zu informieren, falls sie noch welche hat. Sie ist noch ein Mädchen!“
    „Sie ist dreiundzwanzig. Wenn dich jemand mit dreiundzwanzig als Mädchen bezeichnet hätte, wärst du ihm an die Gurgel gesprungen.“
    „Wir hätten damals nach ihrem Sturz aus dem Fenster schon nach Angehörigen suchen müssen. Außerdem benimmt sie sich seltsam, seit sie hier ist. Ich musste wissen, ob es vielleicht Hinweise auf eine … seelische Störung gibt, oder sogar Vorstrafen.“
    In Werners Augen blitzte Interesse auf. „Was hast du herausgefunden?“, fragte er beinahe feierlich und klopfte mit dem Zeigefinger auf ihre Mappe.
    „Ich habe es nicht selbst versucht, sondern einen Detektiv beauftragt, den ich von früher kenne.“
    „Einen Ex-Lover von dir?“
    Margarete fletschte die Zähne. „Miete dir selbst einen Schnüffler, wenn du das wissen willst. Ein nicht ganz billiges Vergnügen, wie mir diese paar Akten hier gezeigt haben. Die Übersetzungen aus dem Japanischen gingen böse ins Geld. Aber es hat sich gelohnt.“ Sie klappte die Mappe auf und reichte dem Mann das oberste Blatt aus einem dünnen Stapel. „Ach ja, das hier ist übrigens Madoka Tanigawa, die einzige Person, die in Japan unter diesem Namen gemeldet ist.“
    Der Rektor betrachtete den Farbausdruck eines Passfotos. Es zeigte eine etwa 40-jährige Frau mit einem sich nach unten verbreiternden Gesicht und riesigen, hervorstehenden Schneidezähnen. Zu dem Mädchen, von dem sie sprachen, bestand keine Ähnlichkeit.
    „Da unsere Madoka aber einen japanischen Pass hat, müssen wir davon ausgehen, dass dieser Pass gefälscht ist.“ Sie sagte es so beiläufig, dass Werner einen Moment brauchte, um die Tragweite ihrer Worte zu begreifen.
    „Das ist starker Tobak, Marg. Könnte … könnte sich dein Detektiv nicht geirrt haben?“
    „Wäre möglich, aber in diesem Fall können wir es ausschließen. Ihm ist es nämlich gelungen, die Person zu finden, die sich uns als Madoka Tanigawa vorgestellt hat. Hier!“
    Das nächste Blatt wanderte in Werners Hände. Er war aufgeregt und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Kopfschüttelnd fragte er sich, ob er nicht etwa nach der Gartenarbeit auf der sonnenbeschienenen Bank eingenickt war und dies alles nur träumte.
    Das Papier war die Kopie eines Zeitungsartikels in japanischer Sprache. Gleichzeitig reichte Margarete ihm die deutsche Übersetzung. Während die Übersetzung nur Text enthielt, war im Originalartikel ein Schwarzweißfoto integriert. Sie zeigte ein asiatisches Mädchen, das ihrer Madoka stark ähnelte, lediglich ein paar Jahre jünger sein mochte. Je länger er das Bild ansah, desto sicherer war er, dass es sich tatsächlich um seine Schülerin handelte. Er legte das Blatt mit der deutschen Übersetzung darüber
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